Report, Top-Story: 27.02.2014

4K für HD: Asiendreh von TVN

Mit 4K Erfahrungen zu sammeln, das erfordert nicht zwingend ein 4K-Projekt und auch keinen groß angelegten, separaten Test — immer mehr Produktionsfirmen testen innerhalb von HD-Projekten, wie sie 4K in ihren bestehenden Workflows einbauen und von diesem Format profitieren können. So auch TVN aus Hannover: Im Rahmen einer klassischen HD-Produktion im Auftrag der Produktionsfirma Eikon Media für eine NDR/Arte-Produktion über Nationalparks in Asien, drehte TVN mit einer F55 von Sony Material in 4K.

Die 45-minütigen Dokumentationen, die die Produktionsfirma Eikon Media in Koproduktion mit Autentic und mit Unterstützung durch Nordmedia aktuell produziert, sollen die Zuschauer in eine fremde Welt entführen und sie mit Landschaften, Tieren und Menschen in exotischen Regionen bekannt machen. Anders als bei reinen Naturdokus, stehen neben exotischen Tieren auch Menschen mit spannenden Geschichten im Mittelpunkt.

TVN-Kameramann Malte Ebers und der Assistent Alexander Kruse waren für die Produktion in Malaysia, Japan und Thailand unterwegs. Sie hatten dabei eine ganze Reihe von Kameras im Gepäck, unter anderem auch eine PMW-F55 (Test). Die wiederum wurde auch im 4K-Modus und mit verschiedenen Codecs genutzt. Da der Film in HD endgefertigt und ausgestrahlt wird, konnte das Team so ausprobieren, wie man verschiedenes 4K-Material in einem HD-Umfeld einsetzen und verwenden kann – und ob sich daraus möglicherweise auch Vorteile ergeben.

»Uns ging es darum, zu testen, wie wir eine F55 auch bei HD-Produktionen sinnvoll einsetzen können und bei welchen Szenen die 4K-Aufzeichnung auch für die HD-Auswertung ihre Berechtigung hat«, erklärt TVN-Herstellungsleiter Frank Schliefer. Das hat zwei Aspekte: Die F55 bietet einerseits 4K-Auflösung und ist andererseits als Single-Sensor-Kamera mit großem S35-Bildfenster konzipiert.

Dokumentarisches Arbeiten

Beim Dreh von Dokumentarfilmen geht es in puncto Equipment häufig auch darum, möglichst schnell und flexibel reagieren und drehen zu können. Ein starres Drehbuch ergibt bei Naturdokus ohnehin nur wenig Sinn, denn wilde Tiere tun eben, was sie wollen und nicht was im Drehbuch steht. Letztlich geht es beim dokumentarischen Dreh auch immer wieder darum, situativ zu arbeiten und auf das einzugehen, was gerade passiert.

Für Kameraleute kann das bisweilen eine große Herausforderung darstellen, besonders dann, wenn bei den Drehs auch Bewegung mit im Spiel ist und beispielsweise Locations bei laufender Kamera gewechselt werden. Kameramann Malte Ebers berichtet, dass sich hierbei der große Dynamikumfang der F55 mehrfach ausgezahlt habe. »Wenn man einen Protagonisten am sonnigen Strand im Schatten seiner Hütte in Szene setzt, ist man sehr froh, wenn man mit einer Kamera wie der F55 drehen kann, weil sie sogar solche extremen Kontraste bewältigen kann.«

Weiter hebt Ebers die einfache Bedienung der Kamera hervor, die es ermögliche, sich schnell mit der F55 zurechtzufinden. »Die Kamera ist für die Arbeit von der Schulter konzipiert, alle Funktionen sind gut zu erreichen und Sony hat mit dem übersichtlichen Menü ganze Arbeit geleistet.« Ein weiteres Plus: »Im XAVC-Aufzeichnungs-Codec sind nun 240 fps in 1080p verfügbar. Das ermöglicht gerade bei Tieraufnahmen sehr brauchbare Zeitlupen.«

Bunter Kameramix

Bei Dokus wird — aus ganz verschiedenen Gründen — oft mit unterschiedlichsten Kameras gearbeitet. Budget, Bildgestaltung, Equipment-Größe: All diese Faktoren beeinflussen letztlich gleichermaßen die Entscheidung, mit welcher Ausrüstung gedreht wird – und oft sind es dann eben auch mehrere unterschiedliche Kameras, die zum Einsatz kommen.

