Branche, Broadcast, Sport, Top-Story: 25.06.2014

Fußballfest in Zuckerhut-Land: So übertragen ARD und ZDF die WM2014 aus Brasilien

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien ist für ARD und ZDF eines der Highlights der Sportberichterstattung in diesem Jahr: Mehr Zuschauer wird aller Voraussicht nach 2014 kein anderes Fernsehereignis mehr vor die Schirme locken. film-tv-video.de hat mit Carsten Higler und Vito Zoiro gesprochen, die vor Ort in Brasilien für die technische Seite der WM-Übertragung bei ARD und ZDF verantwortlich sind.

Die Fußballfans in der ganzen Welt hoffen in diesem Jahr auf die ganz große Fußballgala: Die Weltmeisterschaft in einem Land, das für Fußballbegeisterung steht, wie kaum ein anderes. Spitzenspiele und dazu noch fußballbegeisterte brasilianische Fans, tanzende Samba-Schönheiten und kunstvoll kickende Kinder, die auch mitten in größter Armut Spielfreude erleben.

Aber neben solchen Klischeebildern gab es auch schon andere Bilder aus Brasilien: von Protesten, Demonstrationen und Störaktionen, mit denen die weniger privilegierten Bevölkerungsteile Brasiliens auf ihre Probleme hinweisen und die enormen Kosten geißeln wollen, die der brasilianische Staat für die Austragung der WM schultert, während das Geld in vielen anderen Bereichen fehlt, wo teilweise sogar bittere Not herrscht.

Mitten in diesem Spannungsfeld gilt es für ARD und ZDF, in der Zeit vom 12. Juni bis zum 13. Juli alle 64 Spiele der Weltmeisterschaft so zu übertragen, dass die Fans in Deutschland zufrieden sind — und sich somit die hohen Kosten rechnen, die ein solches Sportgroßereignis auf der Rechteseite und auch in der technischen Umsetzung der Berichterstattung zwangsläufig verursacht. Die bisherigen Quoten der Fußball-WM honorieren die Anstrengungen der beiden Sender aber durchaus.

Bei der Übertragung der Fußball-WM 2014 kooperieren ARD und ZDF enger als in früheren Jahren, erläutert Bertram Bittel, ARD-Teamchef der Fußball-WM 2014: »Noch nie zuvor gab es eine so enge Zusammenarbeit von ARD und ZDF, wie bei dieser Fußball-WM. Durch die entstandenen Synergien ist es uns gelungen, unser programmliches Konzept cross-medialer und stärker denn je auszubauen, technische Innovationen zu integrieren und gleichzeitig Kosten zu sparen.« Bittel ist Direktor für Technik und Produktion des SWR und bei diesem Sender liegt die Federführung für die WM-Berichterstattung der ARD — und auch die Gesamtfederführung für die technische Seite der gemeinsam von ARD und ZDF realisierten Übertragung der Fußball-WM, die sich die beiden großen öffentlich-rechtlichen Programme in Deutschland teilen.

Bei den ganz grundlegenden Technikfragen haben sich ARD und ZDF auf die Produktion in HD festgelegt und zwar im in Brasilien gebräuchlichen Format 1080i59,94. Erst unmittelbar vor der Ausstrahlung in Deutschland wird dieses Signal dann in 720p50 gewandelt. Den Ton produzieren die beiden Sender in Dolby 5.1.

Einen Großteil der Bilder und Töne für ihre Berichterstattung erhalten ARD und ZDF — wie seit vielen Jahren üblich — von HBS, dem Host-Broadcaster der WM. HBS hat die Produktion der Fußball-Weltmeisterschaften über die Jahre immer weiter perfektioniert und liefert den Lizenznehmern, die beim Fußballverband Fifa die entsprechenden Rechte gekauft haben, Programm-Feeds und –Pakete auf höchstem Qualitätsniveau. Rein rechtlich läuft das so, dass die Fifa den Dienstleister HBS mit den Aufgaben eines Host-Broadcasters betraut. Dazu gehört es, die fernsehtechnische Infrastruktur für die TV-Übertragung der WM aufzubauen und dann während des laufenden Events die Lizenznehmer mit Bildern und Tönen zu beliefern und verschiedene Services bereitzustellen.

Sender wie ARD und ZDF produzieren zusätzlich vor Ort eigenes Material, wie etwa die Moderationen und Diskussionen vor und nach dem Spiel, sowie ergänzende Beiträge, die für das deutsche Publikum interessant sind, etwa aus dem Mannschaftsquartier des deutschen Teams.

WELTBILD-PRODUKTION
HBS: Weltbild, Kameras

HBS ist seit vielen Jahren technischer Dienstleister der Fifa und produziert das Weltbild, das den Rechteinhabern in ganz unterschiedlichen Paketen zur Verfügung gestellt wird. Auch die Berichterstattung von ARD und ZDF basiert wesentlich auf den Feeds von HBS, besonders bei den einzelnen Matches. Das von HBS bereitgestellte Material wird aber von den öffentlich-rechtlichen deutschen Sendern natürlich um eigene Bilder ergänzt.

