Kamera, Test, Top-Story: 13.12.2012

BMDCC: Die Camera Obscura unserer Zeit?

Blackmagics Digital Cinema Camera polarisiert: Die einen lieben sie fast bedingungslos, die anderen halten sie für ein Menetekel des Niedergangs der Kamerakunst und letztlich der ganzen Branche. Dieser Test versucht, nicht nur das Gerät zu beurteilen, sondern auch zu verstehen, welche Erwartungen, Strategien und Projektionen hinter dieser Kamera stehen.

Die erste Kamera überhaupt war eine Camera Obscura: Letztlich nicht mehr als eine Schachtel oder eine Holzkiste mit einem kleinen Loch im Deckel — eine Lochkamera eben, bei der man in der Bedienung im Grunde nur darauf achten musste, dass man nicht überbelichtete. Seither wurde dieses grundlegende Konzept immer stärker verfeinert und im Lauf der Zeit entwickelten sich eben immer weiter ausdifferenzierte Vorstellungen davon, was eine Kamera haben und können muss — auch im professionellen Umfeld der digitalen Bewegtbildaufnahme.

Legt man nun diese gewachsenen Maßstäbe an die Blackmagic-Kamera an, dann ist es sehr leicht und im Grunde zwangsläufig, zu einem vernichtenden Urteil zu kommen — diese Kamera muss jedem obskur vorkommen, durch dessen Hände schon andere Kameras mit professionellem Anspruch gegangen sind: Die Ergonomie ist mindestens diskussionswürdig, der schwache Akku fest eingebaut, die Funktionalität spartanisch, das Wechseln des Speichermediums mühsam. Letztlich ist fast nichts so, wie man es gewohnt ist. Aber vielleicht ist das ja auch der ganz falsche Zugang zu dieser Kamera? Vielleicht hat sie ganz andere Vorteile, die eben auch andere Arbeitsweisen erfordern?

Das Device

Vergessen wir mal für einen Moment, dass dieses Gerät Digital Cinema Camera heißt und vergessen wir zudem einen Augenblick lang, was landläufig unter einer Kamera verstanden wird. Rufen wir uns stattdessen in Erinnerung, wer diese Kamera entwickelt und in den Markt gebracht hat.

Die Gründer von Blackmagic Design kommen aus der Postproduction und haben ihr Unternehmen auf der Entwicklung von Hard- und Software für die Videobearbeitung mit dem PC begründet. Wenn nun also aus einem solchen Unternehmen eine Kamera kommt, dann ist das vielleicht gar keine klassische Kamera im traditionellen Sinn der Film- und Fernsehbranche, sondern eher ein Input- oder Capture-Device für eine Nachbearbeitungsstation. Die Blackmagic Digital Cinema Camera (BMDCC) muss gar keine »fertigen«, »sendefähigen« Bilder aufnehmen, sondern nur Rohmaterial — in jedem Wortsinn — abliefern, das dann in der Postproduction fertiggestellt wird. »Fix it in the Post« heißt bei dieser Kamera also nicht, dass das Material in der Postproduktion korrigiert oder gar gerettet werden müsste, sondern dass stets der weit überwiegende Teil der Bildgestaltung in der Postproduktion stattfindet — bis auf die Bewegung der Kamera. Viele Funktionen anderer Kameras fehlen daher in der Cinema Camera und sie ist keineswegs für den schnellen Dreh oder gar die zeitkritische »Close-to-Air«-Produktion konzipiert.

Nimmt man dann noch den für eine SLS-Kamera mit Raw-Aufzeichnung ziemlich niedrigen Preis hinzu — die Cinema Camera ist in Europa zu Nettopreisen in der Größenordnung von 2.200 Euro zu haben (Listenpreis 2.517 Euro) — dann ist vielleicht schon klarer, dass man eher so etwas erwarten muss wie ein Input-Device, das Raw-Bewegtbildsequenzen an PCs abgeben kann.

Vielleicht kann man es so zusammenfassen: Die Digital Cinema Camera muss weder jedem gefallen, noch jeden beliebigen Kamerazweck erfüllen: Sie ist ein Werkzeug für eine ganz bestimmte Aufgabe — will man sie außerhalb ihres Zielmarkts einsetzen, ist sie ungefähr so praktisch, wie eine Säge zum Hämmern.

Die Punk-Kamera

Weil die Digital Cinema Camera so stark polarisiert, ist vielleicht auch ein Vergleich mit Musikstilen statthaft: Als in der Musik der Punk aufkam, schlug sich ein roher und ungehobelter Musikstil Bahn, der oft dekonstruktivistisch dargeboten wurde. Dennoch begeisterten sich viele für Punk und sahen darin auch einen Ausdruck ihres Lebensgefühls, einen neuen Stil, Musik zu machen und zu erleben. Kurzum: Manche liebten den Punk, andere hassten ihn — reine Geschmackssache eben.

Und hat der Punk alle anderen Musikstile verdrängt? Nein. Jazz, Klassik, Pop, Rock’n’Roll, Metal und zahllose andere Musikstile haben nicht nur die Punkwelle überlebt, sondern auch zahllose weitere, die später kamen.

Die HD-Kamera

Man kann die Cinema Camera auch im HD-Modus benutzen. Das sollte aber — vorsichtig gesagt — besser nicht der Hauptgrund sein, weswegen man sich für diese Kamera entscheidet. Die Besonderheit der Kamera liegt nun mal in der Raw-Aufzeichnung. Will man eine HD-Kamera haben, dann gibt es viele Alternativen — und darunter auch viele bessere.

Nutzt man die BMDCC Im Videomodus (einstellbar unter dem Menüpunkt »Dynamic Range«) dann generiert sie ein HD-Videosignal, das man in ProRes 4:2:2 oder in DNxHD aufzeichnen kann.

Die Filmkamera

Wer mit Film dreht, der legt sich durch die Auswahl des Rohfilmmaterials fest: auf eine Farbtemperatur und eine ISO-Empfindlichkeit. So ähnlich ist das bei der BMDCC auch: Es gibt keinen Weißabgleich, sondern man wählt einen von sechs festen Farbtemperaturwerten aus (3.200, 4.500, 5.000, 5.600, 6.500 und 7.500K). Ähnlich läuft das bei der Empfindlichkeit: vier ISO-Werte stehen zur Auswahl (200, 400, 800, 1.600) das war’s — wobei Blackmagic noch wissen lässt, dass 800 ISO quasi die Grundempfindlichkeit der Kamera sei, bei der die optimale Sensoraussteuerung erreicht werde.

Auch bei der Shutter-Angabe gibt sich die BMDCC ganz filmisch: Hier wird die Belichtungszeit durch die Eingabe von Winkeln festgelegt, obwohl es natürlich keine rotierende Blende gibt. Und natürlich erfolgt diese Einstellung mit festen Vorgaben: zehn Winkel stehen zur Verfügung.

