Messe, Top-Story: 28.04.2008

NAB2008-Trend: Überall Flash-Speicher

film-tv-video.de selbst drehte seine Videoreports während der NAB2008 mit einem festspeicherbasierten System — und lag damit voll im Trend: Festspeichersysteme waren während der Messe omnipräsent, neben die schon bekannten Speicherkarten traten auch neue Varianten.

Vieles deutet darauf hin, dass in Zukunft Festspeicher-Medien auch im professionellen Videobereich das Speichersystem der Wahl sein werden (siehe auch Kommentar hierzu). Zum schon etablierten P2-Standard von Panasonic gesellten sich im vergangenen Jahr die SxS-Karten von Sony und zunehmend werden im Profibereich auch CompactFlash-Karten eingesetzt, um Videosequenzen zu speichern — etwa bei Infinity von Thomson und bei den Kameras von Red. Panasonic bringt nun neben P2 auch deren Basis, die SD-Speicherkarte, in den unteren Profibereich (siehe Videoreport). Mit den GF-Paks bietet Toshiba in Zusammenarbeit mit Ikegami eine weitere Variante an, die im jüngsten bandlosen Camcorder von Ikegami zum Einsatz kommen soll.

JVC will in Kürze einen andockbaren Festplattenrecorder auf den Markt bringen, der auch einen SD-Karten-Slot bietet. Mit diesem Gerät wird es für JVC-Anwender möglich, parallel auf Kassette, Festplatte und SD-Karte aufzunehmen und zwischen diesen Medien zu kopieren (siehe Videoreport). Sony zeigte am NAB-Stand in einer Vitrine einen andockbaren SxS-Adapter für seinen XDCAM HD 422-Camcorder PDW-700 (siehe Videoreport). Seit ein paar Monaten liefert Sony außerdem seine jüngsten HDV-Camcorder Z7 und S270 mit einem andockbaren CompactFlash-Recorder aus (siehe Test). Die Zeichen stehen hier eindeutig auf Flash Memory.

Selbst im anspruchsvollsten Bereich der Bewegtbildaufzeichnung wird in manchen Bereichen Flash-Speicher eingesetzt: DVC bieten den portablen Megacine-Recorder nun auch in einer SSD-Variante an: mit fix eingebautem Festspeicher. Auch bei Thomson gibt es ja mit Venom einen Flash-Recorder für den digitalen Filmbereich.

Die Flash-Memory-Welle wird kaum aufzuhalten sein — und eigentlich gibt es auch keinen vernünftigen Grund, das zu versuchen. Schließlich landet das meiste von Profis aufgenommene Bildmaterial heute sowieso auf einem PC, wo es weiter verarbeitet wird. Was liegt da näher, als bei der Aufnahme gleich computer-affine Speichermedien einzusetzen, also Festplatten oder eben Flash-Speicher?

Drei Aspekte sind dabei aber aus Anwendersicht kritisch zu sehen: Speicherkapazität, Datensicherheit und Kompatibilität. Dabei sind hier nicht abstrakte Erwägungen gemeint, sondern ganz praxisnahe Fragen.

Die Speicherkapazität der Festspeicher reichte etwa bei der Einführung von P2 noch nicht aus, um längere Drehs vernünftig bewältigen zu können: Man benötigte viele teure Speicherkarten, um ordentliche, praktikable Aufnahmezeiten zu erreichen. Dieses Problem löst sich zunehmend in Wohlgefallen auf: Aktuell hat Panasonic eine 64-GB-Speicherkarte angekündigt. P2-Camcorder sind je nach Typ mit zwei bis fünf P2-Slots ausgestattet. Ein mit fünf 64-GB-Karten ausgerüsteter P2HD-Camcorder des Typs AJ-HPX3000 kommt damit ohne Kartenwechsel auf eine Aufnahmedauer von 320 Minuten in DVCPROHD oder AVC-Intra-100. Das reicht für die allermeisten Anwendungsfälle völlig aus. Die rasche Entwicklung immer höherer Speicherkapazitäten kommt allen Flash-Speichermedien zugute, ob sie nun P2, SxS oder anders heißen.

Allerdings werden die Speicherkarten auf absehbare Zeit noch zu teuer bleiben, um sie wie Videokassetten zu benutzen und erst nach Abschluss einer Produktion — oder gar nicht — zu löschen. Vielmehr werden die Karten vorerst immer relativ kurz nach der Aufnahme, also innerhalb von Stunden oder Tagen kopiert und neu bespielt.

