360-Grad-VR, Broadcast, Postproduction, Top-Story, Trend: 14.04.2016

360 Grad: BBC Technikmagazin Click 360

BBC World News feierte am 11. März sein 25-jähriges Senderjubiläum. Zu diesem Anlass produzierte der Sender seine Technologie-Sendung »Click« erstmals in 360-Grad-Technologie. In der Sendung waren unter anderem bisher noch nie veröffentlichte Aufnahmen des großen Hadronen-Speicherrings des Schweizer Technologiezentrums Cern zu sehen.

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BBC World News feierte im März 2016 sein 25jähriges Bestehen.

»BBC Click« ist eine Sendung, die sich mit Innovationen beschäftigt und seit vielen Jahren jeweils am Samstag und am Sonntag über aktuelle Trends, Entwicklungen, Gadgets, Apps und Nachrichten aus der Technologiebranche berichtet. Die Special-Edition von Click zum 25jährigen Senderjubiläum war entsprechend vollgepackt mit Innovationen und wurde zusätzlich mit exklusiven, teilweise so noch nie gezeigten 360-Grad-Perspektiven gewürzt: als Click 360. Die Zuschauer konnten die Sendung auf neue Weise erleben und in dem Magazin beispielsweise einen abgelegenen Schweizer Gletscher besuchen und von einer Technologie hören, die unter meterhohen Schneebergen begraben ist. Außerdem waren die Zuschauer virtuell bei einem rasanten Hubschrauberflug dabei.

Die komplette 360-Grad-Folge von Click steht auf Youtube zur Verfügung und ist am Ende dieses Artikels eingefügt.

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Zum Senderjubiläum produzierte das BBC-Magazin »Click« eine 360-Grad-Sendung,

Produzent Stephen Beckett berichtet, dass man sich beim Equipment für den Einsatz eines GoPro-Würfels mit sechs Kameras entschieden habe. Aus seiner Sicht war das zum Zeitpunkt der Produktion eine vergleichsweise einfache und praktikable Lösung für die Aufzeichnung von 360-Grad-Videos. Der Würfel zeichnete sechs Blickwinkel auf, die in der Postproduktion zusammengefügt wurden (IBC-Video hierzu).

Neue Bildsprache

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Auch das CERN öffnete für die 360-Grad-Produktion seine Pforten.

Die BBC-Crew lernte bei der Produktion der »Click«-Sendung schnell, dass 360-Grad-Sendungen eine andere Bildsprache erfordern. Moderator Spencer Kelly berichtet: »Bei der Produktion eines 360-Grad-Videos ist der Schnitt ganz anders als bei einer normalen Produktion – man kann nicht alle drei, vier Sekunden zur nächsten Szene schneiden, das wäre für die Zuschauer viel zu wild. Stattdessen muss man für die Kamera eine gute Position finden und die komplette Szene am Stück aufzeichnen.«

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Auch für Moderator Spencer Kelly barg die 360-Grad-Produktion besondere Herausforderung.

Für den Moderator ist das eine Herausforderung, denn letztlich muss alles in einem Durchgang passen. »Einerseits war es sehr anstrengend, denn wenn man etwas wiederholen möchte oder wenn man sich verhaspelt, wiederholt man nicht nur diesen einen Satz, sondern den ganzen Take, von Anfang bis Ende. Aber es machte auch großen Spaß, denn man kann viel lebendiger agieren, das Publikum ist ja mit dabei und man kann es auf interessante Dinge im Raum aufmerksam machen. Diese Art der Präsentation ist weitaus persönlicher«, findet Spencer Kelly.

Die Vor-und Nachteile der Produktion von 360-Grad-Inhalten kamen in dem »Click«-Special auch als eigenes Thema zur Sprache. Das Produktionsteam experimentierte selbst mit dem neuen Medium und mit seinen Möglichkeiten, Fakten überzeugend und mitreißend zu zeigen. Auch die Technologien, mit denen Zuschauer zuhause selbst 360-Grad-Videos drehen können, wurden gezeigt.

