Report, Sport, Top-Story: 22.02.2014

Confed Cup: Fußball in 4K — als Test für die WM

Der Confed Cup gilt als Testlauf für die Fußball-WM. Hier werden oft auch neue Technologien ausprobiert, um ihre grundsätzliche Eignung für ein großes Live-Fußball-Event zu prüfen und sie anschließend weiter optimieren zu können. In Brasilien stand 2013 die 4K-Aufzeichnung von drei Confed-Cup-Spielen auf dem Plan. Bei diesem Gemeinschaftsprojekt von Sony, der Fifa und deren technischem Dienstleister HBS ging es letztlich darum, zu testen, ob sich 4K auch für eine Live-Produktion während der WM eignen würde.

HBS, der fernsehtechnische Dienstleister der Fifa, verfolgt seit Jahren auch das Interesse, bei jeder Fußball-WM neue technische Innova­tionen einzusetzen und am Cutting Edge der TV-Technologie zu bleiben. Bei der kommenden WM in Brasilien wird das eine 4K-Live-Produktion des Endspiels sein. Um die technischen und logistischen Rahmenbedingungen dafür zu evaluieren, fand während des Confed Cups im vergangenen Jahr ein großer 4K-Test statt.

Sony ist aktuell der einzige Hersteller, der ein weitgehend komplettes Produkt-Line-Up für die Aufzeichnung und Echtzeitverarbeitung von 4K-Signalen bieten kann. Außerdem haben Sony, die Fifa und HBS im Jahr 2012 einen Vertrag darüber abgeschlossen, dass Sony die gesamte Live-Broadcast-Technik und das technische Bedienpersonal der Fußball-WM 2014 bereitstellen wird (siehe frühere Meldung). Aus diesen Gründen liegt es nahe, dass Sony als Partner von HBS bei diesem Test mit seinem 4K-Equipment eine wichtige Rolle spielte und gemeinsam mit dem Ü-Wagen-Dienstleister Telegenic tief in das Projekt involviert war. Sony steuerte letztlich zentrale Produktionskomponenten bei.

Kameras

Sony gehört mit der F65 zu den 4K-Pionieren, legte bei diesem Thema Anfang vergangenen Jahres mit der Vorstellung von F5 und F55 (Test) nach und macht nun auch live-fähige 4K-Technik auf breiterer Basis verfügbar. Die 4K-Kameramodelle von Sony spielten auch eine zentrale Rolle in der 4K-Produktion des Confed Cups – und sie werden es auch beim Endspiel der Fußball-WM 2014 in Brasilien tun. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der F55, denn für diese Kamera hat Sony einen elektronischen Adapter entwickelt, der den 4K-Live-Betrieb in einem professionellen Multikamera-Umfeld er­möglicht.

Die genannten Kameratypen können alle in 4K aufzeichnen und sind mit einem großen CMOS-Sensor ausgerüstet. Für Live-Produktionen birgt aktuelles 4K-Equipment allerdings einige Hürden, vor allem wenn es um die Schärfentiefe geht. Im Live-Fernsehbereich wird schließlich üblicherweise mit 2/3-Zoll-Studiokameras gearbeitet, die einen relativ großen Schärfentiefebereich bieten. Ein weiterer Aspekt besteht darin, dass 2/3-Zoll-Objektive in unterschiedlichsten Brennweiten- und Zoom-Varianten verfügbar sind, bis hinauf zu 100fach-Zooms. Für Kameras mit größeren Sensoren gibt es hingegen derzeit noch keine vergleichbaren Objektive mit großen Zoomfaktoren, wie sie in der Sportproduktion üblich sind.

Mount-Adapter

Natürlich liegt es nahe, die Sony-4K-Kameras mit den gängigen 2/3-Zoll-Optiken zu nutzen. Dafür hat Sony den Adapter LA-FZB2 entwickelt. Dieser schlägt die Brücke zwischen dem FZ-Mount von F5/F55 zum B4-Bajonett der 2/3-Zoll-Zooms und ermöglicht so die Verwendung von klassischen 2/3-Zoll-Broadcast-Optiken im Zusammenspiel mit F5/F55. Der Adapter stellt die mechanische Verbindung her und enthält auch eine Linse, die einen Verlängerungsfaktor von 2,69 bewirkt. Der Adapter bietet auch ND– und CC-Filter (Clear, 1/4, 1/16, 1/64 sowie Cross, 3.200K, 4.300K und 6.300K). Außerdem unterstützt er Funktionen wie die Farbfehlerkorrektur Alac.

Für den Einsatz mit großen TV-Objektiven hat Sony zudem den Camera-Boost-Kit SKC-PB40 im Programm. Es versorgt Studio-Objektive mit Strom und wird in den Glasfaser-­Adapter CA-4000 eingebaut.

