Branche: 11.04.2003

NAB2003: Fragen zu Sonys Optical-Disk-Strategie

Hugo Gaggioni, Vice President Technology and Product Management bei Sony USA, beantwortet Fragen von www.film-tv-video.de zur Optical-Disk-Technologie von Sony.

film-tv-video.de: Sony setzt bei seiner jüngsten Gerätegeneration auf Optical-Disk-Technologie. Hätte ein anderes Speichermedium wie etwa Flashcard im Vergleich dazu nicht viele Vorteile? Beispielsweise ließen sich damit doch deutlich kompaktere Camcorder und auch Recorder entwerfen, was gerade im ENG-Bereich große Vorteile hätte. Warum setzt Sony dennoch auf Optical Disk, welche Vorteile bietet sie?

Hugo Gaggioni: Natürlich ist es das ultimative Ziel jedes Herstellers, Flash-Medien für die Speicherung zu nutzen, aber diese Technologie ist derzeit nicht für Broadcast-Anwendungen geeignet. Die Optical Disk, die Sony entwickelt hat, bietet eine Kapazität von ungefähr 23 GB pro Layer mit der Möglichkeit, zwei Layer auf einer Seite unterzubringen, so dass man pro Disk auf insgesamt 56 GB Speicherkapazität kommt. Flash-Speichermedien bringen es im Vergleich dazu derzeit nur auf 512 MB, manche auch auf 1 GB.
Zudem ist auch die Transfer-Geschwindigkeit von Bedeutung: Bei der Optical Disk können wir mit zwei Laser-Abtasteinheiten 144 Mbps erreichen. Flash-Speichermedien können diese Transfer-Geschwindigkeit derzeit nicht erreichen. Auch die Kosten spielen eine Rolle. Ein Flash-Medium mit einem Gigabyte Speicherkapazität, so wie es Sony zur CES 2003 gezeigt hat, kostet derzeit 800 Dollar. Der Preis einer Optical Disk ist deutlich niedriger, er ist zwar noch nicht endgültig festgelegt, wird aber unter 30 Dollar liegen.

film-tv-video.de: Die Lebensdauer der Speichermedien ist gerade für Broadcast-Anwender ein sehr wichtiges Thema. Mit 15 Jahren Lebensdauer, die Sony zunächst als Mindestdauer angab, liegt die Optical Disk nicht gerade im obereren Leistungsbereich. Wie räumen Sie diesbezügliche Bedenken der Anwender aus?

Hugo Gaggioni: Seit der ersten Ankündigung der Optical Disk gibt es neue Erkenntnisse, wir gehen nunmehr von einer Lebensdauer von etwa 30 Jahren aus.

film-tv-video.de: Der Preis fürs neue Speichermedium Optical Disk wird für den Erfolg dieser Technologie ein entscheidendes Kriterium sein, ebenso die Zuverlässigkeit des Mediums und der Geräte. Was sagen Sie den Kunden, die diese Punkte anmahnen?

Hugo Gaggioni: Ich habe den deutlich niedrigeren Preis der Optical Disk im Vergleich zu Flash-Speichermedien schon angesprochen. Auch in puncto Robustheit gibt es Vorteile: Die Disk ist in einem Gehäuse untergebracht, das die Daten vor Schmutz, Kratzern, Staub und Fingerabdrücken schützt. Zudem haben auch alle Profigeräte, die wir vorgestellt haben, einen sehr intelligenten Einzugsmechanismus, der die Disk vollkommen schützt, wenn sie eingelegt wird. Das Optical-Disk-System ist ausgesprochen zuverlässig und kann mehr als eine Million Lesevorgänge sowie mindestens 1000 Lese-/Schreib-/Lösch-Vorgänge durchlaufen. In anderen Worten: Die Disk ist deutlich widerstandsfähiger und häufiger nutzbar als etwa Band. Auch bei der Temperatur gibt es im Vergleich zu Band Vorteile: Wir geben für die Disk einen nutzbaren Bereich von 0 bis 65 Grad an, im Labor gab es sogar Disks, die Betriebstemperaturen von –20 bis zu 85 Grad überstanden haben. Bei solchen Temperaturen funktioniert kein Band mehr.

film-tv-video.de: Ikegami hat sich mit der Vermarktung seines Disk-Camcorder bislang vergleichsweise schwer getan. Was wird Sony im Vergleich dazu anders machen, worin unterscheidet sich Ihr System vom Ikegami-System, wo liegen Vor- und Nachteile?

