Broadcast, Olympia, Report, Top-Story: 08.08.2016

Olympia Rio 2016 — bei ARD und ZDF

2016 findet das größte Sportereignis der Welt erstmals in Südamerika statt: Damit schreiben die diesjährigen Olympischen Sommerspiele in jedem Fall schon mal Geschichte. ARD und ZDF berichten gemeinsam aus Brasilien und arbeiten dabei unter anderem mit Remote-Production-Workflows. film-tv-video.de hat mit Technik-Verantwortlichen dieser Großproduktion gesprochen.

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Technik satt auf dem IBC-Gelände.

IBC: Technik

Im International Broadcast Center (IBC), das im Stadtteil Rio Barra untergebracht ist, belegen ARD und ZDF in diesem Jahr eine Fläche von rund 2.300 Quadratmetern. Das ist etwas mehr als in früheren Jahren und das hat seinen Grund darin, dass in diesem Jahr fast die gesamte Technik zentral im IBC installiert und das Olympia-Studio sowie die Venues Schwimmen, Reiten und Rudern per Remote-Production-Workflow angebunden wurden. Das ist insgesamt die kostengünstigere, logistisch einfachere und sicherere Variante: Große Teile der Technik und des Personals, die üblicherweise an den Venues eingesetzt werden, können nun zentral im IBC arbeiten, was effizienter ist.

Zur Arbeitsorganisation und den Schwerpunkten erklärt Gunnar Darge: »Wir arbeiten bei diesen Olympischen Spielen im Dreischichtbetrieb und haben den Schnittbereich nochmals erweitert.«

Etwa 60% des Equipments, das in Rio im Einsatz ist, stammt aus dem Sender-Equipmentpool MPE, den ARD und ZDF gemeinsam betreiben, um damit Großveranstaltungen zu produzieren. Die restlichen, rund 40% des Equipments wurden speziell für die Olympischen Spiele zugemietet – Qvest Media etwa lieferte hierfür umfangreiches Equipment. »Dabei geht es vor allem um Produkte, die wir nur punktuell für einzelne Events benötigen und nicht langfristig nutzen können — etwa Monitore oder auch zusätzliche Avid-Technik und EVS-Maschinen«, erklärt Dieter Thiessen.

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So sieht der MCR von ARD und ZDF in Rio aus.

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Das grundlegende Setup in der Postproduktion basiert auf der Kombination aus Avid- und EVS-Technik.

Im Großen und Ganzen entspricht die technische Ausstattung der Sender im IBC in Rio dem, was auch in London installiert war — aber es gibt auch hier Effizienzsteigerungen: Durch die Remote-Anbindung der Venues können etwa die EVS- und Avid-Systeme im IBC intensiver genutzt werden.

Sieben EVS-Arbeitsplätze und sieben Avid-Plätze werden im täglichen Wechsel von ARD und ZDF genutzt. Darüber hinaus hat jeder der Sender noch sieben weitere, jeweils senderexklusive Avid-Plätze vor Ort im Einsatz. Insgesamt gibt es also 21 vernetzte Avid-Schnittplätze sowie zwei Fairlight-Audio-Mischplätze.

Das grundlegende Setup in der Postproduktion basiert also auf der Kombination aus Avid- und EVS-Technik. Die Avid/EVS-Lösung lässt sich durch folgenden Eckdaten charakterisieren: Zentraler Ingest von EB-Material, Archive- und Live-Feeds. Highlight-Schnitt und Playout erfolgen mit einer EVS-Installation, die 20 IP-Director, 15 XT-Access-Server sowie insgesamt 23 XT3-Kanäle mit 144 In/Out-Kanälen umfasst. Die XT3-Server wurden eigens für die Sportübertragungen mit neuen 10-GigE-Interfaces bestückt, sowie mit der neuesten Audio-IO-Generation ausgerüstet.

