Messe, Top-Story: 29.04.2008

NAB2008-Trend: Service als Produkt

Die einen früher, die anderen später: Immer mehr Firmen im Broadcast-Bereich versuchen, sich vom reinen Produkthersteller und -lieferanten zum Integrator und Service-Anbieter zu wandeln.

Als Sony vor ein paar Jahren ankündigte, man werde den Bereich »Professional Services« betonen und ausbauen, da waren viele noch skeptisch, ob dies der richtige Weg für das Unternehmen sein könne — und noch ist weder das eine, noch das andere wirklich bewiesen. Mittlerweile hat sich aber die Haltung anderer Unternehmen zu diesem Thema massiv gewandelt: Die Aktivitäten als Systemintegrator und Komplettanbieter, die bei den Herstellern neben Sony vielleicht Thomson am intensivsten betreibt, spielten während der NAB2008 bei vielen weiteren Unternehmen eine Rolle. Dieser Bereich wird als strategisch wichtiges Standbein gesehen und entsprechend hervorgehoben: »Professional Services« sollen künftig etwa auch bei Avid, Quantel, Autodesk und der Silex-Tochterfirma David Systems eine wachsende Rolle spielen.

Die Hersteller von Hard- und Software positionieren sich also zunehmend auch als Systemintegratoren, die im Auftrag ihrer Kunden auf der Basis eigener und fremder Komponenten komplette Systeme aufbauen. Teilweise treten die Firmen sogar als Generalunternehmer auf und bieten den Sendern die komplette Abwicklung von Projekten, wie den Bau neuer Studios, Playout-Zentren oder Newsrooms an.

Damit brechen die Hersteller nun endgültig auf breiter Front in das Betätigungsfeld der Systemhäuser ein, wo nach einigen Turbulenzen der vergangenen Jahre in Deutschland Spezialisten wie BFE und MCI übrig geblieben sind, die sich mit Großprojekten befassen, sowie eine Reihe kleinerer Planungs- und Installationsfirmen, die Medieneinrichtungen, Studios und Ü-Wagen planen und bauen.

Hier befindet sich ein Markt im Umbruch und zusätzlicher Druck kommt auch aus dem Händlerbereich. So hat etwa Wellen + Nöthen das Feld eines klassischen Händlers längst verlassen und sich diversifiziert, unter anderem auch in den Bereich Systemintegration. Andere wollen es dem Kölner Unternehmen gleichtun und positionieren sich mit Allianzen und Kooperationen als Komplettanbieter, die nicht nur einzelne Komponenten liefern, sondern ganze Projekte aus einer Hand anbieten können: Planung, Produkte, Installation, Integration, Vernetzung und Inbetriebnahme (siehe auch Videoreport zu Händlerallianzen).

Der Hintergrund dieser Entwicklung liegt in den schrumpfenden Margen beim Verkauf von Hard- und Software sowie darin, dass es eben heute meist gar nicht mehr um die Installation von Video-Equipment geht, sondern um »Broadcast-IT«-Projekte, bei denen die enge Verknüpfung von klassischem Produktions-Equipment mit PCs und Softwares an praktisch allen Stellen der Produktionskette gefordert ist.

»Normale« IT-Firmen sind damit oft überfordert, ihnen fehlt meist das tiefere Verständnis der Produktionsabläufe, sie sehen darin lediglich einen abstrakten »Prozess«, der optimiert werden soll: Ohne genau zu verstehen, was dafür etwa auch in puncto technischer Zuverlässigkeit bei gleichzeitiger Flexibilität und kreativem Freiraum nötig ist, kann man hier aber keine optimale Lösung erreichen. Andererseits erfordern »Broadcast-IT«-Projekte auch andere Fähigkeiten, als nur ein paar BNC-Kabel zu verlegen.

Daraus, dass das Equipment auf breiter Basis immer preisgünstiger wurde, während es gleichzeitig immer komplexer wird, die Komponenten zu einem zuverlässigen Ganzen zu kombinieren, resultiert letztlich der Drang etlicher Marktteilnehmer, ihr Geld mit »Professional Services« zu verdienen.

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