SWR-Mann Carsten Higler, Technischer Leiter für die ARD, berichtet, dass HBS sein Angebot über die Jahre immer weiter ausgebaut und optimiert habe. »Mittlerweile können auch kleinere Sender, die keine Möglichkeiten haben, mit einem großen Team vor Ort zu sein, mit den HBS-Feeds eine sehr anspruchsvolle Berichterstattung realisieren.« Vito Zoiro, Higlers Counterpart beim ZDF, ergänzt: »Gerade die Inhalte des Fifa-Max-Servers bieten tolles Material, unter anderem auch von den über 40 ENG-Teams, die HBS während der WM zu diesem Zweck in ganz Brasilien einsetzt«.

Aufgrund der Dimensionen des Landes und der enormen Entfernungen zwischen den einzelnen Stadien hat HBS das Konzept mobiler Regien, das letztlich in Südafrika erstmals umgesetzt wurde (siehe Bericht), für den Einsatz in Brasilien weiter verfeinert. HBS hat hierfür einen Rahmenvertrag mit Sony als Prime-Contractor geschlossen.

Konkret sind in den Stadien in Brasilien mobile Produktions-Container installiert, die das deutsche Systemhaus Sono Studiotechnik im Auftrag des Prime-Contractors Sony gebaut und unter anderem auch mit umfangreichem Equipment von Imagine (früher Harris) vorinstalliert hat. Die Container wurden dann nach Brasilien verschifft und zu den einzelnen Austragungsorten transportiert. Dort wurden sie innerhalb von nur zwei Wochen mit EVS-Servern und Kameraanbindungen ergänzt und nun dienen sie während der WM für die Produktion des Weltbildes. Um eine Vorstellung der Equipment-Dimensionen zu bekommen: Allein 196 XT3-Server von EVS sind insgesamt an den zwölf Venues der Fußball-WM im Einsatz.

Die Anzahl der maximal pro Spiel eingesetzten Kameras hat HBS bei der Produktion der WM in Brasilien nochmals erhöht: Nun sind bis zu 34 Kameras pro Spiel im Einsatz. Neben den klassischen Kameras, die fix auf den Rängen und am Spielfeldrand platziert sind oder mobil auf Steadicam-Systemen genutzt werden, kommen auch zahlreiche Spezialkameras zum Einsatz. So ist etwa jedes der zwölf Stadien mit einer an Seilen aufgehängten, beweglichen Spidercam und zwei Krankameras ausgerüstet. Weiter gibt es neben normalen Broadcast-Slomo-Kameras auch jeweils zwei Ultra-Motion-Kameras, die noch höhere Bildraten schaffen, sowie Torkameras, Tunnel-Cams, Beauty- und Player-Cams — und natürlich auch Hubschrauber-Kameras. Einige der Spezialkameras stammen übrigens vom deutschen Hersteller TV Skyline.

In puncto Bildregie setzte HBS wie bei den vergangenen WMs darauf, mit sogenannten Dreamteams zu arbeiten, also mit eingespielten Kernmannschaften, denen jeweils die Bildführung obliegt. HBS benannte hierfür acht bekannte Bildregisseure aus verschiedenen Ländern, die dann jeweils mit ihren Produktionsteams die TV-Aufbereitung der Spiele gestalten.

Acht Produktionsteams setzt HBS also für die TV-Produktion der Fußball-WM ein. Diese Produktionsteams wechseln zwischen den zwölf Stadien und nehmen dabei auch Teile des technischen Equipments mit.

Die Feeds aus den Stadien werden über mehr als 100 IP-Director-Systeme von EVS im international Broadcast Center (IBC) der Fußball-WM in Rio de Janeiro administriert. Damit ist es den Rechteinhabern auch möglich, das umfangreiche Material auf dem Fifa-Max-Server zu durchsuchen und abzurufen. Insgesamt werden rund 4.500 Stunden Content auf diesem EVS XStore SAN gespeichert.

Das deutsche Unternehmen Moov-IT arbeitet übrigens auch mit HBS zusammen: Moov-IT-Geschäftsführer Wolfgang Felix erklärt, dass durch eine speziell entwickelte Software Highlights eines Spiels annähernd in Echtzeit geschnitten werden (weitere Infos). Darüber hinaus werden Clips fürs Web und mobile Endgeräte produziert. Alle entscheidenden Szenen eines Spiels werden in 14 Sprachen innerhalb von nur drei Minuten zur Ausspielung vorbereitet.

Trotz dieses enormen Aufwands hat HBS natürlich letztlich immer das Große und Ganze des Events im Auge und konzentriert sich eher auf die relativ neutrale Aufbereitung der einzelnen Begegnungen. Die nationalen Sender hingegen brauchen mehr Infos, mehr Nähe und mehr Drumherum über das jeweils eigene Team und wollen zudem ihr individuelles Rahmenprogramm produzieren — das wiederum erfordert ergänzendes eigenes Equipment und Personal vor Ort.

HBS: Tonaufzeichnung

HBS setzt während der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien in großem Umfang auf Audio- und Mikrofontechnik von Sennheiser. Unter anderem kommt auch das neue Surround-Mikrofonsystem Esfera zum Einsatz. Mit Esfera ist es möglich, aus dem Signal eines Stereomikrofons einen vollständigen 5.1-Surround-Tond zu erzeugen. HBS setzt die Esfera-Mikrofone in Brasilien in mehreren Bereichen ein, etwa im Spielertunnel, als Außen-Ambience-Mikrofon und als 5.1-Havarie-Mikro an der Führungskamera.

