Branche: 18.09.1999

WDR/Sony-Deal: (K)ein Kommentar

Die Details der Vereinbarung zwischen WDR und Sony sind nicht öffentlich zugänglich. Sony hat aber eine Erläuterung veröffentlicht. Zudem sind der Redaktion von www.film-tv-video.de weitere Einzelheiten und Hintergründe bekannt, um die sich zahlreiche Gerüchte und Spekulationen ranken.

Beim WDR haben sicher langwierige Überlegungen und Entscheidungsprozesse dazu geführt, sich letztlich für MPEG mit 50 Mbps zu entscheiden. Vieles spricht dafür, man kann jedoch zweifellos auch Gegenargumente finden. Einen Kommentar zu dieser grundlegenden Angelegenheit abzugeben, die Formatentscheidung des WDR zu kommentieren oder gar zu kritisieren, ohne alle Hintergründe zu kennen, wäre anmaßend und spekulativ.

Einige rhetorische Fragen und Anmerkungen müssen aber erlaubt sein.
Es gibt viele Gründe, sich für MPEG-2 zu entscheiden. Aber ist es sinnvoll, ein bestehendes Bandarchiv zur Basis zukunftsgerichteter Entscheidungen zu machen? Wer kennt nicht die Horrormeldungen von zerfallenden U-Matic-Kassetten? Heißt das nicht, dass man lieber früher als später ohnehin umkopieren muß? Wozu dann abwärtskompatible Maschinen kaufen?
Und weiter: Wieso bestellt ein Broadcaster heute überhaupt noch 440 bandbasierte Video-Recorder, die im Verlauf von mehreren Jahren geliefert werden? Wäre es heutzutage nicht sinnvoller, Bilder und Töne in Form von File-Formaten zu archivieren, auf Disks abrufbereit zu halten und beim Umkopieren gleich zur Sicherheit ein Backup auf Streamer-Tape herzustellen?

Wie wird der MPEG-50-Mbps-Camcorder aussehen, von dem der WDR 60 Stück bestellt hat? Von diesem Gerät gab es zumindest für die Öffentlichkeit bislang noch nicht einmal ein Designmodell zu sehen. Oder handelt es sich um den DVD-basierten Disk-Camcorder, den Sony von Zeit zu Zeit einmal hinter den Kulissen zeigt?
Auf den Messefluren wurde über den Sony-WDR-Deal kräftig spekuliert: So machte ein Gerücht die Runde, dass der Vertrag etliche Ausstiegs- und Umwandlungsklauseln enthalte, mit denen er sich an aktuelle Entwicklungen anpassen lasse. Wenn das, was im Detail gemunkelt wurde, auch nur annähernd stimmt, relativiert sich die Ankündigung dieses Deals: Dann handelt es sich bei dem Vertragswerk eigentlich eher um eine Absichtserklärung, als um einen Verkaufs- oder Liefervertrag. Für weiteren Gesprächsstoff ist jedenfalls gesorgt.
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