Der Begriff »Film« begegnet dem Anwender auch in den Einstellmenüs: Stellt man die »Dynamic Range«, also den Kontrastumfang ein, kann man zwischen »Film« und »Video« wählen. Wählt man Film aus, wird mit einer logarithmischen Gammakurve aufgenommen und so der komplette Kontrastumfang der Kamera von 13 Blendenstufen aufgezeichnet. Wählt man Video, wird aus den Bildsignalen, die vom Sensor kommen, ein HD-Videosignal generiert (gemäß REC709).

Die Raw-Kamera

Die höchste Bildqualität zeichnet die BMDCC auf, wenn man im Menüpunkt »Recording Format« die Option »Raw 2.5 K« auswählt. Dann ist auch automatisch Film als »Dynamic Range« ausgewählt. Es wird also mit einer logarithmischen Gammakurve aufgezeichnet und die gesamten 13 Blendenstufen Kontrastumfang stehen in der Postproduction zur Verfügung, wenn man bei der Aufnahme jegliche Überbelichtung vermieden hat. Aufgezeichnet werden die Raw-Daten im Format CinemaDNG.

Zur Erinnerung: Die Grundidee hinter dem Arbeiten mit Raw-Daten besteht darin, quasi direkt die vom Sensor ausgelesenen Rohdaten zu speichern und erst in der Postproduction daraus Videobilder im engeren Sinn zu generieren (erst dort erfolgt das De-Bayering, und der hierbei verwendete Algorithmus entscheidet über die Bildqualität mit, besonders was die Auflösung, die Schärfe, die Farbwiedergabe und die Kantendarstellung betrifft). Vorteile bestehen darin, dass man den vollen Kontrastumfang in der Postproduction zur Verfügung hat und erst dort den Look des Materials gestaltet. Nachteilig sind die recht großen Files und der Zeitverlust, den deren Verarbeitung mit sich bringt.

Die BMDCC bietet auch einen Zwitter-Modus an: Man kann die »Dynamic Range« auf Film stellen und trotzdem in ProRes aufzeichnen. Das stellt einen Kompromiss dar, der kleinere, handlichere Datenmengen erzeugt, die man einfacher und schneller verarbeiten kann, aber trotzdem mehr Spielraum in der Postproduction für Kontrastveränderungen und das Spiel mit Gammakurven lässt.

IBC2012-Video: Stuart Ashton, Director EMEA von Blackmagic Design, erläutert Konzept und Bedienung der Cinema Camera von Blackmagic Design in englischer Sprache.
Eine Frage der Software

Dieser Test repräsentiert nur eine Momentaufnahme: Es ist möglich, dass es bei der BMDCC häufiger als bei anderen Kameras Software-Updates geben wird, die dann möglicherweise den Funktionsumfang der Kamera drastisch verändern könnten. Schon jetzt werden im Blackmagic-Forum etliche Funktionen diskutiert, die es in kommenden Firmware-Versionen geben könnte.

Alle in diesem Text gemachten Angaben beziehen sich auf den Zustand der Kamera, wie sie Anfang Dezember 2012 vom Handel ausgeliefert wird, der Check mit dem mitgelieferten Update-Tool ergab die folgende Meldung: »Your Blackmagic Cinema Camera is up to date.«

Sensor, Mount, optische Verhältnisse

Beim Sensor hat sich Blackmagic für einen Bildwandler mit einem aktiven Bildfenster von 15,81 mm x 8,88 mm entschieden. Der Sensor beherbergt 2.432 x 1.366 Bildpunkte. Die Abmessungen sind ungewöhnlich, sie liegen unterhalb dessen, was Panasonics AG-AF101 (Test) bietet und passen eigentlich besser zu MFT-Objektiven als zu Objektiven mit dem in der getesteten BMDCC eingebauten EF-Mount. Vielleicht hat Blackmagic auch deshalb schon eine Kameraversion mit MFT-Objektivanschluss angekündigt.

Viele andere Kamerahersteller orientieren sich bei der Sensorgröße von SLS-Kameras derzeit eher am Super-35-Bildfenster. Das misst 24,89 mm x 18,66 mm, hat also eine rund 3,3 mal größere Fläche als der BMDCC-Sensor. Je größer das Bildfenster, um so leichter fällt aber das Spiel mit der Schärfentiefe, das einen Gutteil des »Spielfilm-Looks« ausmacht. Das Bildfenster der BMDCC liegt eher in der Größenordnung von Super-16 (12,35 mm x 7,42 mm) als in der von Super-35.

Die Kombination des für eine SLS-Kamera vergleichsweise kleinen Sensors mit dem EF-Mount in der BMDCC sorgt dafür, dass bei den angesetzten EF-Objektiven ein Verlängerungsfaktor von ungefähr 2,4 gilt: Eine 50-mm-EF-Festbrennweite hat somit die Bildwirkung eines 120-mm-Tele. Das bedeutet in der Praxis, dass man sich mit weitwinkligen Aufnahmen schwertun wird: Man braucht praktisch ein Fisheye-Objektiv, um mit der BMDCC weitwinklige Aufnahmen machen zu können.

Im relativ kleinen Sensor der BMDCC sehen viele Anwender einen Nachteil, was man durchaus nachvollziehen kann. Es gibt aber auch einen kleinen Vorteil, wenn man EF-Objektive vor diesen Sensor setzt, die ja auch ein wesentlich größeres Bildfenster ausleuchten könnten: Letztlich wird nur der zentrale Bildbereich der Objektive genutzt und hier wird bei allen Objektiven die beste Abbildungsleistung erreicht. Verzerrungen, Helligkeitsabfall, chromatische Aberrationen und andere Abbildungsfehler nehmen bei allen Objektiven in den Randzonen erheblich zu. Da die Randzonen bei Verwendung von EF-Objektiven an der BMDCC aber gar nicht für die Bilderzeugung genutzt werden, kann man auch mit weniger hochwertigen Objektiven noch relativ gute Ergebnisse erzielen. Natürlich sollte man dennoch anstreben, mit möglichst hochwertigen Objektiven zu arbeiten, aber im Zweifel reicht eben auch die zweite oder dritte Garde, um in puncto optischer Abbildung durchaus noch ansprechende Ergebnisse zu erhalten.

Vergeblich sucht man an der Kamera eingebaute ND-Filter, die ja ebenfalls hilfreich sind, wenn man mit möglichst offener Blende drehen will, um eine geringe Schärfentiefe zu erreichen und selektiv fokussieren zu können.

Sind 2,5K genug?

Die Sensorauflösung von 2.432 x 1.366 Bildpunkten umschreibt Blackmagic mit dem griffigen Schlagwort 2,5K. Aber reichen 2,5K überhaupt aus, wenn überall von 4K die Rede ist? Natürlich kann man diese Frage stellen. Aber letztlich geht es doch um die Bildqualität, die am Ende erzielt wird, und die »K« einer Kamera sagen nicht alles über die Bildqualität aus, was es zu sagen gibt — und das gilt ganz besonders in der Bewegtbildaufnahme.