Neben Esfera nutzt HBS in Brasilien aber noch weitere Sennheiser-Technik ein: So sind etwa zur Aufnahme der Ball- und Spielgeräusche insgesamt rund 300 Richtrohrmikrofone im Einsatz, die in den einzelnen Stadien installiert sind. Das lange Richtrohr MKH 8070 wird beispielsweise am Spielfeldrand für die Aufnahme weit entfernter Schallquellen eingesetzt. Auch das kurze Richtrohr MKH 8060 wird verwendet: etwa in Kombination mit einem Aufstecksender der 2000er-Serie an den freischwebenden Spidercams. Weiter sind in den Stadien insgesamt 96 Stereo-Richtrohrmikrofone MKH 418-S angebracht.

Auch die für HBS produzierenden Reportage-Teams nutzen Ton-Equipment von Sennheiser, darunter 120 Reportagemikrofone vom Typ MD 46. Den Teams stehen zudem HD 25-Kopfhörer zum Audio-Monitoring zur Verfügung. Für die kabellose Tonübertragung werden Funkstrecken aus der 2000er-Serie genutzt, wie beispielsweise der Kameraempfänger EK 2000, der Handsender SKM 2000 oder auch der Taschensender SK 2000.

HBS: Second Screen

Auch den Bereich Second Screen hat HBS enorm ausgebaut und beispielsweise eine eigene App entwickelt, die pünktlich zur WM in den App-Stores zum Download bereit steht. Darüber können die Nutzer umfangreiches zusätzliches Info- und Videomaterial abrufen. »Das ist ein tolles Tool, das HBS hier entwickelt hat. Es liefert den Zuschauern einen echten Mehrwert«, urteilt Carsten Higler. Mit der App können die Zuschauer gerade im Spiel abgelaufene Szenen auf ihrem Smartphone oder Tablet noch einmal abrufen und beispielsweise aus einer anderen Kameraperspektive betrachten.

Die Applikationen, die HBS im Second-Screen-Bereich anbietet, basieren letztlich auf der C-Cast-Technologie von EVS (Infos). Sie bindet die Live-Produktionsumgebung von HBS an eine zentrale, cloud-basierte Plattform an, die Live-Streams, Clips unterschiedlicher Blickwinkel und auch Social-Media-Feeds integriert und in Form einer White-Label-App zur Verfügung stellt, die dann von den Lizenznehmern gelabelt und angeboten werden kann.

4K und 8K bei der WM

Bei der Produktion von Fußball-Weltmeisterschaften geht es auch immer darum, neue Technologien zu testen. In diesem Jahr wird das auf breiterer Basis die 4K-Technik sein, aber auch 8K will die Fifa gemeinsam mit den Partner Sony und NHK einsetzen und voranbringen.

Das Achtelfinale am 28. Juni, das Viertelfinale am 4. Juli und das Finalspiel am 13. Juli 2014 werden in 4K-Auflösung produziert. Sony wird die Fifa dabei umfassend technisch unterstützen und ein 4K-Live-Produktionssystem einrichten. Für die Aufzeichnung kommen unter anderem Kameras des Typs PMW-F55, 4K-Multiport-AV-Speichereinheiten (PWS-4400), sowie 4K-LCD-Monitore (PVM-X300) und der 4K-Multiformatmischer MVS-7000X zum Einsatz. Insgesamt werden pro Spiel zwölf 4K-Kameras im Einsatz sein. Das mit diesen Kameras aufgenommene 4K-Material wird für den offiziellen 4K-Film zusammengeschnitten. Bei einigen Spielen wird möglicherweise auch 4K-Equipment von Sony in den Live-Produktions-Workflow integriert — dann könnten in HD down-konvertierte, aber mit einer 4K-Kamera aufgenommene Bilder On Air gehen.

Eine 4K-Live-Übertragung wird es jedoch nicht geben. Nach der WM 2014 können die Endkunden aber in den Genuss des 4K-Materials gelangen: Sony und die Fifa werden den offiziellen Film zur Fußballweltmeisterschaft 2014 in 4K nachbearbeiten und fertigstellen. Der Film wird eine Auswahl an Highlights verschiedener Spiele beinhalten, unter anderem aus dem Finale. Fußball-Fans können den Film dann nach Ende der WM über Online-Distributionsdienste in 4K-Auflösung ansehen.

Neben der Fifa und Sony werden in den 4K-Tests natürlich auch der Host HBS, der brasilianische Satellitenanbieter Globsat, der Ü-Wagen-Dienstleister Telegenic und der Hersteller EVS mit rund 45 Mitarbeitern an dem Projekt beteiligt sein.

Gemeinsam mit dem japanischen Broadcaster NHK wird es auch 8K-Tests während der WM geben, und zwar bei neun Spielen – unter anderem natürlich auch beim Finale. Dabei sollen jeweils fünf Kameras eingesetzt werden: zwei an der Mittellinie, zwei am jeweils seitlichen Spielfeldrand (Pitch Level) und eine hinter dem rechten Tor. NHK will mit diesen Produktionen weiter testen, wie sich die enormen Datenmengen bei 8K-Produktionen vernünftig bewältigen lassen.

