Recording, Storage, Top-Story, Trend: 18.08.2006

XDCAM HD: Mehr Pixel pro Disc

Sony präsentiert mit XDCAM HD ein disc-basiertes HD-Format, das die Lücke zwischen HDV und HDCAM schließen soll. (Eine druckoptimierte PDF-Version dieses Artikels mit Zusatz-Infos steht am Seitenende zum Download bereit, Größe: 4 Din-A4-Seiten, 410 kB.)

Die Welt der Videoprofis ist nicht einfacher geworden: Neue bandlose und hochauflösende Formate buhlen um die Gunst der Kunden. Da fällt es mitunter schwer, noch den Überblick zu behalten – selbst innerhalb der Produktpalette ein und desselben Herstellers.

Nach Sony-Lesart sieht die digitale HD-Welt so aus: HDV markiert den Einstieg in die HD-Welt, gefolgt von den Formaten XDCAM HD, HDCAM und HDCAM SR. Die Vielzahl digitaler HD-Formate sei nötig, weil ein einziges Format nicht alle HD-Produktionsanforderungen abdecken könne, so Sony. Statt dessen benötige man für unterschiedliche HD-Jobs auch unterschiedliche Formate.

XDCAM HD soll also zwischen HDV und HDCAM stehen, wo Sony eine bislang noch offene Lücke sieht. XDCAM-HD-Geräte sollen Funktionen bieten, die es bei HDV nicht gibt – und die dort aus Sony-Sicht auch nicht hingehören: Wechselobjektive und Schultercamcorder etwa sieht man bei Sony als klares XDCAM-HD-Thema.

Eckdaten

XDCAM HD arbeitet mit der gleichen Disc wie XDCAM, man muss also keine speziellen HD-Discs kaufen, wenn man in HD arbeiten will. Die Scheibe wird mit einem Verfahren beschrieben, das demjenigen gleicht, das für die Blu-ray Disc festgelegt wurde.

Die Professional Disc ist ein optisches Speichermedium, sie hat mit 12 cm Durchmesser die gleichen Außenabmessungen wie eine Audio-CD oder DVD, wird aber in einer Cartridge verwendet. Die derzeit verfügbare PFD23 ist einseitig beschreibbar und hat eine Speicherkapazität von 23 GB.

Die derzeit verfügbaren XDCAM-HD-Geräte können auch im SD-Modus arbeiten. Dabei werden DVCAM-Files auf die Disc geschrieben. Im HD-Modus werden die Videosignale hingegen als MPEG-2-Long-GoP-Datenströme kodiert und mit 1080i aufgezeichnet. Dabei ist die Videodatenrate in drei Stufen einstellbar: 18, 25 und 35 Mbps stehen zur Auswahl. In Zukunft sind laut früheren Angaben von Sony auch noch höhere Datenrate von 50 Mbps denkbar — schließlich erreicht die SD-Variante von XDCAM das mit MPEG-2 im I-frame-Only-Modus schon heute.

MPEG-2-Long-GoP, das klingt nach HDV, und in der niedrigsten Datenrate von XDCAM HD kommen mit 18 Mbps sogar weniger Daten auf das Speichermedium, als es das Consumer-Format HDV in der 1080i-Variante mit seinen 25 Mbps zu bieten hat. Dennoch sollen die beiden XDCAM-HD-Camcorder auch bei niedriger Datenrate höhere Bildqualität bieten als HDV-Geräte – schon allein deshalb, weil der HD-Camcorder größere Bildsensoren habe und weil XDCAM HD nicht mit einer konstant fixierten Datenrate arbeite, wie das bei HDV der Fall sei, so Sony.

Erste Gerätestests von www.film-tv- video.de bestätigten diese Sony-Angaben.

In der höchsten Qualitätsstufe passen auf die XDCAM-HD-Scheibe mindestens 66 Minuten HD-Material. Wieso eigentlich mindestens? Weil XDCAM HD in der Qualitätsstufe HQ mit variabler Bildrate von maximal 35 Mbps arbeitet und im LP-Modus mit variabler Bitrate von maximal 18 Mbps: Wie viel Material tatsächlich auf die Scheibe passt, hängt also vom Bildinhalt ab, beziehungsweise davon, wie gut der Codec jeweils mit den Bildsignalen zurechtkommt, die man aufzeichnen will. Nur bei mittlerer Qualitätsstufe, im SP-Modus, wird mit konstanter Bildrate gespeichert, was zu exakt 87 Minuten Aufnahmezeit pro Disc führt, wenn mit vier Audiokanälen gearbeitet wird.

Das sind vernünftige Spielzeiten, mit denen man »richtig« arbeiten kann. Andere Speichermedien wie etwa Panasonics P2-Card bieten derzeit im HD-Modus noch deutlich kürzere Aufzeichnungszeiten.

