Broadcast, Olympia, Report, Top-Story: 08.08.2016

Olympia Rio 2016 — bei ARD und ZDF

2016 findet das größte Sportereignis der Welt erstmals in Südamerika statt: Damit schreiben die diesjährigen Olympischen Sommerspiele in jedem Fall schon mal Geschichte. ARD und ZDF berichten gemeinsam aus Brasilien und arbeiten dabei unter anderem mit Remote-Production-Workflows. film-tv-video.de hat mit Technik-Verantwortlichen dieser Großproduktion gesprochen.

Bei den nächsten Olympischen Spielen werden ARD und ZDF nach aktuellem Stand keine eigenen Übertragungsrechte besitzen, anders als in früheren Jahren. Über Sublizenzen wird noch verhandelt.

Lage bei ARD und ZDF

Das Wettbieten um die Rechte für die Übertragung Olympischer Spiele im deutschen Sendegebiet konnten ARD und ZDF in den vergangenen Jahren stets für sich entscheiden. Nach aktuellem Stand gibt es hier nun zumindest eine Zäsur: Das IOC unter Leitung von Thomas Bach hat Mitte 2015 ein über mehrere Jahre laufendes, länderübergreifendes Paket aus TV- und Multi-Plattform-Übertragungsrechten für Europa an Discovery Communications verkauft. Das Paket umfasst insgesamt vier Ausgaben der Olympischen Spiele von 2018 bis 2024, das sind je zwei Sommer- und Winterspiele. ARD und ZDF gingen in den direkten Verhandlungen mit dem IOC leer aus.

Einen Teil der Rechte hat Discovery mittlerweile an europäische Partner sublizenziert. Für Österreich, die Schweiz und für Großbritannien gibt es schon Vereinbarungen, für Deutschland allerdings noch nicht. Für die deutschen Zuschauer ist somit noch offen, über welche Kanäle sie die nächsten Olympischen Spiele verfolgen können.

Die offiziellen Stellen von ARD und ZDF haben sich zu dieser Situation schon mehrfach mit Bedauern geäußert, offiziell verhandeln Discovery und die öffentlich-rechtlichen noch miteinander, aber allem Anschein nach befinden sich die Verhandlungen in einer Sackgasse. Es bleibt also abzuwarten, ob sich vielleicht doch noch etwas tut. Und natürlich sind auch die technisch und inhaltlich Verantwortlichen bei den Sendern über den möglichen Wegfall der Olympischen Spiele aus dem eigenen Programm unfroh.

»Wir haben über die Jahre unsere technischen und organisatorischen Workflows immer weiter verbessert und dieses Mammutprojekt stets aufs Neue gestemmt — und natürlich hätten wir diese Herausforderung auch in der Zukunft gern wieder angenommen«, erklärt Gunnar Darge vom ZDF. »Nun müssen wir uns mit der aktuellen Situation abfinden und wollen natürlich in Rio noch einmal zeigen, dass wir es können«, konstatiert Dieter Thiessen.

Die Olympischen Spiele haben begonnen, ARD und ZDF sind on Air. Hier die Subregie fürs Reiten.

Bei ARD und ZDF geht man davon aus, dass man auf die Rahmenbedingungen in Brasilien gut vorbereitet ist und man befürchtet keine größeren Probleme. »Wir befinden uns in Bezug auf die Spiele in Rio in positiver Grundstimmung und freuen uns auf eine umfangreiche, spannende Berichterstattung«, erklärte Dieter Thiessen im Vorfeld der Spiele. Gunnar Darge ergänzt: »Natürlich gibt es bei einer so umfangreichen Produktion immer wieder das eine oder andere Problem, aber bisher konnten wir alles rasch lösen und liegen auch im Zeitplan.«

Programme bei ARD und ZDF

ARD und ZDF berichten im täglichen Wechsel von den Olympischen Spielen in Brasilien. Die Klammer für die umfassende Live-Berichterstattung, die bei den Sendern an den jeweiligen Olympia-Tagen einen Großteil des Programms ausmacht, bilden Moderationen aus dem Olympia-Studio in Rio. Die einzelnen Wettbewerbe werden von Sportredakteuren kommentiert.