ARD/ZDF-PRODUKTION

Allein schon aus logistischer Sicht ist die Berichterstattung aus Brasilien für ARD und ZDF eine Herausforderung, denn die Spiele finden in zwölf verschiedenen Stadien statt, die teilweise einige tausend Kilometer voneinander entfernt liegen. Spielstätten befinden sich in Belo Horizonte, Brasilia, Cuiaba, Curitiba, Fortaleza, Manaus, Natal, Porto Alegre, Recife, Rio de Janeiro, Salvador und Sao Paulo.

Das ZDF startete mit der Berichterstattung mit dem Eröffnungsspiel Brasilien/Kroatien. Die weiteren Spiele finden dann im wesentlichen im Wechsel statt. Das Finalspiel hat schließlich die ARD im Programm. Das Technikpersonal von ARD und ZDF ist annähernd hälftig aufgeteilt, und die Technikteams werden gemeinsam für beide Sender arbeiten.

Equipment: von Sotschi nach Rio

Weite Teile des Equipments, das ARD und ZDF einsetzen, reisten direkt nach den Olympischen Winterspielen von Sotschi aus in rund 40 Containern per Schiff nach Brasilien. Dabei war nicht nur Equipment aus der mobilen Produktionseinheit (MPE) vertreten, dem gemeinschaftlichen Gerätepool von ARD und ZDF, sondern auch umfangreiches angemietetes Equipment, das zu Teilen von Wellen+Nöthen stammt.

Wellen+Nöthen ergänzte die MPE unter anderem mit Technik für Schnitt, Redaktion sowie die Grafik. Zentrale Komponenten des Miet-Equipments sind Komponenten von Avid und EVS, mit denen die Sender eine file-basierte HD-Produktionsumgebung realisieren. Aus dem Rental-Pool bestreitet Wellen+Nöthen in kleinen Teilen auch die technische Ausstattung der Produktionsstätten mit Dry-Hire-Equipment für die Bereiche Monitoring, Recording sowie Audio- und Video-Processing. So sind unter anderem rund 200 Sony-Displays der LMD- und PVM-Serien, mehr als 65 Displays von Eizo, Multiviewer-Systeme von Evertz, MAZen und Recorder von Sony und Panasonic, sowie zahlreiche Mess- und Steuerungskomponenten von Jünger, Wohler, DK Technologies oder Lynx im Einsatz.

Moderationsplattform an der Copacabana

Die wichtigste Neuerung und Veränderung in der Berichterstattung für ARD und ZDF ist eine von beiden Sendern gemeinsam genutzte Moderationsplattform. Die befindet sich auf einer Dachterrasse an der Copacobana. ARD und ZDF sind nicht zuletzt aus Kostengründen davon abgewichen, so wie früher unterschiedliche Produktionsorte für für die Vor- und Nachbereitung der Spiele  zu nutzen. Bei der Fußball-EM in Polen und der Ukraine etwa, hatte das ZDF von der Ferieninsel Usedom und die ARD direkt aus den Stadien berichtet (weitere Infos).

In Rio werden die beiden Sender nun stattdessen also von einer gemeinsamen Dachterrasse an der Copacabana berichten, die rund 35 km vom IBC entfernt ist. De facto wird die Plattform als Remote Production betrieben, denn die gesamte Technik der Dachterrasse ist per Glasfaser an die Regie im IBC angebunden.

Mit diesem Konstrukt können die beiden Sender massiv Kosten einsparen, erläutert Vito Zoiro, Technischer Leiter des ZDF: »Wir betreiben in Rio damit nur eine Regie, was schon einiges an Personal einspart.«

Carsten Higler vom SWR ergänzt, dass diese Form der Remote Production aus technischer Sicht letztlich für ARD und ZDF bei einer solchen Produktion zwar Neuland, aber durchaus zu bewältigen sei: »Allerdings müssen sich die Mitarbeiter etwas umstellen, weil es eben nicht mehr möglich ist, kurz von der Regie ins Studio zu gehen, etwa um offene Fragen zu besprechen.«

Die Dachterrasse selbst ist für die WM-Berichterstattung gut ausgestattet: Im Kamerabereich sind ein Fahrstativ, eine Polecam, eine Steadicam, eine größere Kamera mit langer Optik, die auch in Richtung Public Viewing blicken kann, eine tragbare Kamera sowie zwei Drahtlos-Kameras im Einsatz. Letztere können auch am Strand eingesetzt werden. »Bei den Spielen der Brasilianer werden unzählige Zuschauer die Spiele beim Public Viewing an der Copacabana verfolgen. Hier setzen wir dann unter anderem die zwei Drahtlos-Kameras ein, die auf Distanzen von zwei, drei Kilometern übertragen werden«, erläutert Carsten Higler.