Um die umfangreiche redaktionelle Berichterstattung und Nachbearbeitung realisieren zu können, setzen ARD und ZDF auf eine vernetzte Avid-Infrastruktur mit insgesamt 21 angeschlossenen Editing-Plätzen und einem Avid-Zentralspeicher mit einer Speicherkapazität von 576 TB. Der File-Ingest in die Avid-Umgebung erfolgt wahlweise über XT-Access aus dem EVS-Netzwerk oder über MOG F1000 Multiformat-Systeme. Dadurch wird den Redaktionsteams das reibungslose Einspielen und Bereitstellen von Videomaterial mittels Avid Interplay ermöglicht.

Von den nonlinearen Media-Composer-Schnittplätzen aus lässt sich das Material aus dem Isis-Produktionsspeicher abrufen und editieren, bevor es über Interplay-Transfer-Engines an die EVS-Playout-Server übergeben wird.

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In Rio halten sich Teams aus aller Welt auf.

Für die interne und externe Kommunikation im IBC, an den Venues sowie nach Deutschland, kommen sechs Riedel Artist Digital Matrixen mit 632 Ports und über 200 Panels zum Einsatz. Für die Verteilung der diversen Audiosignale wird eine Lawo-Audiokreuzschiene mit über 6.000 Ein- und Ausgängen verwendet.

Die Verteilung der Bildsignale erfolgt mit einer Evertz-Videokreuzschiene (576 x 576). Die Beschaltung der diversen Monitorwände in den Regien wird mit 16 Multiviewer-Systemen von Evertz gelöst.

Darüber hinaus ergänzen MAZen und Recorder von Sony und Panasonic, sowie mehrere High-End-Formatwandler der Serien Alchemist und Kudos von Snell Advanced Media die Produktionsausstattung.

IBC: Regiekonzept

Im IBC ist eine große Regie untergebracht, über die alle Sendungen gefahren werden. Sie wird ergänzt von zwei Subregien, mit denen Reiten, Schwimmen und Rudern unabhängig produziert und dann an die Hauptregie übergeben werden.

Durch das umfangreiche Programm der beiden Sender und wegen der Zeitverschiebung nach Deutschland ist das Studio — und entsprechend auch der Regiebereich — nahezu rund um die Uhr belegt. Das erforderte letztlich auch eine Aufteilung der Regie in mehrere Subbereiche.

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Beim Remote-Production-Workflow in Rio wird alles von der Senderegie im IBC aus dirigiert.

Remote-Production-Workflow

Das gemeinsame Studio von ARD und ZDF sowie die genannten Venues sind über Nimbra-Glasfasersysteme ans IBC angebunden. »Aus technischer Sicht ist das letztlich keine große Sache«, erläutert Dieter Thiessen, »denn ARD und ZDF verfügen schon seit einigen Jahren über Erfahrungen mit der Technologie.«

Nimbra-Technik wurde in der Vergangenheit auch schon für die Leitungsführung von den jeweiligen Produktionsstätten im Ausland nach Deutschland genutzt.

Gunnar Darge erläutert, dass die Mitarbeiter für die Nimbra-Technik von Net Insight geschult worden seien. Vernetzung und Installation waren daher gut zu bewältigen.

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Auch in Rio ist die Bandbreite des von den internationalen TV-Teams eingesetzten Equipments sehr umfangreich.

Dieter Thiessen ergänzt: »Technisch ist das alles machbar. Aber das Klavier muss natürlich auch gespielt werden und die Programmkollegen müssen sich daran gewöhnen, im IBC zu sitzen und die Produktion am Venue aus der Ferne umzusetzen.«

Vor allem die Operatoren müssen sich demnach umstellen und an neue Abläufe gewöhnen, denn es macht eben doch einen Unterschied, wo man sitzt und produziert.

Auch die Kommentatoren arbeiten mittlerweile sehr oft in Remote-Setups. Im IBC-Bereich von ARD und ZDF sind hierfür mehrere Sprecherkabinen eingebaut, von denen aus die jeweiligen redaktionellen Experten die einzelnen Wettbewerbe kommentieren können. Angesichts der hohen Veranstaltungsdichte und auch der Entfernung zwischen den einzelnen Wettkampfstätten, wäre das teilweise kaum anders machbar — bei vielen Events befindet sich der Kommentator aber auch direkt am Veranstaltungsort.

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