Festival, Top-Story: 06.05.2020

Filmtipps für das 35. Dokfest München

Am 6. Mai 2020 beginnt das 35. Internationale Dokumentarfilmfestival München – ohne Publikumspräsenz, mit einer Online-Übertragung. Anschließend wird es bis zum 24. Mai 2020 möglich sein, 121 Filme aus 42 Ländern online anzusehen.





Dokfest 2020
Uta.

UTA [Portrait, Straßenkünstlerin]
Erst tot geglaubt, dann nach einer schwierigen Geburt ohne Haare und ohne jeglichen Reflex 1948 auf die Welt gekommen, hat Uta dann doch eine glückliche Kindheit im Dorf erlebt. Dieser Film portraitiert die Malerin, Dichterin und Sängerin Uta Pilling, die mit dem Kollegen Jens Paul Wollenberg zusammenlebt und jetzt fast erblindet ist.

Man lernt eine starke, selbstbewusste Frau kennen, aber manchmal gleitet das Forschen in der eigenen Biografie ins Banale ab, und spätestens wenn das Heimkino mit Filmen aus den 90er-Jahren aufgebaut wird, stellt sich die Frage, ob es nicht manchmal besser ist, wenn das Private im Privaten bleibt.
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Dokfest 2020
Vater mein Bruder.

VATER MEIN BRUDER [Demenz, Vaterfilm]
Einen Film über den eigenen Vater zu machen, gehört heute zu den Aufgaben, die ein Sohn erledigen muss. Zeit seines Lebens hat der Vater die Familie fotografiert und gefilmt, und jetzt nimmt der Sohn die Kamera in die Hand und dreht das Gerät um. Der Vater hat Alzheimer und das Vergessen hat schon begonnen. Gemeinsam machen sie noch eine letzte Reise zu Orten, die den Vater stark geprägt haben.

Immer wiederkehrende Silvesterfeiern lassen die Jahre vergehen, der Vater vergisst immer mehr und der Sohn wird in dessen Vorstellungswelt zum Bruder. Die Alzheimer-Jahre werden zu den bestdokumentierten Erinnerungen, weil der Pflegedienst mit wechselndem Personal in den Kalendern jeden Tag umfassend dokumentiert. In seiner Erzählweise trifft der Sohn immer wieder instinktiv den richtigen Ton, ohne ins Banale abzugleiten. Das macht diesen Film trotz aller Tragik auch unterhaltsam.
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Dokfest 2020
Paris – Kein Tag ohne dich.

PARIS – KEIN TAG OHNE DICH [Lebensrückblick, 68er, Überwachung]
Ulrike trifft in Paris ihre Jugendliebe Jean Marie wieder. Das wäre nicht so außergewöhnlich, würden nicht die Folgen eines gemeinsamen Erlebnisses von 1975 ihr bis in die heutige Zeit nachhängen. Als sie eines Abends in Paris noch auf eine Party gehen wollen, geraten sie an einen Terror-Tatort, an dem der Terrorist Carlos zuvor drei Polizisten erschossen hat.

Ulrike und ihre Jugendliebe werden in der Folgezeit zu Verdächtigen. In diesem Film versucht Ulrike die traumatischen Erlebnisse von damals aufzuarbeiten und beschreibt die Folgen der unbegründeten Verdächtigungen. Sie zeigt, wie sich einmal erfasste Daten unkontrolliert verselbstständigen können und erzählt ihre Geschichte mit Fotos, Tagebucheintragungen, Briefen, Gesprächen und mit einem Schattentheater in interessanter, nie langweiliger Form.
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Dokfest 2020
They Call me Babu.

THEY CALL ME BABU [Geschichte, Arbeitnehmer]
Zunächst glaubt man einen historischen Dokumentarfilm zu sehen. Aber nur die Filmaufnahmen sind Geschichte und die Story ist neu erfunden. Das fiktive Kindermädchen Alina aus dem Indonesien der 1940er-Jahre schreibt ihrer Mutter einen Brief von ihrer Arbeit als Kindermädchen bei einer holländischen Familie.

Sie berichtet von einer Schiffsreise nach Holland mit Station bei den Pyramiden; von Holland, den Deichen und den Städten und der Rückkehr nach Indonesien und dem Einmarsch der Japaner. Historisches Filmmaterial ist scheinbar in Hülle und Fülle vorhanden, so dass sich der Alltag der holländischen Familie und des Personals durchgehend erzählen lässt.
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Dokfest 2020
The Letter.

THE LETTER [fremde Welten]
Es beginnt mit einer Facebook Nachricht: ein Älterer würde die Kinder in der Familie umbringen, weshalb Karisa Kamango von Mombasa ins Elterndorf fährt, um nach dem Rechten zu sehen. In der weit verzweigten Familie wird seiner Großmutter Hexerei unterstellt, und jetzt versucht der Enkel mit allen Mitgliedern der weit verzweigten Familie zu reden und die Vorwürfe aufzuklären. Diese können letztlich tödlich sein.

Immer wieder werden Ältere unter dem Vorwand der Hexerei angegriffen und ermordet, letztlich oft aus wirtschaftlichem Interesse. Mit der Reise des Enkels lernt man den Alltag der 95 jährigen Großmutter kennen und ganz generell die die Familiensituation – bis hin zu einer Austreibungszeremonie.
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Dokfest 2020
Overseas.

OVERSEAS [fremde Welten, Arbeitnehmer]
Haushaltshilfen sind ein Exportschlager der Philippinen. In einer Schule werden die jungen Frauen auf ihre Tätigkeiten im Ausland vorbereitet und erlernen neben dem Servieren, der Baby- und Krankenpflege auch das richtige Verhalten im Krisenfall, sollten die Auftraggeber übergriffig und verletzend werden.

Durch den Erfahrungsaustausch unter den zwölf Schülerinnen, von denen schon viele in Übersee waren, erfährt man nebenbei viel über das Verhalten der Arbeitgeber. In Rollenspielen üben sie typische Situationen ein, und man ahnt, wie wenig zimperlich in dieser Branche mit den Arbeitnehmern umgegangen wird. Eine gelungene Methode, eine wichtige Thematik en passant in einen Film einzubetten.
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Seite 3: Uta, Vater mein Bruder, Paris, They Call me Babu, The Letter, Overseas
Seite 4: A Tunnel, Suspension, Days of Cannibalism, Il Piantet in Mare, This Train I Ride, Mating
Seite 5: Unskinned, Workhorse, Halb Traum, Lost In Face, Walchensee Forever, Letztes Jahr Titanic

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