Audio- und Videosignale von der Dachterrasse gelangen via Glasfaser in Form von Gigabit-IP-Verbindungen ins IBC. HBS hatte unterhalb der Dachterrasse von ARD und ZDF ebenfalls ein großes Studio für unilaterale Broadcaster gebaut, sodass es möglich war, die benötigte Glasfaserleitung über den Host-Broadcaster zu buchen. »Videoseitig nutzen wir für Übertragung der Kamerasignale JPEG-2000-Wandler, die Anbindung dafür realisiert die Firma Vidi. Über eine Lawo-Verbindung werden die Audiosignale übertragen. Da es bei der Entfernung ins IBC spürbare Laufzeiten gibt, realisieren wir auf der Dachterrasse über ein kleines Sapphire-Standalone-Pult gleich noch eine kleine Mischung und ferngesteuert übers große Lawo-Pult im IBC die In-Ear-Versorgung für die Moderatoren. Das ist zwar etwas aufwändiger, aber auch wichtig für die Moderatoren, für die sich die Produktion so anfühlen soll, als stünden sie direkt in einem Glasstudio im Stadion«, so Carsten Higler. 

Im Grafikbereich nutzen ARD und ZDF die noch ganz neue, innovative Technologie von Ncam (mehr Infos zu diesem System). Damit können Grafikelemente ohne Greenscreen live in Realszenen eingeblendet werden — und zwar so, dass ein absolut realistischer Bildeindruck entsteht: Die reale Kamera steuert dabei virtuell ein Grafiksystem. So lässt sich live eine 3D-Animation und ein reale Szene kombinieren. Neben den Moderatoren sieht der Zuschauer dann die Grafiken, als würden Sie vor Ort auf der Dachterrasse stehen.

Eine Steadicam-Kamera ist mit der notwendigen zusätzlichen Sensorik ausgestattet und steuert darüber ein Vizrt-Grafiksystem im IBC. »Auf der Dachterrasse ersetzt diese Technologie letztlich den Monitor, den man aus dem Glasstudio kennt und der üblicherweise genutzt wird, um Aufstellungen oder ähnliches zu visualisieren. Mit einem Monitor können wir auf der Dachterrasse, von der wir auch tagsüber berichten, nicht arbeiten, weil es dafür zu hell ist. Für solche Dinge, aber auch für Übergänge zu Stadionschalten, arbeiten wir nun mit dem Ncam-System«, erklärt Carsten Higler.

In der Spielanalyse arbeiten ARD und ZDF mit dem System Liberovision, das der Grafikanbieter Vizrt übernommen und in sein Portfolio integriert hat.

DFB-Quartier

Die Berichterstattung aus dem DFB-Quartier spielt bei großen Turnieren immer eine wichtige Rolle. Bei der WM in Brasilien logiert die Nationalmannschaft im abgeschiedenen Fischerdorf Campo Bahia bei Porto Seguro, einem Ort zwischen Rio und Salvador. Von diesem Quartier aus ist die Anreise zu den Orten der Vorrundenspiele in Salvador, Fortaleza und Recife vergleichsweise kurz. Aus fernsehtechnischer Sicht ist der Ort allerdings durchaus herausfordernd, weil bis vor kurzem noch offen war, ob überhaupt eine Glasfaser-Anbindung in Kombination mit einer Richtfunkanlage zu dem Ort möglich sein würde und weil auch die Verfügbarkeit eines Handy-Netzes alles andere als gesichert war. Rechtzeitig vor Beginn der WM wurde aber eine Anbindung realisiert, so dass ARD und ZDF zumindest in dieser Hinsicht problemlos berichten können und die Datenanbindung ans IBC gegeben ist.

Beim DFB-Quartier haben sich ARD und ZDF dazu entschieden, eine mobile Regie mit Komponenten von WDR, SWR und aus dem Equipment-Pool MPE zu nutzen. Konkret werden immer zwei Regien für ARD und ZDF vor Ort sein, weiter insgesamt sechst vernetzte Avid-Schnittplätze und zwei EVS-Maschinen für Ingest und Zuspielung. Der WDR übernahm nach der Vorplanung durch den SWR diesen Bereich der Berichterstattung, für den Harald Glaser als Technischen Leiter verantwortlich ist.

Die Pressekonferenzen im DFB-Quartier realisiert der DFB seit dem Jahr 2011 in Eigenregie – bei früheren Weltmeisterschaften haben das noch die Sender für den Verband übernommen.

Weiter sind im Rahmen der Berichterstattung über die Mannschaft zwei SNG-Fahrzeuge der Firma Satcom im Einsatz, die mit zwei Kameras und zwei Schnittplätzen ausgestattet sind und an den verschiedenen Spielorten direkt von der Mannschaft und ihrem jeweiligen Quartier berichten.

Venues

Für ergänzende Berichterstattung aus den Stadien sind bei den Spielen der deutschen Mannschaft zwei Ü-Wagen der Firma HD-Signs im Einsatz. Carsten Higler erläutert, dass die eigenen Fahrzeuge von ARD und ZDF über den Sommer bei etlichen anderen Events im Einsatz sind, so dass es letztlich in der Kalkulation günstiger war, einen externen Dienstleister zu buchen. Dabei zeigte es sich, dass es preisgünstiger war, Ü-Wagen aus Deutschland nach Brasilien zu verschiffen, als dort welche anzumieten.

Eines der beiden HD-Signs-Fahrzeug produziert die Vorrundenspiele in Salvador Fortaleza und Recife, wobei hier eine Technik-Crew des SWR auf dem Fahrzeug arbeiten wird. Als Backup-Team sind drei HD-Signs-Mitarbeiter noch vor Ort. Aufgrund der großen Entfernungen ist ein zweites Fahrzeug von HD-Signs für das Halbfinale und das Finale vorgesehen. Hier wird eine ZDF-Crew im Einsatz sein. Im Zusammenspiel mit den HD-Signs-Fahrzeugen sind Grass-Valley-Kameras der Typen LDK 600 und LDK 8000 im Einsatz.

