Kamera, Test, Top-Story: 10.01.2004

Gute Erbanlagen: Praxistest Sony DSR-PD170

Sonys DCR-VX2000 ist der Klassiker unter den 3-Chip-DV-Camcordern. Jetzt stellte Sony mit dem DSR-PD170 einen Nachfolger für dessen Profi-Variante DSR-PD150 vor. Ein erster Blick auf den 170er.

Wirkt vertraut, sieht gut aus, liegt ordentlich in der Hand und macht gute Bilder. Wer den VX2000 oder den PD150 (Vergleichstest in der InfoZone) von Sony kennt, dem kommt der PD170 wie ein alter Bekannter vor: An der Neuausgabe ist mehr gleich geblieben, als sich verändert hat. Wem das Arbeiten mit dem PD150 lag, der wird auch mit dem PD170 zurecht kommen, obwohl der zweite, genauere Blick doch einige Unterschiede offenbart: An einigen der Problemzonen des PD150 hat Sony Fein-Tuning geleistet.

Auf besonderes Interesse stößt der DSR-PD170, weil sein Vorgänger PD150 zu den in Profikreisen am weitesten verbreiteten DV-Camcordern gehört: Große Fernsehsender wie etwa die renommierte BBC haben gleich mehrere Hundert Exemplare dieses Modells gekauft und arbeiten in verschiedenen Bereichen erfolgreich damit. Auch deutsche Fernsehsender setzen den PD150 ein und drehen damit bevorzugt News-Beiträge, Reportagen und Magazinbeiträge.

Mit XLR-Tonbuchsen, dem etwas robusteren DVCAM-Format, einem etwas veränderten Bedienkonzept und anderen Tastenbelegungen wurde der PD150 aus dem Consumer-Modell DCR-VX2000 entwickelt und besser auf das Profi-Umfeld abgestimmt. Gleichwohl gab es immer noch Kritik von Seiten der Fernsehleute. Diese Anregungen hat Sony nach eigenen Angaben bei der Konzeption des PD170 berücksichtigt, den der Hersteller nun zum Netto-Listenpreis von 4.439 Euro anbietet.

UNTERSCHIEDE ZUM VORGÄNGERMODELL
Was ist neu am DSR-PD170, was ist anders als beim Vorgänger? Einer der häufigsten PD150-Kritikpunkte aus dem Profilager betrafen den Ton. Steuerte man den Ton manuell aus, war beim PD150 ein störendes Grundrauschen zu hören. Für die Profis bei den Fernsehsendern ein echtes Manko, arbeiten sie doch viel häufiger mit zusätzlichem Ton-Equipment und manueller Tonaussteuerung, als die meisten Amateure. Die BBC entwickelte eine eigene Gerätemodifikation, um dieses Problem zu reduzieren. Beim 170er hat Sony selbst an diesem Schwachpunkt gearbeitet, Insider berichten, hier sei BBC-Knowhow in die Serienfertigung eingeflossen. Mit Erfolg: Die Tonqualität ist nun auch bei manueller Aussteuerung ordentlich, das Rauschen dramatisch reduziert. Für Profis dürfte diese Modifikation im Audiobereich mit den größten Schritt vom 150er zum 170er darstellen.

In puncto Bild bei den meisten PD150-Nutzern ganz oben auf der Wunschliste: feinere Abstufung bei der Blendensteuerung. Beim PD150 ließ sich die Blende zwar manuell einstellen, allerdings nicht fein genug. Die Schritte waren in manchen Fällen einfach zu groß, um die optimale Position zwischen
Über- und Unterbelichtung zu finden. Beim PD170 gibt es nun 24 Blendenstufen, die sich manuell einstellen lassen. Das dürfte in den meisten Fällen reichen, um optimal zu belichten.

Einen größeren Sucher spendierte Sony dem DSR-PD 170, was ganz sicher ebenfalls auf Wohlwollen stoßen wird, denn mit dem neuen Sucher lässt sich das Bild einfach besser beurteilen. Schönes Detail beim Thema Sucher: Hieß es beim PD150 noch entweder oder, können beim PD170 Sucher und Ausklapp-Display gleichzeitig Bilder zeigen.

Um beim Objektiv — das gleich geblieben ist — mehr Flexibilität zu bekommen, legt Sony dem PD170 Zubehör bei: Neben der Standard-Sonnenblende gibt es eine hochwertige aufschraubbare Weitwinkel-Vorsatzlinse und eine dazu passende Sonnenblende mit integrierter Objektivklappe. Ein einfacher und praktikabler Zwischenschritt zum Einsatz eines meist recht teuren Kompendiums.

Einen Unterschied zum Vorgänger gibt es auch bei der Bauform: Beim PD170 fällt der im Vergleich zum PD150 vergrößerte Griff auf, in den eine zweite, zusätzliche Zoomwippe integriert ist. Der PD170 lässt sich dadurch auch bei tiefen oder anderen ungewöhnlichen Kamerapositionen bequem einhändig führen und man kann dabei zoomen. Eine Einschränkung gibt es dabei allerdings: An der kleinen Griff-Zoomwippe stehen nur zwei feste Geschwindigkeiten zur Verfügung, zwischen denen man mit einem Schiebeschalter wechseln kann.

