Format, Kamera, Technology, Top-Story: 08.03.2013

Pandora 2013: Sensorgrößen — Darf’s ein bisschen mehr sein?

Seit digitale Kameras mit nur einem, aber dafür vergleichsweise großen Bildwandler populär wurden – also Single-Large-Sensor- oder SLS-Kameras — muss man letztlich auch die Frage stellen: Wie groß ist denn nun der Sensor, beziehungsweise das genutzte Bildfenster im einzelnen Fall tatsächlich? Davon hängen nun mal direkt die optischen Verhältnisse ab und indirekt auch etliche weitere Aspekte.

Eine gängige Deutung dessen, was denn eine SLS-Kamera ist, lautet einfach: Alles, bei dem der Sensor größer als 2/3-Zoll ist. Das Problem dabei ist, dass diese Definition mitnichten bedeutet, dass man damit automatisch den »Filmlook« mit ­geringer Schärfentiefe erhält, der immer noch der Hauptgrund für das ­Interesse an SLS-Kameras ist.

Bilder klassischer EB-Kameras weisen eine große Schärfentiefe auf, was im tagesaktuellen Geschäft viele Vorteile hat, aber vielen auch als »­typischer Videolook« gilt. Wer dagegen szenisch oder an einer »Hochglanz-Produktion« arbeitet, der will meist auch ein anderes Bild haben — mit dem Look, den man von hochwertigen Spielfilmen und Serien kennt. Und dazu gehört auch der gestalterische Einsatz der Schärfentiefe, den ein großer Sensor unterstützt — bis hin zu einer ganz geringen Schärfentiefe, bei der nur noch kleine Bildanteile scharf dargestellt werden und der Rest des Bildes unscharf bleibt.

Ist die Sensorgröße nicht irgendwie standardisiert, so wie es die Wechselobjektiv-Anschlüsse sind? Klare Antwort: Nein, hier kann jeder Hersteller machen, was er will. Das sieht man beispielsweise daran besonders deutlich, dass Black­magic bei seiner Cinema Camera (Test) einen Sensor mit einem aktiven Bildfens­­ter von 15,81 mm x 8,88 mm mit einem EF-Mount kombiniert hat. Eine 50-mm-EF-Festbrennweite hat somit an dieser Kamera die Bildwirkung eines 120-mm-Tele. Damit erzielt man also eine ganz andere Bildwirkung, als wenn man das gleiche 50-mm-Objektiv an eine Kamera mit größerem Sensor montiert.

Das EF-Objektiv könnte – andersrum betrachtet – ein wesentlich größeres Bildfenster ausleuchten: Letztlich wird also bei der Cinema Camera nur der zentrale Bild­bereich der EF-Objektive genutzt. Das ist keineswegs nur negativ zu sehen, denn in der Mitte des Bildkreises wird bei allen Objektiven die beste Abbildungsleistung erreicht. Verzerrungen, Helligkeitsabfall, chromatische Aberrationen und andere Abbildungsfehler nehmen bei allen Objektiven in den Randzonen erheblich zu. Da aber die Randzonen bei Verwendung von EF-Objektiven an der BMCC gar nicht für die Bilderzeugung genutzt werden, kann man auch mit weniger hochwertigen Objektiven ­ordentliche Ergebnisse erzielen.

Etwas größer als bei der BMCC ist das Bildfens­ter bei Panasonics AG-AF101 (Test) mit 17,8 mm x 10 mm. Panasonic hat diesen Sensor aber mit dem besser dazu passenden MFT-Mount kombiniert. Dasselbe gilt für den Fotoapparat GH2 (Test) aus gleichem Haus.

Zweifellos kann man beim Arbeiten mit diesen Geräten — trotz im Vergleich zu anderen SLS-Kameras relativ kleiner Sensoren/Bildfenster — einen anderen als den üblichen »­Videolook« erreichen: Das zeigen zahllose Produktionen, die mit diesen Geräten realisiert wurden. Man sollte aber wissen, dass man sich mit diesen Kameras von den optischen Verhältnissen her eher in der Liga von Super-16 mit seinem Bildfenster von 12,35 mm x 7,42 mm bewegt.

Wenn man die Bildwirkung von 35-mm-Filmproduktionen erreichen will, dann muss man auf ein größeres Bildfenster setzen. Wieso also nicht das Super-35-Bildfenster verwenden? Das misst 24,89 mm x 18,66 mm und viele Kamerahersteller orientieren sich bei der Sensorgröße an diesen Abmessungen — aber eben nur ungefähr.

Diese Freiheit der Hersteller wiederum führt dazu, dass man sich Gedanken über das Zusammenspiel aus Objektiv und Bildfenster der ­Kamera machen muss. Darum geht es in dem Diagramm, das mit freundlicher Genehmigung des Rental-Unternehmens AbelCine am Ende dieses Artikels zum Download bereitsteht. Es zeigt an, wie viel Prozent das Bildfenster einzelner Kameras im Verhältnis zum Super-35-Bildfenster abbildet. Außerdem kann man in dem Chart sehen, wie groß der Bildkreis des Objektivs mindestens sein muss, um das Bildfenster der jeweiligen ­Kamera komplett auszuleuchten.

Es gibt, wie man im Chart sehen kann, auch digitale Kameras, deren Sensoren/Bildfenster deutlich größer sind, als das S35-Bildfenster. Dazu gehören etwa Canons 1D X und 5D.

Jenseits der optischen Verhältnisse gibt es noch einen weiteren wichtigen Aspekt, weshalb die Größe des jeweiligen Bildfensters wichtig ist: Ein kleines Bildfenster mit sehr vielen Bildpunkten bedeutet natürlich automatisch, dass der einzelne Bildpunkt vergleichsweise klein ausfallen muss. Das hat unter anderem Auswirkungen auf die Lichtempfindlichkeit des Sensors und auf das Rauschverhalten: Große Megapixel- oder K-Angaben bedeuten, besonders wenn das Bildfenster klein ist, keineswegs auch höhere Bildqualität — zumal die spatiale Auflösung ja keineswegs das einzige Kriterium ist, das die subjektive Wahrnehmung von Schärfe und Bildqualität beeinflusst.

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Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

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