Insgesamt sind bei den Deutschland-Spielen acht zusätzliche, eigenen Kameras von ARD und ZDF im Einsatz: für Flash-Interviews, im VIP-Bereich, in der Mixed Zone im Kellerbereich des Stadions (Trainer-/Spielerinterviews), sowie Kameras, die am Spielfeld zusätzliche Bilder vom Spiel einfangen können.

»Inhaltlich werden wir natürlich schon vor dem eigentlichen Spiel in der Vorberichterstattung, in der Halbzeitpause und im Anschluss an die Spiele von der Dachterrasse ins Stadion schalten und wieder zurück«, erläutert Carsten Higler.

Spiel-Kategorien

Die Spiele der deutschen Nationalmannschaft stoßen beim deutschen Publikum natürlich auf das größte Interesse, deshalb berichten ARD und ZDF bei diesen Spielen auch mit besonders großem Aufwand. Generell arbeiten die Sender wie auch bei anderen Fußball-Turnieren mit Kategorisierungen, die letztlich den Technikaufwand beschreiben, mit dem ein Spiel produziert wird. In Brasilien gibt es die folgenden Kategorien:

  • Kategorie A: Deutsche Spiele, Halbfinale, Finale. Hier wird jeweils ein eigener Ü-Wagen vor Ort sein.
  • Kategorie B: Wichtige Spiele ohne deutsche Beteiligung. Diese Spiele werden ohne eigenen Ü-Wagen produziert. Hier nutzen zwei eigene Kameraleute von ARD und ZDF ein 2-Camera-Kit des Host-Broadcasters HBS, das ans IBC angebunden ist. An vorverkabelten Positionen in unterschiedlichen Bereichen können dann mit dem 2-Camera-Kit Interviews realisiert werden.
  • Kategorie C+: Spiele, von denen man zwar eine Berichterstattung haben möchte, die über das Standard-HBS-Angebot hinausgeht, die aber mit möglichst geringem Technikaufwand realisiert werden soll. Dabei wird eine EB-Kamera über eine Verkabelung des Host-Broadcasters HBS und per Glasfaserwandler live-fähig ans IBC angebunden. »Über eine ganz normale Vanda-Box bekommen wir mit diesem Setup eine EB-Kamera samt Ton ins IBC, um etwa Flash-Interviews oder andere Elemente auf unsere EVS-Server einspielen und mit kurzem Zeitversatz in die Berichterstattung einbauen zu können«, erläutert Carsten Higler.
  • Kategorie C: Spiele von geringerer Bedeutung. Diese werden ohne zusätzliche eigene Technik nur einem mit Kommentator vor Ort realisiert.
EB-Teams

ARD und ZDF schicken in Brasilien mehr als zehn eigene EB-Teams durch das Land, um unabhängig Stimmungen, Entwicklungen und Ereignisse jenseits der Spiele einfangen zu können. Drei davon sind am DFB-Quartier stationiert und reisen mit der Mannschaft (mit XDCAM– und P2-Camcordern). SWR-seitig sind vier sogenannte smarte EB-Teams unterwegs, bestehend aus Kameramann, Cutter und Story-Macher. Sie sind mit PDW-300-Kameras von Sony und einem Avid-Laptop-Schnittplatz ausgerüstet. Drei weitere EB-Teams sind in Rio stationiert.

International Broadcast Center

Das IBC der Weltmeisterschaft in Brasilien befindet sich im Riocentro Exhibition Complex in Barra da Tijuca, westlich von Rio. Diese Gegend ist besonders für ihre Strände bekannt und gilt auch als sehr sicher – ein Aspekt, der für die Wahl dieser Location nicht ganz unerheblich gewesen sein dürfte. Der Riocentro Exhibition Complex soll in zwei Jahren auch bei den Olympischen Spielen eingesetzt werden.

Das Gelände ist nur 20 km vom berühmten Maracana-Stadion und rund 30 km vom internationalen Flughafen Rio de Janeiro Galeao entfernt. In den Hallen des Komplexes sind die internationalen Broadcaster sowie die Headquarter von Fifa TV, HBS und FBST untergebracht.

ARD und ZDF belegen im IBC eine Fläche von rund 2.250 qm. Das Sendezentrum bedient alle Bereiche: Fernsehen, Radio und Internet. Neben der Remote-Regie, die per Glasfaser an die Moderationsplattform angebunden ist, sind dort sowohl der Schaltraum, die Redaktionen, die Produktion, der Schnitt, als auch die Sprecherstudios untergebracht.

Im IBC kommt für den zentralen Ingest, den Materialtransfer, die Bearbeitung, sowie im Bereich des Highlight-Schnitts und Playouts ein integriertes System zum Einsatz, das aus der Avid-Software Interplay, dem Speichersystem Isis 7000, Ingest– und Playout-Servern des Typs AirSpeed 5000 sowie XT-3-Servern von EVS und den zugehörigen IP-Director-Systemen besteht. »Wenn wir die Gesamtausstattung der EVS-Plätze zusammenzählen, ergibt das 50 Eingangskanäle und eine Aufzeichnungskapazität von 3.000 Stunden«, erläutert Vito Zoiro. »Beim Isis-System haben wir eine Kapazität von 3.500 Stunden in HD.«.