Die BMDCC nimmt 2,5-K-Raw-Bilder im Format CinemaDNG auf. Unter Raw-Bildern versteht man die digitalen Rohdaten der Kamera, es werden also keine Videobilder im engeren Sinn gespeichert. Die 2,5K der BMDCC stehen letztlich für eine Schwarzweissauflösung, der per Bayer-Pattern Farbinformationen zugewiesen werden. Es handelt sich nicht um YUV– oder RGB-Bilder mit 2,5K-Auflösung, sondern um Rohdaten mit dieser Auflösung, denen dann in einem weiteren Schritt Videobilder generiert werden.

Um aus den Rohdaten Bilder zu generieren, benötigt man bestimmte Rechenprozeduren, und die sind ganz entscheidend dafür, welche Auflösung, Schärfe, Farbwiedergabe und Kantendarstellung die aus den Rohdaten erzeugten Bilder aufweisen (siehe auch De-Bayering). Natürlich spielt es eine Rolle für das Endergebnis, wieviele K man am Anfang in diesen Prozess einfüllt, aber es besteht keineswegs ein simpler, linearer Zusammenhang. Das kann man etwa auch daran sehen, dass viele Anwender die Bilder der Arri Alexa, die einen 2.8K-Sensor hat (2.880 x 1.620 Bildpunkte), als besser bewerten, als die anderer Kameras mit Sensoren, die 4, 8 oder nochmehr K aufweisen: Es geht eben keineswegs nur darum, wieviel K der Sensor hat, sondern darum, was man aus diesen K macht.

Ein anderes Beispiel ist die C300 von Canon (Test): Deren Sensor weist effektiv 3.840 x 2.160 Bildpunkte auf, aber der Hersteller hat sich bei dieser Kamera entschieden, keine Raw-Daten aufzuzeichnen, sondern den XF-Codec zu nutzen, der auf MPEG-2 basiert und die Signale in 8 Bit quantisiert. Diese Kamera hat also mehr K als die BMDCC, aber das Processing der Daten ist ganz anders, also wäre es auch hier sicher ganz falsch und sinnlos, die K-Zahl als wichtigstes Vergleichsmaß anzusetzen. Der Vollständigkeit halber: Die C500 von Canon bietet 4.096 x 2.160 Bildpunkte und Raw-Aufzeichnung mit 12-Bit-Quantisierung.

Allein schon beim Thema Quantisierung ist ebenfalls ein wichtiges Kriterium angesprochen: Die BMDCC arbeitet mit 12-Bit-Quantisierung, die im Raw-Modus auch in der Aufzeichnung erhalten bleiben. Das bringt besonders in der Bearbeitung des Materials sehr viel mehr Reserven.

Formate

Das Top-Feature der BMDCC ist die Aufzeichnung von 12-Bit-Raw-Files im Raster 2.432 x 1.366 in Form von CinemaDNG-Dateien. In der Kamera ist dieser Modus als Raw 2.5K bezeichnet.

Weiter kann die Kameras auch ProRes– und DNxHD-Dateien auf die SSD schreiben. In diesen Formaten wird ein 10-Bit-YUV-Signal im HD-Raster 1.920 x 1.080 aufgezeichnet.

Bei der Raw-Aufzeichnung erfolgt die Kontrastverarbeitung stets gemäß einer logarithmischen Gammakurve, bei der HD-Aufzeichnung kann man wählen, ob mit einer logarithmischen Filmcharakteristik oder einer Videocharakteristik aufgezeichnet wird.

IBC2012-Video: Stuart Ashton, Director EMEA von Blackmagic Design, erläutert Konzept und Bedienung der Cinema Camera von Blackmagic Design in englischer Sprache.
Handling, Ergonomie

Wenn es irgendeine Kamera gibt, die nach Zubehör förmlich schreit, dann ist es die Digital Cinema Camera von Blackmagic. Diese Kamera verkörpert wegen des hinten angebrachten Displays eher einen Handheld-Ansatz, man hält sie intuitiv wie einen Fotoapparat. Wenn man sie aber in die Hand nimmt, merkt man sofort, dass sie für den Handheld-Betrieb ohne Zubehör definitiv nicht konstruiert wurde: Man kann die Kamera nicht gleichzeitig halten und bedienen, sie ist unerwartet schwer (1,7 kg) und selbst mit einem vergleichsweise kompakten Objektiv stark frontlastig. Schon wenn man eine vergleichsweise kleine und leichte 50-mm-Fotofestbrennweite installiert, kann die Kamera nicht mehr frei stehen, sondern kippt nach vorn.

Der Hersteller selbst bietet einen Bügel mit zwei Handgriffen an, der unter die Kamera geschraubt werden kann. Darüber hinaus bieten zahlreiche Zubehörhersteller Cages und Rigs für die Kamera an. Im Test kam Zacuto-Equipment zum Einsatz, das mit einer Mattebox von Chrosziel kombiniert wurde. Um die Kamera mit dem Zubehör zu verbinden, weist der Body drei 1/4-Zoll-Gewinde an der Oberseite und eines an der Unterseite (inklusive Stativ-Pin-Loch) auf.

Ohne Zubehör ist die Cinema Camera ergonomisch betrachtet indiskutabel und kann eigentlich nur auf einem Stativ benutzt werden. Also: Beim Kauf der Kamera gleich mal Geld für ein vernünftiges Stativ und/oder Kamerazubehör einplanen.

Die Bedienung erfolgt im wesentlichen über eine Folientastatur und einen Touchscreen: Auf der Geräterückseite sind unter und neben dem Display neun Tasten angeordnet, die von einer etwas dickeren Gummiabdeckung überzogen sind, sich aber dennoch ganz gut bedienen lassen und einen klaren Druckpunkt aufweisen. An der Frontseite der Kamera gibt es einen zweiten Record-Knopf — das war’s an Bedienelementen.

Das eingebaute 5-Zoll-Display (12,7 cm Bilddiagonale) bietet eine Auflösung von 800 x 480 Bildpunkten und ist — wie erwähnt — als Touchscreen ausgelegt. Die Bedienung einer professionellen Kamera per Touchscreen ist umstritten, weil man ja das Display auch zur Qualitätsbeurteilung braucht und deshalb jegliche Fingerabdrücke auf dem Display stören.

Das Display kann mit einem mitgelieferten Sonnenschutz einigermaßen vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden, da man aber für die Kamerabedienung Zugriff auf den Touchscreen braucht, stellt der Sonnenschutz natürlich einen Kompromiss aus Zugänglichkeit und Lichtabschirmung dar. Das Display der Kamera kann nicht geneigt oder geschwenkt werden, es ist fest in die angeschrägte Rückseite der Kamera integriert. Bei ungewöhnlichen Kamerapositionen braucht man also immer ausreichend Hocker, Leitern oder belastbare Knie, wenn man das Display sehen und darauf Einstellarbeiten vornehmen will. Wenn alles voreingestellt wurde, bevor die Kamera in die Aufnahmeposition gebracht wurde — etwa an einem Kran oder Steadicam-System — dann reicht ein externer Monitor. Das Display kann in puncto Helligkeit und Kontrast nicht wirklich überzeugen, hier haben etliche andere Camcorder wesentlich mehr drauf. Außerdem spiegelt es auch recht kräftig.