So war das auch beim TVN-Dreh in Asien: Neben einer F55 von Sony hatte das Team auch eine Sony PMW-F3 (Test) mit einem Zeiss-Objektivsatz von P+S Technik (18, 25, 35, 50, 85 mm), eine DSLR des Typs 5D von Canon mit drei Objektiven (16-35 mm, 24-105 mm, 70-200 mm) und eine kompakte Actioncam (GoPro Hero 3 (Infos)) dabei. Als Backup gehörte zudem noch ein PMW-150 (Infos) von Sony zur Ausrüstung. Die Sony F55 war außerdem mit einem Film-Zoom­objektiv (19-90 mm) von Fujinon ausge­rüstet. Zusätzlich hatte das Team eine 2/3-Zoll-Broadcast-Optik mit Extender von Canon dabei, die per HDx35-Adapter von IB/E Optics an der F55 und F3 betrieben werden konnte.

Kompaktes Zubehör

Um trotz kleiner Crew und Drehen im Dokumentarstil, ansprechende Bilder gestalten zu können, nutzte das Team auch einen Kessler Pocket Dolly und einen Kessler Jib-Arm. »Damit hatten wir etwas mehr Flexibilität in der Bildgestaltung und konnten auch interessante bewegte Einstellungen von oben oder flach über dem Boden realisieren«, erläutert Malte Ebers.

F55 bei Available Light

Kameramann Malte Ebers zeigte sich besonders erfreut über die Low-Light-Fähigkeiten der F55: »In Situationen, bei denen üblicherweise ohne zusätzliches Licht gar nichts mehr geht, konnten wir mit der F55 noch schöne, beobach­tende Bilder drehen.« Bei den Natur- und Landschaftsaufnahmen sorgte die 4K-Aufzeichnung zudem für eine deutlich bessere Durchzeichnung.

»Besonders bei den Totalen wirkt sich das auch positiv auf die HD-Produktion aus«, resümiert Frank Schliefer. »Feine Details bleiben selbst nach dem Down-Konvertieren auch dort noch erhalten, wo HD-Bilder meist schon deutlich flächiger wirken. Hier zahlte sich der Einsatz der 4K-Technik besonders aus.«

Postproduktion

Zu Beginn der Postproduktion wird jeweils das komplette Material einer Folge in einen Media Composer 7 von Avid eingespielt. Die Avid-Software kann in der aktuellen Version mit den diversen Codecs und Formaten einer Sony F55 arbeiten, wobei das 4K-Material für den Schnitt in HD down-konvertiert wird. Teilweise wird beim 4K-Material aber auch mit Pan & Scan gearbeitet, aus dem 4K-Material also lediglich ein HD-Ausschnitt ausgewählt und für die Produktion verwendet — ein weiterer Grad an Flexibilität, den 4K einer HD-Produktion eröffnet.

Das Color Grading wird mit Avids Symphony-Option erledigt, die ausreichende Möglichkeiten bietet, Material aus unterschiedlichen Quellen so anzupassen, dass die mit diversen Kameras und Codecs gedrehte Doku wie aus einem Guss wirkt.

In 4K drehen, in HD auswerten

TVN zieht ein positives Resümee aus seiner Art des 4K-Tests und wird auch künftig bei bestimmten HD-Projekten ganz oder teilweise in 4K drehen — vor allem dann, wenn hoher Dynamikumfang gefragt ist, aber mit klassischen HD-Workflows gearbeitet werden soll.

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