Kommentar, Top-Story: 24.07.2002

Es geht noch schlimmer

»So tief kann gar kein Keller sein, dass all die Leichen reinpassen würden, die über die Jahre hier angefallen sind.« So fasst einer, der es wissen muss, die Situation bei seinem früheren Arbeitgeber zusammen, einem öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland.

Das klingt glaubhaft, wenn man etwa die schon wieder aktuelle Personaldebatte beim ZDF mitverfolgt. Immerhin: Stehen keine großen und weitreichenden Personalentscheidungen an, die das gesamte parteigesteuerte Postengeschachere immer wieder aufs Neue in Gang setzen, bleibt den Sendern auch Mal Zeit, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. So entstand die Idee zu German TV – einem deutschen Satelliten-Pay-TV, das ARD, ZDF und Deutsche Welle gemeinsam betreiben und etablieren wollten.

In der vergangenen Woche berichtete nun die Süddeutsche Zeitung über die Akzeptanz des deutschen Auslandsfernsehens German TV: Bei der Übertragung eines Konzerts der Berliner Philharmoniker auf der Waldbühne sind demnach laut ARD-Papieren »lediglich 50 Teilnehmer gezählt« worden. Das weiß man deshalb so genau, weil diese Zuschauer zusätzlich zur monatlichen Abo-Gebühr von 15 Dollar noch einmal 6,99 Dollar extra bezahlen mussten.

German TV wird in den ersten vier Jahren mit rund 20 Millionen Euro Steuergeld gefördert. Nach acht Monaten Betrieb hat es in den USA, dem potenziell größten Markt, 2.013 Abonnenten gewinnen können. Diese Eckdaten darf man getrost als katastrophal betrachten.

Würde etwa www.film-tv-video.de, obwohl sehr viel kleiner, schlanker und technisch simpler aufgestellt, mit solch marginalen Nutzerzahlen operieren, hätte sich dieses Thema längst erledigt, weil leider keine 20 Millionen Euro Steuergeld dahinter stecken. Das gilt auch für jede Menge anderer Dienstleister, die nicht in Biotopen operieren.

Das spezielle Problem des deutschen Auslandsfernsehens scheint aber auch grundlegender Natur zu sein: Am deutschen Fernsehwesen will die Welt ganz einfach nicht genesen. Auch der konkurrierende, private Auslandskanal Channel D, in den unter anderem der Entertainer Harald Schmidt investiert hatte, hat wirtschaftlich nicht funktioniert und den Betrieb wieder eingestellt. Vielleicht kann ja German TV die rund 1.000 Abonnenten von Channel D übernehmen und schlagartig 50% Wachstum verzeichnen. Sie werden sehen.