Wenn es aber keinen festen Träger für die Originalaufnahmen gibt, muss man dafür Sorge tragen, dass nicht im laufenden Produktionsprozess versehentlich Material gelöscht wird, das man eigentlich noch benötigt und das noch nicht kopiert wurde. Man braucht einen klaren Ablauf und vor allem auch feldtaugliches Equipment, um die Originalaufnahmen drehortnah von der Speicherkarte auf andere Träger zu kopieren.

Panasonic bietet hierfür etwa einen kleinen Fieldrecorder mit der Bezeichnung AG-HPG10 an. Dieses kompakte, mit Akku betreibbare Gerät kann P2-Karten wiedergeben und beschreiben, erlaubt das File-Management und Logging, ohne den Camcorder zu blockieren und bietet Video-I/Os, etwa HD-SDI.

Sony kann (noch) nicht mit etwas vergleichbar robustem, feldtauglichem aufwarten, zeigte aber am NAB-Stand andere Wege auf: Zum einen stellte der Hersteller mit dem PMW-EX30 einen Recorder mit zwei SxS-Slots vor, zum anderen gibt es mit dem PHU-60K einen neuen, akkubetriebenen Festplattenrecorder, der sich an einen SxS-Slot anschließen lässt. Eine andere Variante, wie es gehen könnte: In einer Vitrine am Sony-Stand lag das Produkt Companion von SPS, mit dem man SxS- und CF-Karten ohne PC auf eine in das Gerät integrierte Festplatte kopieren kann.

Genau solche Brückenprodukte fehlen derzeit aber noch an vielen Stellen. Stattdessen machen die Hersteller schon wieder erste Anstalten, den Kassetten/Videoformat-Krieg nun auf die Speichermedien zu übertragen — aber die Front bröckelt. Ein erster Schritt ist darin zu sehen, dass Fujifilm künftig P2-Speicherkarten anbieten wird und Panasonic das Preismonopol hier verliert. Hitachi hat zur NAB2008 einen P2-Camcorder angekündigt, der über ein reines OEM-Produkt deutlich hinausgeht. Natürlich mussten sowohl Fujifilm, wie auch Hitachi P2-Lizenzen bei Panasonic erwerben und darüber hat Panasonic einen gewissen Hebel, aber eine erste Öffnung ist damit immerhin schon erkennbar.

Ein Blick in andere, aber immer enger verwandte Bereiche der Technik zeigt jedoch, was möglich werden könnte: Eine weitgehende Unabhängigkeit bei der Wahl des Speichermediums. So sind etwa mittlerweile im IT-Markt von mehreren Herstellern SD-Speicherkarten verfügbar, die man aufklappen und dann wie einen USB-Stick verwenden kann. Die Verknüpfung von SD und USB in einer Einheit ist also schon Realität. Viele weitere miniaturisierte Adapter weisen in die gleiche Richtung: Sony selbst legt ja schon vielen aktuellen Consumer-Geräten einen »Memory Stick Duo Adapter« bei, um den aktuellen, kurzen Memory Stick auch in älteren Memory-Stick-Slots verwenden zu können. Vom Hersteller OCZ gibt es etwa auch den Trifecta-Adapter, der aus einer Micro-SD-Karte wahlweise eine normale SD-Karte oder einen USB-Stick macht. Der gleiche Anbieter hat auch ein Set im Angebot, das aus einer Micro-SD-Karte bei Bedarf eine CF-Karte macht.

Sicher gibt es in puncto Datenrate und Datensicherheit hier viele Aspekte, die besonders im Profi-Bereich Vorsicht und Skepsis beim Einsatz solcher Lösungen als angeraten erscheinen lassen — und vielleicht sogar vorerst die Realisierung verhindern. Aber wenn die Hersteller nur wollten, wäre hier zweifellos sehr viel mehr möglich. Schließlich kombiniert etwa jede P2-Karte vier SD-Speicherchips in einem PCMCIA-Gehäuse: In die P2-Karte sind tatsächlich vier einzelne SD-Chips eingebaut, zudem ein Controller, der die Verteilung der Daten steuert und die notwendige Bandbreite sicherstellt. So etwas kann aber ganz sicher nicht nur Panasonic realisieren.

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