XDCAM HD arbeitet innerhalb des Kompressionsverfahrens MPEG-2 mit der Variante MPEG-2 MP@HL. Dieses ähnelt dem HDV-Format, unterscheidet sich jedoch in einigen Aspekten davon und bietet im HQ-Modus mit 35 Mbps auch eine höhere Datenrate.

Zur besseren Bildqualität gegenüber HDV tragen — zumindest laut Hersteller — auch die variablen Bitraten bei. Tatsächlich sahen selbst 18-Mbps-Bilder, die www.film-tv- video.de mit ersten Testgeräten schon aufgenommen hat, besser aus als HDV-Aufnahmen, die unter ähnlichen Bedingungen entstanden. Dabei ist natürlich schwer zu sagen, ob das vom verwendeten Codec, den gegenüber HDV-Camcordern größeren Sensoren, dem gegenüber HDV-Camcordern besseren Objektiv oder von der variablen Bitrate herrührte.

Im HD-Modus können die bislang verfügbaren Camcorder wahlweise zwei oder vier Audiokanäle aufzeichnen.

Trotz vieler Ähnlichkeiten der XDCAM-HD-Geräte zum schon bekannten XDCAM-Equipment bestehen auch entscheidende Unterschiede: Zwar kann auch der erste Disc-Camcorder von Sony, das XDCAM-Gerät >PROD 33268>PDW-530P, schon zwischen verschiedenen Aufzeichnungsformaten umgeschaltet werden und bietet neben DVCAM auch MPEG-IMX — die XDCAM-Produktlinie kann aber ausschließlich SD-Signale verarbeiten.

Hier liegt auch ein zumindest momentaner Knackpunkt in der Kompatibilität: Die bislang verfügbaren XDCAM-HD-Geräte können keine IMX-Signale aufnehmen und auch keine mit IMX bespielten Discs wiedergeben. Das könnte sich mit weiteren Gerätegenerationen ändern, die aktuelle XDCAM-HD-Familie ist jedoch nicht mit IMX-Codecs ausgestattet. DVCAM-Discs sind hingegen voll kompatibel, gleichgültig mit welchem Gerät sie aufgenommen wurden.

Generell gilt, wie schon weiter oben beschrieben: Es gibt nur eine Sorte unbespielter Discs, man muss also keine besonderen HD-Discs kaufen, wenn man in XDCAM HD arbeiten will. Erst durch das Formatieren wird aus der Disc entweder eine SD- oder eine HD-Scheibe. Das bedeutet in der Praxis, dass man nicht auf der selben Disc gemischt HD- und SD-Clips aufnehmen kann. Es ist aber möglich, auf der selben HD-Disc Clips in den verschiedenen HD-Qualitätsstufen (HQ, SP und LP) aufzuzeichnen.

Jede gedrehte Einstellung wird bei XDCAM HD als separater Clip mit Metadaten gespeichert. Gleichzeitig mit der Aufzeichnung in der jeweils eingestellten Bildqualität, wird auf die Scheibe auch jeweils ein Proxy geschrieben: eine Low-Res-Kopie jedes einzelnen Clips (als MPEG-4-File mit 1,5 Mbps Videodatenrate und 64 kbps Audio pro Kanal). Drückt man den Thumbnail-Knopf eines XDCAM-HD-Geräts, wird jeder Clip mit einem Indexbild auf dem LCD-Schirm angezeigt.

Die Proxy-Daten lassen sich via i.Link auf einen PC überspielen und dort für die Szenenauswahl oder einen schnellen Layout-Schnitt verwenden — je nach dafür eingesetztem Nachbearbeitungssystem kann man mit den Proxy-Daten schon arbeiten, während im Hintergrund parallel die Bilder und Töne in voller Qualität geladen werden.

Sony liefert zu den XDCAM-HD-Geräten eine Browsing-Software mit, die es ermöglicht, auf Basis der Low-Res-Proxies eine EDL zu erstellen und diese auf der Disc zu speichern. Auch in den Camcordern oder Recordern selbst können Play-Listen erstellt und gespeichert werden. Solche Clip-Listen können die Geräte unterbrechungsfrei wiedergeben, auch wenn die einzelnen Clips wild über die ganze Scheibe verteilt gespeichert sind.

Wer Aufnahmen in XDCAM HD und HDV mischen will, der muss sich auf Konvertierungen gefasst machen: Die File-Formate von HDV und XDCAM HD unterscheiden sich, die komprimierten Daten sind nicht direkt miteinander kompatibel.