Hugo Gaggioni: Ikegami hatte mit den Kosten des Speichermediums, also der Harddisks, zu kämpfen. Zudem mit limitierter Geschwindigkeit, mit komplexen Lese-/Schreib-Mechanismen der Harddisks sowie mit der schieren Größe der Speichermedien. All das hat dazu geführt, dass sich viele Broadcaster mit dem System nicht anfreunden konnten und lieber beim Band geblieben sind. Das Optical-Disk-System von Sony wird das ändern.

film-tv-video.de: Ist die Optical-Disk-Technologie so zukunftsfähig, dass sich damit auch HD-Applikationen realisieren lassen? Von welchen Entwicklungszeiträumen gehen Sie aus?

Hugo Gaggioni: In der nahen Zukunft werden wir HD-Geräte für andere Applikationen im Profi- und Corporate-Bereich vorstellen, und sie werden auf der Optical Disk basieren.

film-tv-video.de: Wird Sony die Optical-Disk-Technologie auch anderen Herstellern zugänglich machen? Konkret gefragt: Werden sich die Sony-Disks auch mit Laufwerken anderer Hersteller abspielen lassen. Gibt es dafür schon Pläne?

Hugo Gaggioni: Wir reden derzeit mit anderen Unternehmen, die die Sony-Technolgie verwenden wollen. Deshalb ist es gut möglich, dass es schon in naher Zukunft Geräte anderer Firmen geben wird, die auf der Technik der Optical Disk basieren. Die Frage nach der Wiedergabekompatibilität der Disk mit Geräten unterschiedlicher Hersteller hat eher etwas mit dem Content-Typ zu tun, der auf der Disk gespeichert ist, weniger mit den Geräten. Wenn die Produkte der anderen Firmen jedoch die Sony-Bitstreams, also etwa DV, MPEG IMX und HD dekodieren können, wird es kein Problem bei der Wiedergabe geben.

film-tv-video.de: Wird es ein reines PC-Laufwerk für die Disk geben oder soll die Scheibe nur in speziellen Videogeräten laufen?

Hugo Gaggioni: Es ist rein technisch möglich, PC-Drives für Blue-Laser-Disks herzustellen, es gibt aber letztlich noch weitere Faktoren, die bestimmen, ob man PC-Laufwerke herstellen wird oder nicht.

film-tv-video.de: Welche Schnittstellen sollen für den klassischen AV-Bereich und welche für den File-Transfer von und zur Disk genutzt werden?

Hugo Gaggioni: Alle Sony-Produkte verfügen traditionell über digitale und analoge AV-Schnittstellen, etwa SDI und analoge Composite-Anschlüsse. Zusätzlich integrieren wir IT-Schnittstellen wie i.Link (IEEE 1394) und Ethernet (100 Base T und 1000 Base T) für die Ausgabe von Essenz- und Proxy-AV-Daten.

film-tv-video.de: Welches File-System nutzt die Disk? Können Schnittsysteme anderer Hersteller als Sony auf die einzelnen Files zugreifen?

Hugo Gaggioni: Das Optical-Disk-System nutzt MXF-Files für die Speicherung von DV-, MPEG IMX-, Proxy-AV und Audiodaten. Wir zeigen während der NAB, wie wir mit NLE-Systemen etlicher Hersteller Daten über die Optical Disk austauschen.