Vom Beginn des Wettkampftages bis zu dessen Ende, jeweils am frühen deutschen Morgen, gibt es etwa im ARD-Programm durchgängig Live-Sport, unterbrochen nur durch aktuelle Ausgaben von »Tagesschau« und »Tagesthemen«. Die Live-Berichterstattung wird vom Olympia-Studio aus im Wechsel moderiert von Alexander Bommes und Gerhard Delling. Hierbei will der Sender die Live-Ereignisse durch Zusammenfassungen, Studiogäste und kritische, wie unterhaltsame Hintergrundberichterstattung ergänzen.

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An den ZDF-Olympia-Tagen können die Zuschauer in Deutschland jeweils von mittags bis in die frühen Morgenstunden die sportlichen Ereignisse in Brasilien live verfolgen.

Auch an den ZDF-Olympia-Tagen können die Zuschauer in Deutschland jeweils von mittags bis in die frühen Morgenstunden die sportlichen Ereignisse in Brasilien live verfolgen. Die Live-Sendungen im ZDF moderieren Katrin Müller-Hohenstein und Rudi Cerne.

Vormittags bieten ARD und ZDF eine zusammenfassende Sendung an, in der die sportlichen Highlights aus der jeweils vorangegangenen Nacht zusammengefasst und aufbereitet werden.

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In der Nacht von Sonntag auf Montag, den 8. August 2016 gab es im IBC einen Feueralarm, der alle Broadcaster betraf. Das IBC musste geräumt werden, aber nur für kurze Zeit. Katrin Müller-Hohenstein kündigte die Unterbrechung der Sendung aus dem Studio an.

Olympia-Studio im Olympia-Park in Barra

Ein zentrales Element der Berichterstattung aus Rio ist das gemeinsame Studio von ARD und ZDF, das im Olympic Parc im westlich gelegenen Stadtteil Barra aufgebaut wurde (Parque Olimpico da Barra). Das 100-Quadratmeter-Studio beeindruckt durch ein Panoramafenster, das den Blick freigibt auf die Olympia-Schwimmhalle und den Olympia-Boulevard.

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Rio ist voll auf Olympiakurs: Das sagen zumindest die offiziellen Stellen.

Das fast vollständig verglaste Studio soll die Zuschauer direkt ins Geschehen versetzen, die Nähe des Studios zum Olympia-Boulevard wollen die Sender auch nutzen, um Stimmen und Stimmungen noch authentischer einfangen zu können. Mit einem ähnlichen Studio-Setup hatten ARD und ZDF auch von den vergangenen Winterspielen aus Sotschi berichtet.

Eine Besonderheit in Rio besteht aber darin, dass das Studio diesmal via Glasfasertechnik an die Regien und die Technik im rund 1,5 km Luftlinie entfernt liegenden International Broadcast Center (IBC) angebunden ist. Die Olympia-Berichterstattung von ARD und ZDF basiert also zu wesentlichen Teilen auf einem Remote-Production-Workflow (mehr dazu später in diesem Beitrag).

Im Studio sind fünf Kameras im Einsatz: drei davon auf Pedestals, dazu noch eine leichte Krankamera (Polecam) und eine mobile, drahtlos angebundene Kamera auf einem Steadicam-System.

Die Studiomöblierung und -ausstattung haben ARD und ZDF weitgehend vom gemeinsamen Studio bei den Olympischen Spielen in Sotschi übernommen.

Die beiden Sender werden das Studio zwischen den jeweiligen Sendetagen nicht umbauen oder umdekorieren, sondern bei ARD- wie auch bei ZDF-Sendungen im gleichen Setup nutzen. Das hat auch logistische Gründe: Das Studio wird jeden Tag über 24 Stunden intensiv genutzt, Umbauten wären nur innerhalb eines sehr engen Zeitfensters möglich und würden natürlich auch ein Risiko mit sich bringen. »Lediglich in der Farbgebung wird es bei den ARD- und den ZDF-Sendungen noch leichte Unterschiede geben«, berichtet Gunnar Darge.

Auf Augmented-Reality-Elemente, wie sie bei der Euro 2016  eine tragende Rolle innerhalb der Studioproduktion spielten (Bericht), verzichten die Redaktionen in Rio — auch weil man mit dem Glasstudio einen anderen redaktionellen Ansatz verfolgt. Dieter Thiessen sagt dazu: »Es finden so viele Wettkämpfe parallel statt, dass gar nicht so viel Zeit im Sendeablauf bliebe, um diese aufwändige Technik auch wirklich auszunutzen. Stattdessen will die Redaktion möglichst viel Live-Sport zeigen und hat das gesamte Konzept bewusst auf dieses Ziel abgestimmt.«

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