Produkte

Sony bietet in XDCAM HD zunächst zwei Camcorder an: den PDW-F330 und den PDW-F350. Beide sind mit jeweils drei Halbzoll-CCD-Chips ausgerüstet (1,56 Megapixel, 1.440 x 1.080 Pixel). Die Camcorder können mit mehreren unterschiedlichen Bildraten aufzeichnen, darunter 24p, 25p und 50i. Besondere Funktionen von F330 und F350 sind Intervall-Aufnahmen, aber auch die auswählbaren Gammakurven, die man in ähnlicher Form bei HDCAM-Camcordern findet. Damit ist es einfacher, das Bild schnell auf einen filmähnlichen Look zu trimmen.

Worin unterscheiden sich die Camcorder? Der PDW-F350 bietet im Vergleich zum 330er einige andere und teilweise zusätzliche Profi-Ausstattungsmerkmale– etwa die Slow-&-Quick-Motion-Funktion. Sie ermöglicht es, variable Bildwechselfrequenzen von 4 bis zu 60 fps einzustellen und damit Zeitlupen- und Zeitraffer-Aufnahmen zu realisieren.

Außerdem bietet der F350 einen HD-SDI-Ausgang. Der fehlt dem F330, dafür bietet nur der F330 analoge Komponenten-Ausgänge. Unterschiede gibt es auch beim Timecode: Der F350 bietet je einen Aus- und einen Eingang für den Timecode, während der F330 nur eine TC-Buchse bietet, die wahlweise als Ein- oder Ausgang fungiert. Weiterer Unterschied: Der F350 ist mit einem größeren 2-Zoll-Sucher ausgerüstet, der F330 begnügt sich mit einem 1,5-Zoll-Sucher (beide schwarzweiß).

Schönes Detail: Die XDCAM-HD-Camcorder sind in der Lage, in HD aufgezeichnetes Material herunter zu konvertieren, so dass es sich über die SD-Videoausgänge der Camcorder ausgeben lässt. Das ist eine wichtige Funktion für all jene Kunden, die jetzt in einen SD-Camcorder investieren möchten, der aber schon HD kann.

Weniger schön: Die beiden XDCAM-HD-Camcorder sind mit Halbzoll-Objektiven ausgerüstet. Viele Profis arbeiten aber mit 2/3-Zoll-Camcordern und entsprechenden Objektiven. Damit diese Klientel dennoch auf XDCAM HD setzen kann, hat Sony einen Adapter entwickelt, mit dem sich auch 2/3-Zoll-Objektive mit den neuen Camcordern verwenden lassen – doch der kostet rund 700 Euro (Netto-Listenpreis).

Ein Recorder und ein Player ergänzen die neue XDCAM-HD-Produktlinie: Der XDCAM-HD-Player PDW-F30 und der XDCAM-HD-Recorder PDW-F70. Beide Decks sind mit einem farbigen LC-Display ausgerüstet, mit dem sich das aktuelle Bildsignal kontrollieren lässt. Außerdem zeigt das Display auch die Piktogramme der gespeicherten Clips an.

Das Playback-Deck PDW-F30 sieht Sony als Kompagnon für NLE-Systeme, weil es mit einer i.Link- Schnittstelle ausgerüstet ist und darüber Signale ausgeben kann. Über den i.Link-File-Access-Modus (FAM) lassen sich zudem Proxy- und hochauflösende HD-Daten schneller als in Echtzeit übertragen.

Deutlich mehr Schnittstellen bietet der XDCAM-HD-Recorder PDW-F70: Er ist mit Eingängen für HD-SDI, AES/EBU-Audio, analoges Audio, Timecode und Studiotakt ausgerüstet und bietet zudem Ausgänge für HD-SDI, YUV, SD-SDI, RGB, Composite, AES/EBU-Audio, Timecode, XGA/VGA und Audiomonitor.

Für beide Decks sind optional ein HD-Component-Eingangs-Board sowie ein SD-Eingang für eine Up-Konvertierung auf HD verfügbar.

Ausblick

Sonys XDCAM-HD-Geräte sollen es den Kunden leichter machen, nur einmal zu investieren und dafür gleich zwei Technologie-Schritte zu nehmen: weg vom Band hin zur Scheibe und hin zu HD-Aufzeichnung. Sinnvollerweise vergisst Sony nicht, dass viele Kunden nach wie vor in der SD-Welt zuhause sind und noch eine Weile sein werden. Also passen die XDCAM-HD-Geräte auch in die SD-Welt und können DVCAM-Signale aufzeichnen – ein wichtiger Vorteil. Viele Vorteile bietet XDCAM HD für all jene, die Nachrichten produzieren und/oder sich auf den Sony-Workflow einlassen. Bei XDCAM waren das zumindest in Deutschland allerdings noch nicht sehr viele Kunden. Aber vielleicht sorgt jetzt der entscheidende Zusatz »HD« bei XDCAM dafür, dass mehr Kunden einsteigen.

Downloads zum Artikel:

T_0806_Sony_XDCAM_HD.pdf

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Autor
C. Gebhard, G. Voigt-Müller
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