Suchermonitor

Die Schärfe zu ziehen und zu kontrollieren, ist bei einer 4K-Aufzeichnung mit Large-Sensor-Kameras natürlich alles andere als leicht – besonders in Kombination mit langbrennweitigen TV-Optiken. Um dieses Problem anzugehen, entwickelte Sony für seine 4K-Camcorder eine neue Focus-Assist-Funktion, die es in Kombination mit dem OLED-Viewfinder HDVF-EL75 ermöglichen soll, zuverlässig die Schärfe zu treffen und zu kontrollieren. Dabei werden Objekte, die sich im Fokus befinden, mit einem farbigen Peaking markiert.

Sony BPU-4000 Prozessor, Glasfaser-Adapter CA-4000

Um die 4K-Raw-Kamerasignale direkt an der Kamera ausgeben und mit einer Bildregie verbinden zu können, bietet Sony den Glasfaser-­Adapter CA-4000 an. Er weist die gleichen Schnittstellen und Funktionen auf, die man auch von der HD-Studiokamera HDC-2500 her kennt – darunter Ret, Intercom und Menu Control. Per Adapter lassen sich die Signale via 10-Gbps-Glasfaser übertragen und an die Prozessor-Einheit BPU-4000 weitergeben. Dort werden sie in Echtzeit einem De-Bayering-Prozess unterzogen und dann in Form von vier 3G-SDI-Signalen in 4K oder UHD ausgegeben. Jedes der 3G-SDI-Signale umfasst dabei einen Quadranten des 4K-Bilds. Parallel ist auch die down-konvertierte HD-Ausgabe des Bildsignals möglich.

Für jede 4K-Kamera ist im Live-Umfeld auch eine eigene Prozessor-Einheit nötig, es ist aber möglich, HDCU, Viewfinder und RCP aus einem bestehenden Kamerazug (HDCU-2000 oder HDCU-2500) zu verwenden

Testproduktion beim Confed Cup

In Brasilien produzierte Sony gemeinsam mit dem TV-Dienstleis­ter Telegenic 4K-Tests, bei denen Material von drei Spielen in 4K aufgezeichnet, aber nicht live gesendet wurde. Damit sollten zunächst die technischen, aber auch die kreativen Aspekte einer möglichen 4K-Live-Produktion unter realen Bedingungen getestet und bewertet werden. Beim Produktionsformat dieses Tests im Rahmen des Confed Cups in Brasilien entschied man sich für eine Auflösung von 3.840 x 2.160 Bildpunkten mit 4:2:2-Sampling in 10 Bit und 60p als Bildrate.

Kamera-Setup

Beim Test im Estadio Mineiro in Belo Horizonte waren insgesamt sieben PMW-F55 im Einsatz. Zusätzlich wurden noch zwei HD-Studio­kameras des Typs HDC-2500 verwendet. Das HD-Bildmaterial der 2500er wurde auf 4K hochkonvertiert.

Vier der F55-Kameras waren mit PL-Optiken bestückt, drei davon mit Fujifilm-Cabrio-Objektiven (19 bis 90 mm und 85 bis 300 mm). Drei F55-Kameras wurden mit dem FZ/B4-Adapter ausgerüstet und dementsprechend mit 2/3-Zoll-Optiken genutzt: Zwei 99fach-Objektive und ein 23fach-Objektiv kamen hier zum Einsatz.

Kamerapositionen und Bildgestaltung

Die Kamerapositionen wählte das Testteam ähnlich wie bei einer HD-Produktion. Die Kameraleute waren angehalten, insgesamt eher weitwinkliger zu arbeiten und langsamer zu schwenken, wenngleich das Team schlussendlich letztlich ganz ähnlich wie bei einer HD-Produktion arbeitete.

Praxis

Bei dem Test wurden die F55-Kameras im Modus »Cine IE Shooting« betrieben und die Bilder im Raw-Modus ausgegeben. Die Signale der ebenfalls genutzten HD-Kameras wurden up-konvertiert und es zeigte sich, dass es hierbei wichtig war, den Detail-Pegel zu minimieren, um im 4K-Bild keine Artefakte zu erzeugen. Weiter wurde der Shutter auf 1/125 s eingestellt, um weniger Bewegungsunschärfe zu erhalten. Das Processing mit der BPU-4000-Einheit erleichterte das Color-Matching der 4K-Raw- mit den HD-Kameras. Die Shading-Operatoren stellten letztlich keinen Unterschied zwischen HDC-2500 und F55 fest.

Für eine effiziente Kontrolle des 4K-Bildsignals im Ü-Wagen ist der Einbau von großen Displays unabdingbar. Im Telegenic-Ü-Wagen, der für die Tests in Brasilien genutzt wurde, kam in der Bildregie sogar ein 65-Zoll-Display zum Einsatz, zusätzlich waren drei weitere 4K-Displays im Einsatz. Telegenic betont, dass es für ein 4K-Fahrzeug von entscheidender Bedeutung sei, über eine leistungsfähige 3-Gbps-Kreuzschienen-Infrastruktur zu verfügen, weil jedes einzelne 4K-Signal zumindest in der aktuellen Phase gesplittet und im Grunde in Form von vier HD-Strömen übertragen wird: Jedes 4K-Signal belegt also vier HD-Verbindungen. Sieben 4K-Kameras produzieren also das Äquivalent von 28 HD-Signalen – direkt ab der Kamera. Die beiden up-konvertierten HD-Kameras produzieren nach dem Konverter weitere acht HD-Signale.