Beim Blick auf das Display sollte man zudem stets im Hinterkopf behalten, dass das, was man auf dem Display sieht — je nach eingestelltem Aufnahme- und Anzeigemodus — mitunter nur wenig mit dem zu tun hat, was auf die SSD geschrieben wird. Das liegt daran, dass die Kamera zum einen ja einen Film- und einen Videomodus besitzt. Im Filmmodus werden flachere, teilweise sehr flau aussehende, kontrastarme Bilder aufgezeichnet, dadurch bleibt für die Postproduction mehr Spielraum, um den Bildern dort ihren endgültigen Look zu verpassen. Unabhängig vom eingestellten Aufnahmemodus kann aber auch der Darstellungsmodus des Displays umgestellt werden: Man kann das Bild entweder im flachen, kontrastarmen Filmmodus betrachten, oder im Videomodus, also angepasst auf den HD-Farbraum (REC 709).

Dreht man im Raw-Modus und hat das Display auf Filmmodus gestellte, können die Bilder auf dem Display (und im ersten Schritt auch in der Postproduction) je nach Motiv mal über- , mal unterbelichtet aussehen. Der Grund dafür liegt darin, dass man bei der BMDCC stets so belichten sollte, dass man nie über 100 % Pegel generiert: Das stellt die Kamera automatisch so ein, wenn man auf den Blendenknopf drückt, man kann aber auch das Bild manuell entsprechend justieren, indem man das Zebra auf 100 % stellt und dann die Belichtung so regelt, dass das Zebra gerade wieder verschwindet. Geht man so vor, hat man in der Postproduction den maximalen Dynamikumfang zur Verfügung und die vollen Reserven, um dem Bild den gewünschten Look verpassen. Hier kommt wieder einmal der Ansatz zum Tragen, dass die BMDCC im Grunde nicht dafür konzipiert ist, »fertige« Bilder aufzunehmen, sondern optimales Rohmaterial für die Postproduction zu generieren

An der unteren Kante des Displays werden aktuelle Statusinfos in Form eines Balkens ins Bild eingeblendet. Dieser Balken erschwert es allerdings, die untere Bildkante zu sehen: Um sicher zu gehen, was noch im Bild ist und was nicht, braucht man einen externen Monitor. Den kann man via HD-SDI anschließen und mit einem Live-Bild versorgen — wahlweise mit oder ohne Einblendungen.

Manchmal wünscht man sich von der Kamera etwas mehr Rückmeldung. Das beginnt schon beim Laden: Man kann weder am mitgelieferten Netzgerät, noch an der Kamera selbst sehen, ob der Ladevorgang läuft. Um den Ladezustand des fest eingebauten Akkus zu kontrollieren, muss man die Kamera einschalten. Nur bei eingeschalteter Kamera wird der Ladezustand des Akkus am unteren Bildrand eingeblendet. Dass selbst solche grundlegenden Funktionen fehlen, ist ziemlich befremdlich.

Alternativ zum mitgelieferten Netzteil kann man laut Blackmagic auch jede andere Gleichstromquelle mit einer Spannung von 11 bis 30 Volt nutzen (an anderer Stelle der Bedienungsanleitung stehen 12 bis 30 Volt), um den Akku zu laden und die Kamera zu betreiben. Auch über die USB-Buchse kann der Akku geladen werden, das dauert aber wesentlich länger als mit dem Netzteil.

Anders als bei praktisch alle anderen professionellen Kameras, ist bei der BMDCC, der Akku fest eingebaut und kann nur vom Service ausgetauscht werden. Das ist ziemlich praxisfremd und erfordert in der täglichen Produktion irgendwelche externen Zusatzlösungen, die das Volumen der an sich recht kompakten Kamera im aufgeriggten Zustand aufblähen. Die von Blackmagic angegebenen 90 Minuten Aufnahme- und 120 Minuten Standby-Dauer pro Akkuladung erreichten wir trotz flammneuer Kamera im Test so gut wie nie, meist ging der Saft schon früher aus.

Wie viel Platz habe ich noch auf der eingelegten SSD? Auch auf diese in der Praxis nicht ganz unwichtige und keinesfalls abwegige Frage bleibt die Kamera eine Antwort schuldig: Es gibt keine Anzeige dafür, wie viel Speicherkapazität man schon genutzt hat und wie viel noch verfügbar ist. Erst wenn Gefahr im Verzug und die SSD fast voll ist, blinkt die Warnung »Disk Full« im Statusbalken. Auch kann man die SSDs nicht in der Kamera formatieren, sondern muss schon vorher als HFS+ formatierte Speicher einlegen. Will man auf dem Speichermedium Platz schaffen und ein paar oder alle Clips löschen, braucht man dazu einen Computer: in der Kamera sind solche Funktionen nicht vorgesehen.

Läuft die Aufnahme? Darüber gibt bei den meisten Kameras auf Wunsch ein Tally Auskunft und meist wird auch im Sucher oder Display gut sichtbar ein entsprechendes Symbol oder der Schriftzug »Rec« eingeblendet — nicht so bei der BMDCC. Die hat gar kein Tally und die »Rec«-Info steht winzig im Anzeigebalken des Displays.

Um die Aufnahmen aus der Kamera in den Rechner zu bekommen, gibt es zwei Wege: Das Einspielen direkt aus der Kamera via HD-SDI-Verbindung oder das Entnehmen des SSD-Speichermoduls (mehr zum Workflow an anderer Stelle). Also wird die SSD als Wechselmedium verwendet, man wird sie recht häufig entnehmen und wieder einlegen.

Das Entnehmen der SSD erfordert allerdings ziemlich viel Kraft in den Fingerspitzen, weil die Kamera nicht viel Raum lässt, um die SSD zu packen. Vielleicht leiert das Ganze nach längerer Nutzung der Kamera etwas aus und geht dann leichter, aber bei der getesteten, neuen Kamera war die SSD-Entnahme stets mühsam.

Die Funktionalität der Kamera ist spartanisch, entsprechend simpel fallen auch die Einstellmenüs aus. Aber auch hier stößt man auf mangelnde Auskunftsbereitschaft der Kamera: Welche Firmware-Version ist in der Kamera installiert? Das kann die Kamera nicht anzeigen und auch die mitgelieferte Software für den Zugriff vom Rechner auf die Kamera hilft hier nicht weiter: »Your Blackmagic Cinema Camera is up to date« steht lapidar in dem Fenster, keine Versionsnummer, keine weitere Info.

Die Kamera übernimmt auch keine Daten von den angeschlossenen Objektiven, man kann also etwa nicht im Display sehen, welche Blende eingestellt ist. So etwas wie eine tiefergehende Statusanzeige, einen Überblick aller wichtigen Einstellungen, gibt es ebenfalls nicht: Nur was im Balken am unteren Bildrand Platz fand, steht an schnellen Infos zur Verfügung.