Vito Zoiro erklärt weiter, welche Signale bei ARD und ZDF im IBC auflaufen und bearbeitet werden: »Zum einen haben wir die verschiedenen HBS-Feeds, die alle direkt auf dem Isis-Speichersystem auflaufen und dann auch sofort zur Bearbeitung zur Verfügung stehen. Zusätzlich haben wir einen Sonderformate-Raum, wo wir den zentralen Ingest für EB- oder auch für Archiv-Material realisieren. Dieses Material steht nach dem Ingest aufs Isis-System ebenfalls allen Schnittplätzen zur Verfügung. Des weiteren gibt es aus den Venues noch eine File-Transfer-Möglichkeit, was Bestandteil des Fifa-Max-Systems ist.«

Über das Fifa-Max-Angebot von HBS haben ARD und ZDF einerseits Zugriff auf umfangreiches EB-Material, das HBS in ganz Brasilien mit großem Aufwand produziert. Andererseits ist es den eigenen EB-Teams von ARD und ZDF aber auch möglich, Material von den Venues in den Technical Operation Centers (TOC), file-basiert ins IBC zu überspielen. »Diese file-basierte Übertragung hat für uns den Vorteil, dass wir damit sehr flexibel sind, weil wir keine festen Zeiten für eine Übertragung buchen müssen«, erläutert Vito Zoiro.

Wie schon bei einigen Groß-Events in den Vorjahren setzen die beiden Sender auch in Rio auf das Konzept, topaktuelle Beiträge mit EVS-, längere Stücke hingegen mit Avid-Systemen zu schneiden. »Dieses Setup hat sich für uns bewährt, weil wir oft auch parallel an verschiedenen Auswertungen arbeiten«, so Zoiro. »Der klassische Workflow sieht aber üblicherweise so aus, das wir einen Beitrag am Avid schneiden, ihn dann an den Audiomix posten, wo eine Sprachaufnahme stattfindet, bevor das Stück dann wieder zurück an den Sende-Server geht oder auch überspielt wird nach Baden-Baden/Mainz, wo es für den aktuellen Bereich weiterbearbeitet wird.«

Der Hi-Res-Schnitt erfolgt im IBC mit 13 Media-Composer-Schnittplätzen von Avid in der Nitris-DX-Ausführung. Den Redakteuren stehen sowohl das Redaktionssystem iNews/Open Media zur Verfügung, wie auch diverse Interplay-Clients für die News-Produktion. Weiter gibt es im IBC einen EVS-Zuspielplatz und zwei EVS-Highlight-Schnittplätze.

Im Audiobereich produzieren die beiden Sender Dolby-5.1-Ton. »Es gibt eine zentrale Dolby-Mischung im IBC und wir arbeiten mit einem Lawo MC90-System«, erläutert Vito Zoiro den Ablauf in der Audioproduktion.

Heimatredaktion Baden-Baden

Für die Berichterstattung der aktuellen Sendungen hat die ARD in Baden-Baden eine Heimatredaktion eingerichtet: Dort befinden sich Sende- und Havarie-Regie sowie sieben Schnittplätze, die alle Beiträge produzieren, die außerhalb der eigentlichen Sportsendungen stattfinden — also etwa in den Nachrichtensendungen. Weiter produziert die ARD alle Grafiken, Trailer oder Bauchbinden in Baden-Baden. »Bei der Übertragung des Contents nach Deutschland wollten wir verstärkt file-basiert arbeiten, mussten aber aufgrund der 60/50-Hz-Wandlung nun doch verstärkt auf Videoüberspielung setzen, um eine möglichst gute Bildqualität zu erhalten«, erklärt Carsten Higler.

Hörfunk

Auch beim ARD Hörfunk wird mit Remote Production gearbeitet: Hier setzt man auf eine Remote-Regie, die in der Heimatredaktion am SWR-Standort Baden-Baden integriert sein wird. In 9.000 km Entfernung werden so die Spiele in Brasilien koordiniert und betreut. Vor Ort in Rio ist ein voll digitales Hörfunk-Produktionszentrum entstanden, das im Wesentlichen unverändert bereits bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi zum Einsatz kam. Von hier aus werden alle Hörfunkwellen der ARD mit Storys, Nachrichtenminuten und Live-Talks versorgt. Erstmalig bei einer WM wird es ab dem Viertelfinale und bei allen Spielen mit DFB-Beteiligung eine Hörfunk-Vollreportage geben, die den Zuschauerinnen und Zuschauern auf den Audio-Description-Kanälen bei ARD und ZDF zur Verfügung stehen wird.

Online/App

ARD und ZDF setzen auf eine Erweiterung des Online-Angebots, wobei die Bereiche Online-TV und Radio sehr eng verzahnt arbeiten. Zudem wird die ARD eine umfangreiche WM-App anbieten, die letztlich von HBS entwickelt wurde, als White-Label-App aber mit dem Branding des Senders vertrieben wird. Die technische Grundlage dieser App ist unter anderem die C-Cast-Technologie von EVS.

