Messe, Top-Story: 11.05.2004

NAB2004: Neue Objektive, bessere Tools

Auch bei vielen während der NAB 2004 neu vorgestellten Objektiven gilt: HD ist dank interessanter Preise auch für die SD-Welt eine Alternative. Außerdem gibt es einen neuen Ansatz für effektive Scharfstellhilfen. Und das größte Zoomobjektiv aller Zeiten für den Broadcast-Markt.

Canon zeigte mit dem XJ22x7.3B eine Studio-HD/SD-Optik mit neuem Konzept: Das Gehäuse ist kleiner und kompakter, damit folgt die Optik dem Trend, dass auch im Studio und bei Außenübertragungen immer weniger klassische, große Studiokameras eingesetzt werden, sondern zunehmend die kompakteren Schulterkameras: So baut etwa Ikegami gar keine speziellen Studioversionen seiner neuesten Kameratypen mehr, sondern bietet eine käfigartige Brücke an, in die sich Schulterkameras einsetzen lassen. Auch Thomson geht diesen Weg.

Die Baugröße der Optik soll sich aus Sicht von Canon an diesen Trend anpassen und ebenfalls kleiner werden. Die Länge des XJ22x7.3B beträgt deshalb nur noch 336 mm, das Gewicht liegt bei rund 6 kg. Canon hebt hervor, dass das Objektiv beim Scharfstellen kaum pumpe. Weitere Eckdaten: Dank des integrierten Encoder-Servo-Systems wurde die maximale Servo-Geschwindigkeit verbessert, beim Zoom auf 0,5 s, beim Fokus auf 1,5 s. Zudem lässt sich das Objektiv dank des neuen Encoders auch besser und direkter in virtuelle Studio-Applikationen integrieren: Je nach Anwendung kann auf zusätzliche Abnehmersysteme zur Erfassung der Objektivposition verzichtet werden. Weiter ist das neue Studioobjektiv mit einem Informations-Display bestückt, wie es Canon auch bei einigen ENG-Objektiven anbietet. Darauf lässt sich ablesen, was gerade am Objektiv eingestellt ist. Der Kameramann kann mit Hilfe des Displays ähnlich wie bei einem Handy alle bekannten und zusätzlich auch noch einige neue Digital-Funktionen des Objektivs einstellen und durch das hierfür vorhandene Menü navigieren.

Ebenfalls neu ist bei Canon die Studio-Optik XJ23x7B, im Prinzip der Nachfolger der 21fach-SD-Optik. Das neue Objektiv XJ23x7B ist im Unterschied dazu nun aber auch HD-tauglich, obwohl es nur rund 2.000 Euro teurer ist als die Vorgängerversion.
Eine weitere Canon-Neuheit ist das HJ8x5.5B KLL-SC, eine Weitwinkel-Ergänzung des HD-Cine-Line-Ups.

Neu im ENG-Bereich ist das HD-Objektiv HJ22ex7.6B, das rund 34.000 Euro kostet und das 21fach-Objektiv in diesem Bereich ersetzt. Auch neu: Das J35ex11B, das bei Canon das 33fach-Objektiv ablöst, aber trotz des höheren Zoomfaktors den gleichen Preis wie das Vorgängermodell hat.

Mit dem ACV-235 stellt Canon zudem einen anamorphotischen Konverter vor, der zwischen HD-Objektiv und Kamera passt und die Aufzeichnung von CinemaScope-Bildern mit einer HD-Videokamera ermöglicht.

Eine Fujinon-Neuheit ist das HD-ENG-Zoomobjektiv HA25x16.5BERD für den Einsatz mit 2/3-Zoll-HD-Kameras. Das Objektiv wiegt 2,9 kg und lässt sich ohne Stützbrücke verwenden. Es ist besonders geeignet für den Einsatz mit kreiselstabilisierten Plattformen (Gyro-Systemen), wie sie bei Flugzeug- oder Hubschrauberaufnahmen oft zum Einsatz kommen. Aber auch bei Dokumentarfilmdrehs, wo es auf ein geringes Gewicht ankommt, sieht man bei Fujinon Einsatzgebiete für das neue HA25x16.5. Die maximale Brennweite des Objektivs liegt bei 826 mm, wenn der 2fach Extender zugeschaltet wird. Das Objektiv ist mit Fujinons DigiPower-Servosystem ausgerüstet, das Memory- und andere Digitalfunktionen bietet. Es unterstützt 16:9- wie auch 4:3-Aufnahmen. Zur Standardausrüstung des Objektivs gehören RS-232-Steuer/Diagnose-Anschluss sowie ein 2fach-Extender. Optional lässt sich das Objektiv mit dem Bildstabilisierungssystem TS-P41A kombinieren.

Seine bestehende Produktlinie von Prime-Objektiven der Cine Super Style E-Serie ergänzt Fujinon mit dem HAeF-10. Es schließt die Lücke zwischen dem 8- und dem 12-mm-Objektiv dieser Festbrennweiten-Baureihe. Das Objektiv hat den gleichen Frontdurchmesser wie die anderen Objektive dieser Serie. Nun umfasst Fujinons Prime-Familie neun Objektive, zusätzlich bietet der Hersteller in diesem Hochleistungsbereich auch noch Zoomoptiken an.