Für die Schärfe- und Belichtungskontrolle stehen gleichfalls nur relativ wenig Werkzeuge zur Verfügung: eine Peaking-Funktion, eine Ausschnittsvergrößerung, die einen zentralen Bildausschnitt im 1:1-Pixelmodus auf dem Display darstellt und eine Zebrafunktion gibt es in der Kamera selbst. Das etwas grobe und nicht individuell justierbare Peaking konnte die Tester insbesondere bei hellem Außenlicht nicht wirklich überzeugen, da bieten andere Kameras und externe Fieldmonitore mehr.

Will man also in puncto Bildkontrolle mehr haben, ist man auf externes Equipment angewiesen: einen Fieldmonitor mit entsprechenden, zusätzlichen Funktionen kann man an die HD-SDI-Buchse anschließen, alternativ kann man einen Rechner mit Thunderbolt-Schnittstelle mit der Kamera verbinden, auf dem man dann das Live-Bild und den Tonpegel der Kamera beispielsweise mit der Software Ultrascope von Blackmagic überwachen kann.

In die BMDCC ist ein gut hörbarer Lüfter eingebaut, den der Anwender im Fall von Verschleiß oder Störung selbst wechseln kann. Der Lüfter bläst an der Unterseite der Kamera aus, der Boden der Kamera ist so konstruiert, dass ein schmaler Schlitz für den Luftaustausch offen bleibt, wenn man die Kamera auf eine ebene glatten Fläche stellt —man sollte die Kamera also definitiv nicht auf weiche Untergründe stellen, weil sonst die Lüftungslöcher abgedeckt werden können.

Die Kamera verfügt über eine Lanc-Buchse, an die Fernsteuersysteme angeschlossen werden können. Prinzipiell sind darüber laut Blackmagic Start/Stopp, Blenden- und Schärfesteuerung möglich, wenn ein Objektiv verwendet wird, das diese Funktionen unterstützt. Blackmagic nennt die Lanc-Fernbedienungen Manfrotto MVR901EPLA und Bebob Zoe-DVXL als kompatible Modelle. Ob man aber in der Praxis wesentlich mehr als Start/Stopp über diese Schnittstelle steuern kann, ist offen: Der Redaktion von film-tv-video.de sind keine vom Preis zu der Kamera passenden Objektive mit EF-Mount bekannt, die man darüber umfassend steuern könnte.

Schön ist, dass die BMDCC aus einem Guss konzipiert wurde: Man muss nicht extra in einen Wiedergabemodus wechseln, wenn man die aufgezeichneten Clips sehen will und dann wieder zurück in den Kameramodus: das geht fließend und rasch. Drückt man nach einer Aufnahme die Playtaste, sieht man sofort den zuletzt aufgezeichneten Clip — das ist eine prima Quick-Review-Funktion. Und nach dem Betrachten des jüngsten Clips kann man auch problemlos auf andere Clips springen. Eine Thumbnail-Anzeige oder Übersicht der Clips gibt es allerdings nicht, man rangiert mit der Funktionalität eines CD-Players in und zwischen den Clips.

Wenn es darum geht, die Kamera an die individuellen Bedürfnisse anzupassen, herrscht bei der BMDCC Fehlanzeige: Es gibt keine Soft-Keys, denen sich andere als die vorgegebenen Funktionen zuweisen ließen. Auch lassen sich vorprogrammierte Bedienabläufe nicht abschalten oder ändern: Doppeltippen auf den Bildschirm aktiviert die Bildausschnittsvergrößerung/1:1-Pixel-Darstellung. Einmal Tippen ruft eine bildfüllende Metadaten-Eingabemaske auf. Natürlich tippt man in der Praxis auch immer wieder mal versehentlich auf den Touchscreen und dann ist jedesmal — schwupp — das Bild weg und die Metadatenmaske da. Das kann nerven und es wäre deshalb schön, wenn man es abschalten könnte — geht aber nicht.

Im Menüpunkt Display findet sich die Funktion SDI-Overlay: Hier kann man festlegen, ob die Statusinfos und zusätzlich zwei Begrenzungsrahmen in das HD-SDI-Signal eingestanzt werden sollen, das die Kamera via BNC-Buchse ausgibt. Die Rahmen verändern, andere Marker einfügen, andere Statusinfos oder Timecode im SDI-Overlay sehen? Sie ahnen es: Das ist nicht vorgesehen.

Stichwort Timecode: Trotz anderer Angaben auf der Blackmagic-Website fanden wir keine Möglichkeit, Timecode-Werte einzustellen, das gleiche gilt für den Wunsch, externen Timecode einzuspeisen. Blackmagic sagt dazu: »The Blackmagic Cinema Camera records "time of day" timecode based on the time and date settings in the camera.« Das klingt nach Free-Run-Timecode, genaueres war nicht zu erfahren.

Ton

Die BMDCC verfügt über ein eingebautes Mikro, das die Mitnahme eines Not-Tons ermöglicht. Das Monomikro befindet sich hinter einem winzigen Loch unterhalb des Objektiv-Mounts. Wenn keine anderen Audioquellen angeschlossen sind, wird der Monoton dieses Mikros auf beiden Audiokanälen aufgezeichnet, den Pegel kann man per Touchscreen im Audiomenü einstellen. Dieser Ton ist aber höchstens als Backup zu betrachten, die Qualität ist minderwertig, unter anderem hört man Körperschall vom Bedienen der Kamera und den eingebauten Lüfter beim Einsatz dieses Mikro überdeutlich.

Als Anschluss für externe Tonquellen hat Blackmagic zwei symmetrisch beschaltete 1/4-Zoll-Klinkenbuchsen (6,35 mm) vorgesehen, eine im Kamerabereich eher ungewöhnliche Wahl. Die Quellenauswahl und das Pegeln erfolgen per Touchscreen im Audiomenü. Das Problem beim Pegeln ist allerdings, dass die BMDCC selbst keinerlei Pegelanzeige bietet. Im Zusammenspiel mit einem per Thunderbolt verbundenen Rechner kann man mit der Software Ultrascope, die man mit der Kamera erhält, auch den Tonpegel sehen und überwachen. Alternativ kommt ein HD-SDI-Monitor mit integrierter Pegelanzeige in Frage, weil das Live-HD-SDI-Signal, das die Kamera ausgibt, auch Embedded-Audio enthält. Für den Kopfhörer gibt es eine Stereo-Miniklinkenbuchse (3,5 mm). Außerdem gibt die Kamera den Ton — wie erwähnt — als Embedded Audio mit dem HD-SDI-Signal aus.

Bildraten, Sonderfunktionen

Die BMDCC bietet derzeit keine Slow-Motion, Zeitraffer oder Intervall-Funktionalität. Es stehen fünf Bildraten zur Verfügung: 23.98, 24, 25, 29.97 und 30 fps.

Speichermedium

Als Speichermedium nutzt die BMDCC SSD-Wechselplatten. Diese müssen im MacOS-Extended-Format (HFS+) formatiert sein. Das Formatieren in der Kamera ist nicht möglich. Blackmagic gibt Empfehlungen für bestimmte SSDs, die man besonders dann beachten sollte, wenn man Raw-Aufnahmen machen will, denn in diesem Modus werden die SSDs natürlich am stärksten gefordert. Die größte SSD, die Blackmagic zum Zeitpunkt des Tests empfiehlt, ist die Crucial 512GB M4 (firmware 009).