Die Lichtstärke haben die Sony-Ingenieure beim PD170 verbessert, und zwar von 2 auf nun mehr 1 Lux. Kein schlechter Wert, aber Camcorder aus der Profiliga können noch bessere Ergebnisse liefern. JVC etwa ist bei seinen Camcordern nach wie vor unbestrittener Lolux-König. So zeigte etwa der professionelle DV-Camcorder GY-DV5000 im Direktvergleich zum DSR-PD170 noch einmal deutlich bessere Ergebnisse bei geringer Beleuchtung (einen Testbericht des GY-DV5000 finden Sie hier).

FUNKTIONALITÄT, BEDIENUNG
Wie es sich für einen professionellen Camcorder gehört, bietet der PD170 XLR-Buchsen für den Ton. Zwei davon sind am vorderen Ende des Tragegriffs von rechts zugänglich. Diese Position der Buchsen ist nicht wirklich praktisch, weil stets irgendwelche Stecker störend heraus stehen und Kabel lästig herunter hängen, sobald man externes Audio-Equipment anschließt.

Den Buchsen-Kompromiss hat der PD170 seiner Abstammung aus dem Consumer-Lager zu verdanken, wo XLR-Buchsen nicht üblich sind und die Entwickler folglich ein Möglichkeit finden mussten, XLR-Buchsen zu integrieren, ohne eine völlige Neukonstruktion des Camcorders notwendig zu machen. An die XLR-Buchsen des PD170 können Mikros angeschlossen werden, die mit oder ohne Phantomspeisung arbeiten.

Wie schon beim Vorgänger überzeugt das Henkelmann-Design des PD170. Dank des größeren Griffs mit integrierter Zoomwippe sind tiefe Kamerapositionen bei Drehs aus der Hand nun komfortabler zu realisieren. Verbesserungen gibt’s auch beim Display: Darauf ist nun selbst bei vergleichsweise starker Lichteinstrahlung noch was zu sehen. Das ist ein echter Vorteil, auch wenn man sich bei solchen Verhältnissen bei der einen oder anderen Szene um der Sicherheit willen doch auf den Sucher verlassen wird.

Insgesamt macht der Camcorder einen robusten Eindruck, den Sony mit sinnvollen neuen Details unterstützt. Dazu gehört etwa der in die Weitwinkel-Sonnenblende integrierte Verschluss, der sich per seitlichem Hebel öffnen und schließen lässt.

FAZIT
Der erste, kurze Praxistest des DSR-PD170 fällt positiv aus. Sony hat auf die Kunden aus der Profiwelt gehört und in das Re-Design dieses Camcorders viele kleine, aber wichtige Verbesserungen einfließen lassen. Zusammen genommen sorgen sie dafür, dass der DSR-PD170 das Erbe des PD150 in der Gewissheit antreten kann, die besten Erbanlagen seines Vorgängers in sich zu tragen und zudem noch ein paar kleinen Veredelungen erfahren zu haben. In einem Punkt enttäuschte Sony aber die Erwartungen vieler Filmer: 25P-Funktionalität sucht man beim PD170 vergeblich. Allgemein war erwartet worden, dass Sony damit auf den AG-DVX100 von Panasonic reagieren würde (einen Testbericht dieses Camcorders finden Sie hier). Doch diese Reaktion blieb leider aus.

NACHTRAG
Von verschiedenen Anwendern kommt die Nachricht über ein Audioproblem beim DSR-PD170: Klappt man das LC-Display aus, ist demnach ein leises, aber vernehmliches, zischendes, rauschendes Störgeräusch zu hören, das sofort endet, wenn man den Schirm wieder einklappt.
Eine offizielle Stellungnahme von Sony gibt es dazu nicht.
Bei eigenen Tests mit einem Exemplar des Camcorders konnte die Redaktion dieses Problem nicht feststellen. Das schon von mehreren, unabhängigen und auch glaubwürdigen Seiten beschriebene Problem tritt also offenbar zumindest nicht bei allen Exemplaren dieses Camcorder-Modells auf.
Es ist aber definitiv keine Erfindung, auch bei Sony kennt man das Problem. Dort sieht man die Bedeutung aber deshalb als relativ gering an, weil das Problem ohnehin nur bei wenigen Geräten auftrete und sich auch dort nur unter bestimmten, sehr speziellen und etwas praxisfremden Bedingungen äußere: Kopfhörer eingesteckt, Schirm ausgeklappt, kein Mikrofon angeschlossen, manuelle Aussteuerung auf Maximum. Dieser Betriebszustand dürfte in der Praxis tatsächlich nur ausgesprochen selten eine Rolle spielen.
Im Internet kursiert ganz aktuell die Aussage, dass spätestens ab der Seriennummer 1213500 das Problem generell behoben sei und Sony für früher gekaufte, von dem Problem betroffene Geräte im Rahmen des Silver Support eine kostenlose Modifikation anbiete. Diese Aussagen treffen auch nach Recherchen von www.film-tv-video.de im Prinzip zu.
Wer das Problem bei seinem DSR-PD170 feststellt und es aus seiner persönlichen Sicht für relevant hält, der sollte sich also im Rahmen des Supportvertrages, der bei jedem regulär in Deutschland gekauften Gerät automatisch mit dem Kauf abgeschlossen wird, an den Sony-Support wenden. Dann wird das Gerät von Sony abgeholt, geprüft und gegebenenfalls mit einem Update versehen, das dieses Problem behebt.

Downloads zum Artikel:

T_1203_DSR_PD170.pdf

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