So kommen bei einer Multikameraproduktion in 4K derzeit sehr viele Einzelsignale zusammen, die man überhaupt erst mal mit vorhandenen Ü-Wagen-Strukturen bewältigen muss. Telegenic setzt bei seinem Fahrzeug auf eine Miranda-Kreuzschiene mit einer 576 x 1.152-Matrix, als Mischer wurde ein MVS-8000X von Sony mit einer ausreichenden Menge Anschlüsse genutzt.

Geht man bei 4K von einer ähnlichen Entwicklung aus, wie sie beim Wechsel von SD zu HD stattfand, werden Anbieter und Ü-Wagen-Betreiber für einen längeren Zeitraum im HD/4K-Mischbetrieb arbeiten. Das bedeutet zwangsläufig, dass auch HD-Material aus verschiedenen Quellen sowie Grafiken und Zuspielungen hochkonvertiert werden müssen — was eine entsprechende Infrastruktur voraussetzt.

Aus Sicht des Confed-Produktionsteams ist es durchaus machbar, bei den Bildsignalen etwa Close-Ups hochzukonvertieren. Kritischer sei das hingegen bei Totalen, bei denen man den Unterschied in der Auflösung zwischen nativem und hochkonvertiertem 4K-Material definitiv wahrnehme.

Im Bereich Slow-Motion müssen ebenfalls sehr hohe Anforderungen erfüllt werden. Beim Confed Cup war der Prototyp eines XT3-Servers im Einsatz, um Slomo und Replay in 4K zu ermöglichen. Auch hierbei wurde das 4K-Signal in vier synchronisierte HD-Signale gesplittet. Mittlerweile ist der 4K-XT3-Server von EVS in der Lage, zwei UHD-Signale aufzuzeichnen und davon Zeitlupen und Highlights zu bieten. (Weitere Infos zu Schnitt und Slomo beim Confed Cup finden Sie hier.)

Produktionsablauf bleibt prinzipiell gleich

Abläufe und Handling gleichen sich bei HD- und 4K-Produktionen. »Für das Produktionsteam hat das viele Vorteile, weil sich gewohnte und etablierte Abläufe kaum ändern. Für die Hersteller stellt der Weg zu 4K dennoch eine große Herausforderung dar, weil die Geräte viel leistungsfähiger sein müssen, um 4K-Signale verarbeiten zu können«, erläutert Claus Pfeifer, Strategic Marketing Manager bei Sony.

Auch für Live-Slomo und -Replay ist 4K eine große Herausforderung wenngleich sich Luc Doneux, Executive VP von EVS Sports, sicher ist: »4K-Aufzeichnung und Replay sind eine natürliche Weiterentwicklung der XT3-Server.«

Aufzeichnung in 4K

Die drei 4K-Testspiele des Confed-Cups wurden – wie eingangs schon erwähnt – nicht live übertragen, sondern aufgezeichnet. Dafür standen im Telegenic-Fahrzeug Sony-Recorder des Typs SR-R1000 zur Verfügung. Diese Decks arbeiten mit SR-Memory-Cards als Speichermedium. Dabei besteht die Möglichkeit, mehrere Signale parallel mit nur einem Deck aufzuzeichnen. Die Decks wurden im Modus »Dual-3G for 4K Recording und Playback« betrieben, so dass insgesamt vier 3G-HD-SDI-Signale auf einer Karte und in nur einem Slot aufgezeichnet werden konnten. Mit diesem Ansatz war es möglich, pro Kanal Datenraten bis zu 5 Gbps zu bewältigen. Auf eine SR-Memory-Card mit einer Kapazität von einem Terabyte passen in diesem Modus 72 Minuten Bildmaterial in 4K.

Fazit

Auch wenn die Produktion des Confed Cups nicht live ausgestrahlt wurde, brachte der Test doch wertvolle Erkenntnisse für alle Beteiligten, wie auch für die Branche insgesamt. Die wichtigste Schlussfolgerung: 4K ist mit einigen Klimmzügen schon heute in der Sportproduktion zu bewältigen.

Für die Ü-Wagen-Mannschaften hat die Produktion in 4K den Vorteil, dass die grundlegenden Workflows gleich bleiben, wie aktuell bei HD. Die Hersteller müssen sich bei 4K allerdings insgesamt wesentlich mehr einbringen, denn die Anforderungen einer 4K-Produktion sind bei Hard- und Software ungleich höher als bei HD. Doch hier spielt die Zeit für 4K: Neue Schnittstellen, Codecs und Chips, deren Entwicklung und Definition schon längst angelaufen ist, könnten diese Technologie auch im Live-TV-Bereich bald von ihrem Exotendasein erlösen.

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Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller
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