Im Raw-Modus (Raw 2.5K) generiert die Kamera ungefähr 5 MB pro Bild. In 24p passen somit rund 30 Minuten auf eine 256 GB SSD. Nimmt man in ProRes oder DNxHD auf, dann verlängert sich die maximale Aufnahmedauer ungefähr auf das Fünffache.

Anschlüsse

Neben den schon erwähnten Klinkenbuchsen in verschiedenen Durchmessern, die für Lanc-Remote, Kopfhörer und Audio-In bereitstehen, gibt es noch eine SDI-Buchse, die Signale bis zu einer Datenrate von 3 Gbps abegeben kann.

Darüber hinaus steht eine Thunderbolt-Buchse bereit. Die kann genutzt werden, um direkt mit einem angeschlossenen Rechner aufzunehmen. Das funktioniert laut Hersteller mit Blackmagic Media Express, DaVinci Resolve, Adobe Premiere Pro CS6 und Apples Final Cut Pro 7.

Uber die Thunderbolt-Schnittstelle kann auch die Signalüberwachung des Kamerasignals erfolgen: Die mit der Kamera gratis verfügbare Software Blackmagic UltraScope erlaubt das Monitoring von Bild und Ton mit verschiedenen Darstellungen: Parade, Waveform, Vektorskop, Histogramm, Audio-Pegelanzeige und Bewegtbildanzeige.

Unter der SSD-Klappe gibt es auch noch einen USB-Anschluss, der für Software-Updates und zum Laden des Akkus genutzt werden kann.

Testaufnahmen, Bildqualität

Man muss bei der BMCC, wie einst bei der Camera Obscura, im wesentlichen darauf achten, dass man nicht überbelichtet — den Rest erledigt man dann in der Postproduction: Natürlich ist das etwas überspitzt dargestellt, aber es trifft im Grunde schon den Kern. Auf diesem Weg kann man mit der BMDCC eine Bildqualität erreichen, die in ihrer Preisklasse bisher unerreicht ist. Vor allem der Dynamikumfang der Kamera, den man per Filmmodus auch bis in die Post bewahren kann, ist überzeugend.

Dabei sollte man allerdings auch im Kopf behalten: Das Ganze geht weder komfortabel noch schnell, denn nur im Zusammenspiel mit Resolve kann man aus den Rohaufnahmen wirklich gute Bilder gestalten. Überragend ist der Dynamikumfang, wenn man im Raw-Modus aufzeichnet — und auch wenn man in ProRes oder DNxHD den Filmmodus nutzt, hat man noch sehr viel Spielraum, um in der Post festzulegen, in welchen Bildbereichen man viel oder wenig Zeichnung haben will.

Man kann bei BMDCC-Aufnahmen in der Postproduction also die Farb- und Kontrastwiedergabe in einem Maß verändern — ohne negative Auswirkung auf das Bild in Form von massivem Rauschen, Artefakten oder Banding — wie man das bisher nur mit Material wesentlich teurerer Kameras konnte. Man muss aber auch die Zeit haben und einigen Aufwand treiben, um das zu realisieren. Aber ganz ohne Frage sind dann Ergebnisse möglich, wie man sie sonst mit Equipment dieser Preisklasse kaum erzielen kann.
Wenn man viel Spielraum hat, um das Material nachträglich zu korrigieren, dann ist es natürlich auch nicht so schlimm, wenn die Originalaufnahmen im Grunde gar nicht so toll gelingen. Will man aber mit der BMDCC schon »fertige« HD-Bilder aufnehmen, an denen man in der Post gar nichts oder nur Kleinigkeiten korrigieren muss, dann tut man sich mit der BMDCC schwer: Dann schlägt die spartanische Ausstattung durch.

So hatte die Kamera im Test etliche Probleme mit Rottönen, die eher braun und entsättigt aufgezeichnet wurden, wenn man den Weißabgleich so wählte, dass die anderen Farben stimmten. Wohlgemerkt: Das ließ sich in der Post korrigieren, aber es gelang den Testern mit der BMDCC in verschiedenen Situationen eben nicht, gleich in der Originalaufnahme eine komplett stimmige Farbwiedergabe zu erzielen.

Schwierig ist es trotz der Hilfsfunktionen, nur mit den Bordmitteln der Kamera, die Schärfe perfekt zu kontrollieren und zu steuern: Die Tester produzierten mit der BMDCC deutlich mehr unscharfe Aufnahmen als sonst bei Kameratests üblich.

Die Lichtempfindlichkeit der BMDCC ist schlechter als etwa die der C300 von Canon. Mehr Rauschartefakte zeigten sich besonders bei erhöhter ISO-Zahl (1.600 ISO). Bei 800 oder weniger ISO sieht das Bild hingegen sehr gut, stimmig und erstaunlich rauscharm aus.

Sehen die 10-Bit-HD-Bilder der BMDCC besser aus als die 8-Bit-Bilder der C300? Wenn man von Beginn an richtig belichtet und anstrebt, schon bei der Aufnahme ein fertiges Bild zu erzeugen, dann nicht. Wenn man allerdings in der Post massiv eingreift, da haben die 10- oder 12-Bit-Bilder der BMDCC definitiv mehr zu bieten.

Die BMDCC hat keinen Global Shutter, sondern arbeitet mit dem klassischen Rolling Shutter, der bei CMOS-Sensoren üblich ist — und das kann man sehen: Bei Schwenks und rasch bewegten Objekten im Bild gibt es die bananenförmigen Verzerrungen senkrechter Linien, Blitzlichter sorgen für teilüberbelichtete Bilder.

Bei der Bewegungsauflösung sorgen natürlich die niedrigen Bildraten für nachteilige Effekte, die man eigentlich überwunden hoffte: In Europa wird die BMDCC von den meisten Nutzern wohl überwiegend mit 25 fps betrieben werden — das ist wenig, wenn sich im Zeitalter von 1080p50 befindet, und letztlich ein Rückschritt zu den Nachteilen der Filmaufnahme. Ruckel- und Stroboskopeffekte muss man bei Aufnahmen mit 25 nicht lange suchen — sie sind systemimmanent und müssen durch entsprechende Bildgestaltung/Kadrierung vermieden oder minimiert werden.

Wenn man die BMDCC so einsetzt, wie sie vom Hersteller konzipiert wurde, dann stößt sie die Tür in eine neue Ära der Filmproduktion auf, in der wesentlich mehr Augenmerk auf der Postproduction liegt. Will man sie wie einen klassischen Camcorder nutzen, dann kämpft man mit vielen Einschränkungen.

IBC2012-Video: Stuart Ashton, Director EMEA von Blackmagic Design, erläutert Konzept und Bedienung der Cinema Camera von Blackmagic Design in englischer Sprache.
Workflow

Wie bekommt man das Material von der SSD in den Rechner und wie kann man es dort bearbeiten? Eigentlich eine simple Frage, doch bei der BMDCC muss man bei der Antwort darauf differenzieren: Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob in Raw oder in ProRes oder DNxHD aufgezeichnet wurde, denn davon abhängig schlägt der Hersteller unterschiedliche Workflows vor.