Parallel zur App wird natürlich auf den Web-Seiten der Sender umfangreiche Bild- und Tonberichterstattung zu sehen sein, zusätzlich sind die Spiele auch online abrufbar. »Die App ist wirklich großartig und ein echter Mehrwert für die Zuschauer«, urteilt Carsten Higler. Die App steht seit dem 1. Juni zum Download bereit.

Übertragung

Die Fernseh-, Hörfunk-, Daten- und Kommunikationsverbindungen werden über eine Leitungsverbindung übertragen, die aus Havariegründen über zwei Glasfaser-Seekabel geführt wird. Eine weitere Übertragungsmöglichkeit über Satellit dient als Backup.

Sicherheit

Dass es in Brasilien zu Problemen kommen kann, zeigte sich schon im vergangenen Jahr während des Confed Cups, als es einige Demonstrationen gab, die in Gewalt umschlugen. Zudem gibt es auch nicht wenige Bereiche in den Großstädten, in denen die Kriminalität sehr hoch ist. Für die Broadcaster aus aller Welt galt es deshalb, die Mitarbeiter schon vorab zu schulen und auf kritische Situationen vorzubereiten. »Wir hoffen natürlich, dass alles ruhig abläuft, sehen aber durchaus, dass während es während der WM zu Problemen kommen kann«, urteilt Vito Zoiro.

ZUSCHAUER IN DER GANZEN WELT

Wenn es nach dem Willen der Ausrichter geht, soll in den kommenden Wochen der Fußball im Fokus stehen. Die Weichen dafür sind gestellt: die 64 Spiele der Weltmeisterschaft werden in 220 Länder weltweit übertragen, und der Host Broadcaster wird während der WM rund 5.000 Stunden an Material für die Broadcaster in aller Welt produzieren. An Inhalten wird es also nicht mangeln, und an Zuschauern vermutlich ebenso wenig.

Kommentar: Die Fifa und der Fußball

Fußball-Weltmeisterschaften waren für Sportbegeisterte immer schon immer etwas besonderes: Auf einen Schlag viele Weltklasse-Mannschaften in einem Turnier zu sehen und mindestens ebenso viele Überraschungen im Verlauf einer WM mit zu erleben, machen den ganz besonderen Reiz dieses Turniers aus, das weltweit mit riesigem Interesse verfolgt wird.

In den vergangenen Jahren hat die Fifa unter ihrem Chef Blatter die Fußball-WM allerdings sukzessive zu einem Event umgebaut, bei dem die Gewinnmaximierung bei der Vermarktung der Veranstaltung immer wichtiger, aber auch undurchsichtiger wurde. Bestechung, Unterschlagung und undurchsichtige interne Strukturen bei der Fifa sind ständig Thema. Sie scheinen an der Organisation aber abzuperlen, und weder die Bestechungsvorwürfe bei der Vergabe der Fußball-WM nach Katar noch die Toten der WM-Baustellen in Katar änderten daran bisher etwas.

Auch in Brasilien gab es anfangs Proteste gegen die Fußball-WM, denn die Fifa stellt hohe Forderungen an die Länder, die eine Fußball-WM austragen. Manche sagen auch, dass die Fifa die Austragungsländer maximal auspresst. Die Zahlen, die etwa der Spiegel in einer seiner jüngsten Ausgaben veröffentlichte, verdeutlichen das: Demnach gibt Brasilien für die WM umgerechnet 9,9 Milliarden Euro aus. Geld, das dem Land in vielen Bereichen, etwa bei Schulen, Krankenhäusern und anderen Versorgungseinrichtungen bitter fehlt. Dem stehen die Einnahmen der Fifa gegenüber: Sie verdient an der Vermarktung von TV-Rechten und Lizenzen der Fußball-WM laut Spiegel umgerechnet rund 3,1 Milliarden Euro.

Solche Zahlen und Fakten können selbst eingefleischten Fußball-Fans die Freude an diesem Turnier vergällen. Doch weil der Mensch vergesslich ist und die TV-Sender die Quoten für ihre teuer erstandenen Übertragungsrechte einfahren wollen, ist das nun während der laufenden WM-Berichterstattung kaum noch Thema.

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08.05.2013 – Sony und Fifa: 4K-Testproduktion beim Confed-Cup 2013
11.04.2013 – NAB2013: Sono stattet mobile Produktionscontainer aus
08.09.2012 – IBC2012: Sony schließt Deal mit Fifa und HBS ab
16.07.2011 – Frauen auf den Platz!
23.04.2014 – NAB2014-Video: Projekte und Entwicklungen bei SonoVTS
25.06.2014 – Blackout durch Fußballwahn
09.07.2014 – Emotionen! Ganz große Emotionen!
02.07.2014 – TV Skyline: Spezialkameras bei der Fußball-WM
04.07.2014 – WM-Studio von ARD und ZDF mit Lawo auf Sendung
15.07.2014 – Beste deutsche TV-Quote aller Zeiten: 34,65 Mio. sahen WM-Sieg

Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

Bildrechte
ZDF/Werner Rudhart (10), SWR/Alexander Kluge (1), SWR (3), Zoiro (7), HBS (10), Nonkonform/Archiv (6), Sony (3)

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