Postproduction, Test, Top-Story: 03.10.2018

Edius 9: Der PC-Underdog

Edius gehört zu den weniger bekannten Schnittprogrammen für den Profi. Grass Valley setzt bei der PC-Editingsoftware auf ein klassisches Bedienkonzept und legt viel Wert auf Geschwindigkeit und Effizienz. film-tv-video.de hat Version 9 ausprobiert.

Interessant ist, dass Edius zwar seit vielen Jahren im Windschatten von Media Composer, Premiere und Resolve läuft, sich aber dennoch stets behaupten konnte. Der Test zeigt, dass es dafür etliche Gründe gibt.



HDR und Farbkorrektur

Edius unterstützt eine große Bandbreite an Video- und Raw-Formaten. Die meisten Neuerungen hat Edius 9 in Zusammenhang mit neuen Formaten und HDR-Bearbeitung bekommen. Dabei werden jetzt PQ- und HLG-Gammakurven und zahlreiche neue Formate, wie Canon Raw Light oder das Raw-Format von Sonys Venice-Kamera hinzugefügt. Auch Apple ProRes-Dateien im MXF-Container können jetzt geladen werden, das ProRes Raw-Format allerdings noch nicht. Außerdem gibt es eine neue Farbverwaltung und Edius unterstützt wichtigen Farbräume, darunter auch BT.2020, BT.2100 sowie Arri- und DCI-Farbräume.

Edius bietet den nativen Export von 10-Bit-H264-Dateien für Youtube.

Das auffälligste praktische neue Feature sind die neuen Scopes; so steht jetzt auch ein Histogramm und eine Parade-Anzeige zur Verfügung. Das Scopes-Fenster bietet mehr Optionen zur individuellen Einstellung und lässt sich frei skalieren. Dazu gibt es auch die Möglichkeit, die Helligkeit in Nits anzuzeigen. Dabei gibt es die Option, SDR in HDR-kompatible Formate umzuwandeln.

Die Einhaltung des EBU-R.128-Standards sicherzustellen ist nur mit der Workgroup-Version.

Auch H265-Dateien können bearbeitet werden, wenn das System Intel Quicksync unterstützt. Edius Workgroup verfügt jetzt über eine mit Monitor-Kontrolle für Eizo HDR-Monitore. Für die Farbkorrektur gibt es neben automatischem Weißabgleich einen Farbtemperatur-Regler in der primären Farbkorrektur und eine 3-Wege-Farbkorrektur. In dieser können die Korrekturen auf Farbton, Sättigung und Luminanz beschränkt werden. Eine sekundäre Farbkorrektur kann über das Maskenfenster aktiviert werden. Auch YUV-Kurven stehen zur Verfügung; sie sind allerdings etwas klein geraten.

 

Performance und Export

Eine große Stärke von Edius ist die Performance und die Stabilität. Der Schnittbetrieb läuft flüssig, Edius regiert sofort auf Kommandos, ist unter Windows 10 in drei Testprojekten keine einziges Mal abgestürzt. Alles läuft ohne Ruckeln, auch bei UHD-Dateien im 10 Bit H264 Codec und wenn etliche Effekte auf einem Clip liegen. Der Export eines 3-Minuten-Berichtes mit einigen Farbkorrekturen, einem Titel und einer Grafik in eine H264-Datei mit 12 Mbit pro Sekunde dauerte 1:54 Minuten (gerechnet im Normal-Modus). Dasselbe Projekt mit ähnlichem Titel, Grafik und einfachen Farbkorrekturen dauert aus DaVinci 2:26 und aus Premier Pro 2:24 Minuten. Außerdem unterstützt Edius neben allen gängigen Formaten auch 10-Bit-H264-Dateien (HDR) mit den entsprechenden Metadaten (VP9 Profil 2), die auch Youtube erkennt. Neu ist auch, dass 10-Bit-XAVC-Dateien exportiert werden können.

Die Daten lassen sich direkt auf DVD oder Blu-ray brennen. Für die Kooperation mit anderen Programmen können AAF- und EDL-Files ausgegeben und zusätzlich noch P2-Playlists, XDCAM– und FCP-XML-Dateien importiert werden. Neben eigenen Presets kann die Lautheit beim Export auf EBU R.128 normalisiert werden. Die Summe der Audiokanäle kann zwar gesondert exportiert werden, eine Option zum Herausrechnen aller Spuren einzeln gibt es aber im Exportfenster nicht. Wer DCP exportieren will, benötigt dafür ein gesondertes Tool von Grass Valley. Für das Erstellen von Proxys gibt es drei Größen; diese werden automatisch verwendet, wenn der Modus aktiviert wird.

Fazit

Ein großer Sprung ist Edius 9 vor allem bei den unterstützen Formaten und den Optionen für die HDR-Bearbeitung – also bei der Funktionalität unter der Haube. Neben den neuen Videoscopes bietet das Update nur wenig Verbesserungen in der tatsächlichen, praktischen Arbeit mit der Oberfläche. Der Konkurrenz hinterher ist Edius gerade bei der Tonbearbeitung und bei mittlerweile zum Standard gehörenden Möglichkeiten wie der automatischen Synchronisation von Audio- und Multicam-Dateien, dem Schnitt während der Wiedergabe, bei Filtern wie einem Rauschentferner, einem Limiter oder einem anständigen EQ. So bleibt auch Edius 9, was es schon lange ist: ein schnelles und stabiles Schnittprogramm ohne viel »Schnickschnack«, das sich hauptsächlich auf den reinen Schnittbetrieb konzentriert und wenig auf die Effekt- und Tonbearbeitung.

Seite 1: Eckdaten, Mync Medienmanagement, Oberfläche
Seite 2: Audiobearbeitung, Effekte, Compositing
Seite 3: HDR, Farbkorrektur, Performance, Fazit