Für die aufkommenden digitalen Single-Chip-Cine-Kameras hat Fujinon ebenfalls ein Objektiv entwickelt: ein 12 x 23,5 mm Zoom mit PL-Mount. Für noch speziellere Anwendungsfälle hat Fujinon ein 5 x 7 mm HD-Objektiv optimiert: Es ist für den Einsatz bei 3D-Aufnahmen bestimmt, zwei solche Objektive können mit einem Achsabstand von 7,5 cm montiert, betrieben und bedient werden, was dem durchschnittlichen menschlichen Augenabstand entspricht.

Das Focus-Assist-System, das Fujinon während der vergangenen Messen in früheren Entwicklungsstadien gezeigt hatte, ist nun für das 101-fach-Broadcast-Objektiv (XA101x8.9 BESM) sowie für das HD-Weitwinkel-Zoomobjektiv HA13x4.5BRD-S28K verfügbar.

Focus Assist ist kein Autofokus-System, sondern ein Hilfsmittel, das es dem Operator erleichtert, die optimale Schärfeposition zu finden. Focus Assist erlaubt es, Größe und Position eines Bildausschnitts zu definieren, auf dem die Schärfe liegen soll. Bei der großen Version des Systems, das mit dem 101fach-Zoom gezeigt wurde, geschieht das mit einem Trackball, beim kleineren System kann per Tastendruck zwischen mehreren festgelegten Messfeldpositionen gewechselt werden. Je nach verwendeter Kamera wird dann im Sucher oder mit einem separaten LED-Display angezeigt, ob der definierte Bildbereich mit optimaler Schärfe abgebildet wird. Der Operator kann zwischen manuellem oder automatischem Betrieb wählen. In der manuellen Betriebsart wird die Information einfach nur angezeigt, der Kameramann stellt selber scharf. Im Automatik-Modus übernimmt Focus Assist die Kontrolle und stellt die optimale Schärfe auf den zuvor definierten Bereich selbsttätig ein. Das Focus Assist System ist nicht nachrüstbar, es muss gleich bei der Objektivbestellung mit geordert werden, es handelt sich also um spezielle Versionen der Objektive. Technisch funktioniert Fujinons Focus Assist so: Ein teildurchlässiger Spiegel lenkt einen Teil des Lichts auf zwei CCD-Sensoren, mit deren Hilfe die Schärfeinformation ermittelt wird. Beim 13fach-Zoom wird der Spiegel anstelle des 2fach-Extenders eingebaut, beim 101-fach gibt es dafür genug Platz im Objektivgehäuse.

Auch beim Stabilizer, den Fujinon für die optische Bildstabilisierung entwickelt hat, gibt es Weiterentwicklungen: Der TS-P48 ist bei gleicher Funktionalität gegenüber früheren Modellen flacher und kleiner, von der Bauform besser in die Kamera integriert. Er kann nun auch ohne größere Einschränkungen beim Handling der Kamera im Schulterbetrieb eingesetzt werden.

Panavision präsentierte zur NAB2004 ein HD-Zoomobjektiv mit dem bisher unerreichten Zoomfaktor von 300. Die proprietäre Technologie des Objektivs hat Panavision nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren entwickelt. Panavision sieht für das Zoomobjektiv großes Potenzial in der Sportberichterstattung, aber auch bei Spielfilmen, Weltraum-Missionen oder militärischen Einsätzen. Der Brennweitenbereich des Panavision-Monsterzooms reicht von 7 bis 2100 mm, beim Durchfahren des Zoombereichs ändert sich die maximale Öffnung kontinuierlich von F1.9 auf F 13, die minimale Objektdistanz beträgt 2,5 m.

Zeiss ergänzt seinen Festbrennweitensatz der Digi-Prime-Reihe mit einem Zoomobjektiv: mit dem Brennweitenbereich 6 – 24 mm. Die maximale Öffnung des Zooms beträgt T1.9, durchgehend über den gesamten Zoombereich.

»Dieses Zoomobjektiv deckt 2/3 der Einstellungsgrößen ab, die bei TV-Movie-Produktionen genutzt werden,« erläutert Gerhard Baier von Band Pro, wo der Vertrieb der Zeiss-Cine-Objektive liegt.
Das Objektiv ist mit einer Länge von 249 mm relativ kompakt und hat mit 2,2 kg auch ein akzeptables Gewicht. Dadurch eignet sich das Objektiv auch für Steadicam oder Handkamera-Einsätze, bringt mit dem entsprechenden Zubehör zudem die richtigen Voraussetzungen für Studio-Anwendungen mit. Zeiss hat darauf geachtet, dass sich das Zoomobjektiv vom Design her nahtlos ins Festbrennweiten-Line-Up einreiht: So sitzt etwa der Fokus-Zahnring an der selben Stelle wie bei den Primes, auch der Frontdurchmesser ist gleich wie bei den Festbrennweiten. Zeiss will das Zoomobjektiv ab dem Jahresende 2004 ausliefern, der Nettopreis soll unter 50.000 Euro liegen.

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