Schnittstellen

Bevor es in die Postproduction geht, muss das Material erst einmal in den Rechner gespielt werden. Die komfortabelste Möglichkeit besteht darin, in den Rechner ein SSD-Laufwerk einzubauen, das die SSDs als Wechselmedien aufnehmen kann. Idealerweise sollte dieses Laufwerk mit Thunderbolt, USB-3 oder eSata-Anschlüssen ausgerüstet sein, um möglichst hohe Datenraten zu schaffen.

Wenn der Einbau eines SSD-Laufwerks in den Rechner nicht möglich oder vorgesehen ist, oder wenn andere Gründe dagegen sprechen, empfiehlt es sich, eine externe SSD-Dockingstation an den Rechner anzuschließen. Aktuell sind viele Dockingstationen mit USB-3-Schnittstellen ausgerüstet — und darüber lässt sich das Material von der SSD auch in passabler Geschwindigkeit in den Rechner einspielen. Bei USB-2-Schnittstellen muss man hingegen schon etwas mehr Zeit mitbringen, um die Files von der SSD auf den Rechner zu schaufeln.

Es gibt natürlich auch sehr günstige externe SSD-Gehäuse, die allerdings letztlich für den einmaligen Einbau einer Platte vorgesehen sind. Solche Gehäuse eignen sich definitiv nicht dafür, SSDs als Wechselmedium zu nutzen und sie ständig ein- oder auszubauen.

Die Blackmagic-Kamera ist weiter mit einer Thunderbolt-Schnittstelle ausgerüstet. Wer daraus — wie es die Tester zunächst taten — allerdings folgert, dass es möglich sein müsste, das Material auch via Thunderbolt dirket von der Kamera auf den Rechner ausgeben zu können, der liegt falsch. Per Thunderbolt kann lediglich ein Live-Signal der Kamera in den Rechner eingespielt werden. Dazu muss die mitgelieferte Software Blackmagic Media Express 3 installiert sein – im Prinzip ein einfaches Capture- und Playback-Programm.

Laut Bedienungsanleitung gibt die Kamera über Thunderbolt in jedem Fall ein unkomprimiertes 4:2:2-Signal in 1080 mit 10 Bit aus. Es ist allerdings nicht möglich, per Thunderbolt Material auszugeben, das bereits auf SSD aufgezeichnet wurde.

Bliebe noch die USB-Schnittstelle der Kamera als weitere Option, um darüber Material ausgeben zu können. Doch auch das ist lediglich eine theoretische Möglichkeit, denn der USB-Anschluss der Kamera ist nur dafür vorgesehen, Firmware-Updates auf die Kamera zu spielen — zudem wäre der USB-Anschluss letztlich auch zu langsam, um Unmengen von Daten auszuspielen.

Zusätzlich gibt es an der Kamera auch einen SDI-Ausgang, an dem die Kamera ein HD-Signal mit Embedded Audio abgibt, das beispielsweise wieder über eine HD-SDI-Capture-Karte in den Rechner eingespielt werden kann. Doch dieser Baseband-Weg ist natürlich nicht sonderlich elegant.

ProRes-/DNxHD-Workflow

Ist das Material erst einmal auf dem Rechner angelangt, gibt es unterschiedliche Workflows. ProRes– und DNxHD-Aufnahmen können direkt in die entsprechenden NLE-Systeme importiert werden. Das ProRes-Material aus dem Praxistest bearbeitete die Redaktion direkt in Adobe Premiere CS6 und mit Final Cut 7. Mit beiden Editoren ist es möglich, direkt auf die aufgezeichneten Quicktime-Files zuzugreifen. Das geht schnell und bequem, allerdings ist es bei einer Real-Live-Produktion aufgrund der oben beschriebenen Einschränkungen bei der Aufzeichnung (Weißabgleich, Blende) unrealistisch, das ProRes- oder DNxHD-Material schnell und direkt verarbeiten und wieder ausgeben zu können: Man wird es nachbearbeiten und auch farbkorrigieren müssen.

Raw-Workflow

Wer die Blackmagic-Kamera wirklich optimal ausnutzen will, wird mit der Kamera Raw-Files aufzeichnen. Blackmagic empfiehlt bei der Aufzeichnung in Raw folgenden Workflow: Nach der Aufzeichnung soll die bespielte SSD ins Laufwerk des Rechners eingelegt, das Material eingespielt und mit der Grading-Software Resolve (Test) geöffnet werden, die alle Käufer der BMDCC mit der Kamera erhalten. In Resolve 9 soll dann eine erste, grobe Farbkorrektur stattfinden, bevor das Material dann für den Schnitt in ProRes oder DNxHD exportiert wird, um es in einem entsprechenden NLE-System zu schneiden. Nach dem Schnitt in einem beliebigen Editor empfiehlt Blackmagic die Ausgabe eines XML oder AAF-Files, das dann wiederum in Resolve importiert werden soll, um dort den Schnitt mit den hochwertigeren DNG-Raw-Files zu konformen. Dieser Weg ist letztlich genau so aufwändig, wie er sich anhört.

Zum einen muss der Rechner ordentlich Horsepower bieten, wenn man das Raw-Material auch nur annähernd in Echtzeit bearbeiten will. Als Resolve-Testsystem kam ein Macbook Pro mit 2,2 Ghz-i7-Prozessor und 8 GB RAM zum Einsatz, in dem als GPU eine ATI Radeon 6750M Grafikkarte mit 1 GB VRAM steckt. Mit diesem Rechner war es nicht möglich, das Raw-Material in Echtzeit wiederzugeben. Der Laptop schaffte allenfalls Bild für Bild mit einer durchschnittlichen Rate von 7 fps.

Auch ein stationärer iMac mit 3,1 GHz (Intel Core i5) und 16 GB RAM gerät durchaus ins Stocken, wenn er das Raw-Material wiedergeben soll. Von Echtzeit kann keine Rede sein.

Kurzum: Wer sich für diesen Workflow entscheidet, muss also in jedem Fall in einen leistungsfähigen Rechner investieren, wenn er einigermaßen flüssig arbeiten will. Mit einem normalen Laptop oder einem Desktop-Rechner der Mittelklasse kommt man nicht weit: Nur ein aufgerüsteter Rechner, am besten mit Zusatz-Hardware bestückt, führt zu akzeptablen Arbeitsbedingungen.

Zweiter Knackpunkt: Die Software Resolve erschließt sich nicht vollkommen intuitiv und mühelos von selbst — man braucht schon etwas Zeit und Energie, um damit arbeiten und sinnvolle Ergebnisse errreichen zu können.

Blackmagic empfiehlt den Workflow über Resolve auch dann, wenn in DNxHD oder ProRes mit Film-Log aufgezeichnet wurde. Dafür sieht Resolve einen Button vor, der es ermöglicht, das unkorrigierte Material mit einem Klick innerhalb von Resolve in den HD-Farbraum (gemäß REC 709) zu übertragen.

Fazit

Man kann mit der BMDCC eine hohe Bildqualität erreichen und sich neue Möglichkeiten der Look-Gestaltung eröffnen — aber man zahlt einen Preis dafür: Das Drehen ist letztlich wegen der spartanischen Ausstattung, des schwierigen Handlings und der schlechten Ergonomie der Kamera mühsam und auch ungenauer, da man ja »nur« Rohmaterial sammelt.

Der Zielmarkt der BMDCC liegt aus Sicht der Tester eindeutig in der szenischen Indie-Produktion: Hier kann die Kamera ihre Vorteile ausspielen. Überall, wo es um zeitkritische Produktionen geht, womöglich in Kombination mit mobilem Schnitt, gibt es bessere Lösungen. Die BMDCC ersetzt keinen Camcorder, sondern ist eine andere Art von Kamera, wie ja eingangs ausführlich beschrieben.

Die Tester glauben, dass die BMDCC in ihrer derzeitigen Form letztlich nur für die Anwender wirklich interessant ist, die sich auf Raw-Aufnahmen kaprizieren wollen und sich zumindest in groben Zügen auf den dafür von Blackmagic vorgeschlagenen Workflow einlassen können und wollen. Die enge Anbindung der Kamera an einen leistungsfähigen, modernen Rechner ist in jedem Fall notwendig und unerlässlich, wenn man sinnvoll mit der BMDCC arbeiten will.

»You get what you pay for«, so heißt es griffig im englischen Sprachraum: Das gilt eben auch für die BMDCC. Für den extrem preisgünstigen Anschluss an die Raw- und Filmlook-Welt, den die Kamera auf der einen Seite bietet, muss man massive Komforteinbußen beim Handling der Kamera in Kauf nehmen. Viele feiern die BMDCC als DSLR-Killer — aber weist die BMDCC in der hier getesteten, ersten Version nicht viele Problemfelder auf, die man von der DSLR-Filmerei her kennt: mangelhafte Tonfunktionalität etwa und ein Display, das nicht so recht zur Bewegtbildbeurteilung taugt? Den Bedarf an umfassendem Zubehör, um aus der Kamera überhaupt ein einigermaßen komfortables, drehfertiges Setup zu bauen? Den Zwang, Umwege zu gehen und ungewöhnliche Sonderlösungen zu bauen oder zu kaufen, um mit Eigenheiten wie den Klinkenbuchsen für externe Tonsignale klarzukommen? Den Rolling Shutter?

Viele der genannten Kritikpunkte können mit möglicherweise kommenden, neuen Software-Versionen für die BMDCC abgemildert oder gelöst werden. Was sich aber bei bestehenden BMCCs nicht per Software-Upgrade wird lösen lassen, das ist die etwas seltsame Kombination aus Sensorgröße und EF-Mount, für die sich Blackmagic entschieden hat. Hier bringt das schon angekündigte MFT-Modell eine eigentlich bessere Kombination, die aber den Profis unter den Anwendern noch weniger schmecken dürfte. So muss sich Blackmagic bei zukünftigen Kameramodellen entscheiden, wo man hin will: Nach oben mit größerem Sensor und vielleicht sogar einer PL-Mount-Version, oder in die Breite, durch Verfeinerung des MFT-Konzepts und einen kompakteren, leichteren Body.

Wahre Jubelstürme rief auch seit der ersten Ankündigung der vergleichsweise niedrige Preis der BMDCC hervor. Allerdings sollte man dabei nicht vergessen, dass man mit der Kamera im »Out of the Box«-Zustand nur relativ wenig anfangen kann. Man muss mit den SSDs relativ teure Speichermedien erwerben, von denen man auch mehrere besitzen muss, weil man ja von der Kamera keine detaillierte Info bekommt, ob man noch ausreichend Platz für weitere Aufnahmen hat und man in der Kamera keine Clips löschen kann. Außerdem ist es natürlich sicherer, wenn man nicht das gesamte Material eines Drehtags auf nur einem Wechselmedium hat, das ja auch mal kaputt gehen kann.

Weil man die SSDs an den Rechner anschließen muss, da man anders nicht auf die aufgezeichneten Files zugreifen kann, ist natürlich ein SSD-Dock sinnvoll.

In der Realität wird man auch ohne externe Zusatzakkus irgendeiner Art kaum ernsthaft mit der Kamera arbeiten können. Dann kommt noch ein Cage oder sonstiges Rig-Equipment — vielleicht auch ein passendes Schärfenrad — hinzu, wenn man nicht ausschließlich vom Stativ drehen will.

Ein leuchtstarker Monitor oder Sucher mit HD-SDI-Eingang ist zweifellos eine sinnvolle Ergänzung, wenn man hie und da auch ungewöhnlichere Kamerapositionen wählt und auch bei hellem Tageslicht das Kamerabild beurteilen will.

Eventuell ist eine Ergänzung der eigenen EF-Objektivpalette am weitwinkligen Ende nötig, weil ja die Kombination aus EF-Mount und Sensorgröße einen Verlängerungsfaktor bei den Optiken mit sich bringt.

Reicht die vorhandene Rechnerleistung und I/O-Ausstattung aus, um vernünftig mit Resolve arbeiten zu können — womöglich mit Raw-Material — oder sind hier weitere Nachrüstungen nötig? Allein schon ein Thunderbolt-Kabel bekommt man kaum unter 40 Euro.

Rechnet man all die Neben- und Folgekosten zusammen, stellt sich die Frage: Ist die BMDCC am Ende wirklich noch so günstig? Immerhin: Man bekommt mit Resolve eine 1.000-Dollar Software mit, ohne die man aber im Grunde auch gar nicht viel mit der Kamera anfangen kann.

Vielleicht ist die BMDCC insgesamt noch ein bisschen früh dran und nicht in allen Aspekten ausgereift — aber sie öffnet für wesentlich breitere Anwenderschichten die Tür zu einer neuen Art der Produktion. Natürlich ist das Arbeiten mit Raw-Daten derzeit noch langsam und umständlich, die Datenmengen überfordern die Infrastrukturen der meisten Anwender — aber kommt uns das nicht bekannt vor? Gab es diese Diskussion nicht auch bei der Einführung von HD? Wurde da nicht ganz ähnlich über die im Vergleich zu SD viel größeren Datenmengen gestöhnt? Und heute kann jeder bessere Laptop HD-Material verarbeiten.

So ist die BMDCC als Kamera im praktischen Einsatz heutzutage für die meisten Anwendungen nicht wirklich zu empfehlen: Aber sie hat eine Signalwirkung für einen Wechsel in der Produktionsweise und es deutet sich an, dass das Arbeiten mit Raw-Material schon in naher Zukunft nicht nur im High-End stattfinden wird. Wer jetzt schon üben will, dem wiederum kann man dafür die Cinema Camera durchaus empfehlen.

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Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

Bildrechte
Nonkonform (35) Blackmagic Design (6 Kamera-Screens und 1 technische Zeichnung), Arri (3), Chrosziel (2), Zacuto (5)

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