Eine der Herausforderungen des Teams bestand darin, interessante Locations zu finden, die von jeder Seite aus gut aussehen. »Mit einer normalen Kamera kann man fast alles so aufzeichnen, dass es irgendwie interessant aussieht. Bei 360-Grad-Aufnahmen ist das viel schwieriger«, urteilt Kelly, denn ein Framing, wie man es von einer klassischen Produktion her kennt, ist eben nicht möglich.

Unmengen Material für die Postproduktion

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Producer Steven Becket weist darauf hin, dass die größten Hürden derzeit in der Postproduction liegen.

Produzent Steven Beckett hebt hervor, dass die technisch größte Herausforderung der 360-Grad-Produktion erst in der Postproduktion folgte: Die erwies sich als sehr aufwändig, weil letztlich bei jedem Take die Bilder von sechs Kameras verarbeitet werden müssen. So kamen insgesamt Unmengen an Material zusammen und in der Postproduktion mussten zunächst mal jeweils sechs Quellen per Stitching zusammengefügt werden. An dieser Stelle des Postproduktionsprozesses traten auch die größten Herausforderungen auf, weil die Objektive der GoPro-Kameras eben nicht für High-End-Produktionen ausgelegt sind, sodass es an den Stellen, an denen sich die Originalquellen überlappen, zu optischen Ungenauigkeiten kommt, die man in der Postproduktion beheben muss, wenn man ein hochwertiges Endprodukt haben will.

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Sechs GoPro-Kameras in einem Würfel produzieren noch keine perfekten 360-Grad-Aufnahmen, deshalb ist in der Postproduktion etliche Arbeit nötig, um zu hochwertigen Ergebnissen zu kommen.

Beckett glaubt, dass eine der Herausforderungen für die Gerätehersteller darin besteht, eben diese Probleme zu lösen, weil deren Korrektur in der Postproduktion sehr zeitaufwändig ist. Ein Programm wie »Click« werde nun mal innerhalb eines sehr engen Zeitrahmens produziert, da bleibe nur wenig Zeit für die Optimierung des Materials, sagt Beckett.

Dennoch kann sich Beckett auch für künftige »Click«-Ausgaben vorstellen, 360-Grad-Elemente zu verwenden, und zwar dann, wenn es inhaltlich auch gut passt und neue Erzählperspektiven damit möglich werden. Aus seiner Sicht erfüllt die 360-Grad-Technologie letztlich viele Versprechen, die Stereo-3D versprach, aber nicht einhalten konnte.

Distribution

Die TV-Version der Spezialsendung von »Click« lief im März 2016 bei der BBC. Dafür wurden einzelne Szenen des 360-Grad-Materials herausgegriffen und Blickwinkel generiert, die auch bei der TV-Ausstrahlung einen Eindruck vermitteln konnten, wie 360-Grad-Material aussehen kann.

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Moderator Spencer Kelly: »Wenn alle sechs Kameras gleichzeitig filmen, auf einem Berg im Schnee, das war keine Leichtigkeit.«

Die voll interaktive 360-Grad-Folge steht seither auf dem YouTube-Kanal von »BBC Click« zur Verfügung. Zuschauer können dabei eigenständig durch das Material navigieren und ihr eigenes Click-360-Grad-Erlebnis schaffen. Einige Features stehen außerdem auf »Taster«, der Experimentierplattform der BBC zur Verfügung. Sie ist das Zuhause für neue Ideen, Zuschauer können hier die 360-Grad-Inhalte testen, beurteilen und teilen. »Click«-Moderator Spencer Kelly bilanziert: »Eine ganze Folge in 360 Grad zu filmen war – gelinde gesagt – eine Herausforderung. Zu verstehen, welche Perspektiven am besten funktionieren, wenn alle sechs Kameras gleichzeitig filmen, auf einem Berg im Schnee, das war keine Leichtigkeit. Man sagt, VR könnte das nächste große Ding werden, wenn die Leute etwas Interessantes daraus machen. Ich denke, das ist uns gelungen – es war auch für uns eine 360-Grad-Erfahrung.«

Die unten eingefügte 360-Grad-Folge von BBC Click ist auf Youtube verfügbar: