Messe: 28.04.2006

NAB2006: HDV ist (fast) überall

HDV polarisiert: Die einen sehen darin ein Übel, eine Geißel der Branche. Die anderen jubeln über den preisgünstigsten Weg zu HD.

Die einen können während der NAB2006 einen Blick in die Hölle werfen, während sich für die anderen einen Moment lang die Pforten des Himmels öffnen. Was will man mehr von einer ganz profanen Messe? Fakt ist: HDV ist (fast) überall.

Natürlich gibt es während der NAB2006 HDV-freie Zonen, wo man ganz ähnlich einem gallischen Dorf während der Römerzeit (sie wissen schon), einen ganz eigenen Umgang mit der Welt da draußen pflegt. Panasonic und Ikegami etwa sind gänzlich HDV-frei, aber es sind bei weitem nicht nur Canon, JVC und Sony — also die Hersteller von HDV-Camcordern — an deren Ständen HDV eine Rolle spielt. Besonders Postproduction- und Kamerazubehöranbieter setzen auf HDV als Thema.

Noch immer gibt es bei HDV etliche Probleme mit der Kompatibilität, da ja selbst das HDV-Lager in sich noch gespalten ist: Nur JVC zeichnet mit 720 Zeilen auf, Sony und Canon setzen auf 1080 Zeilen. Es gibt bislang nur wenige Brücken zwischen HDV-720 und HDV-1080: Der A1 von Sony kann als einziger der für Profis interessanten HDV-Camcorder sowohl 720p- wie 1080i-Aufnahmen abspielen. Auch bei den Recordern bietet sich ein recht mageres Bild: Nur der neu vorgestellte Sony-Recorder M25 kann 720p-Aufnahmen wiedergeben. JVC hat weder seinen Camcorder GY-HD100, noch seinen Recorder BR-HD50 mit einer Abspielkompatibilität für 1080i ausgestattet — auch hier ein gallisches Dorf?

Dünn blieb es bisher auch, wenn man auf die Postproduction-Seite schaute: Kaum eines der etablierten NLE-Systeme unterstützte direkt, ohne Probleme und mit einer Funktionalität, wie man sie von DV kennt, die Verarbeitung von HDV-Signalen. Wenn HDV überhaupt nativ verarbeitet werden konnte, dann meist nur in 1080i. Nun kann man natürlich fragen, ob natives HDV in der Postproduction überhaupt nötig ist: Schließlich kann das komprimierte Material ohnehin nicht wirklich nativ bearbeitet werden, denn schon ein simpler Hartschnitt innerhalb einer GoP erfordert das Dekomprimieren dieser Bildgruppe. Da kann man schließlich auch gleich dekomprimiertes Material einspielen und mit diesem arbeiten. Aber das macht die ganze Sache deutlich teurer: Man braucht Abspielgeräte und Schnittsysteme mit den entsprechenden Schnittstellen und wesentlich mehr Speicherplatz. Oder man muss mehrfaches Transcodieren in Kauf nehmen, was der Bildqualität bekanntermaßen keineswegs zuträglich ist. Klar: Es gibt mittlerweile mehr Hersteller, die Softwares und Systeme anbieten, die mit mehr HDV-Spielarten und den unterschiedlichen Auflösungen und Frame-Raten zurechtkommen. Aber bis diese tatsächlich für den Endkunden verfügbar sind, ziehen üblicherweise noch einige Tage ins Land.

Aber Besserung ist in Sicht: Avid, Apple, Canopus und andere haben sich des Themas HDV endlich richtig angenommen und unterstützen in zukünftigen Versionen 720p und 1080i wesentlich besser, können mit mehr Camcordern umgehen und auch die verschiedenen Bildraten (24p, 25p, 50p, 50i, 60p und 60i) verarbeiten.

HDV ist, von manchen heiß geliebt, von anderen abgrundtief gehasst, ein heißes Thema während der NAB2006.

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