Kamera, Test, Top-Story: 30.03.2011

Test Sony PMW-F3: Einstieg in die digitale Kinowelt?

Mit dem PMW-F3 hat Sony nun einen Camcorder mit großem Sensor im Angebot. Schon die erste Vorankündigung dieses Geräts vor rund einem Jahr hatte Teile der Branche in helle Aufregung versetzt. Sony definiert den F3 als Einstiegsmodell der firmeneigenen Königsklasse: Der Sensor mit den Abmessungen eines Super-35-Bildfensters, verknüpft mit der Möglichkeit, Cine-Objektive mit PL-Mount zu nutzen, weckt bei den Anwendern Hollywood-Fantasien — verbunden mit dem Gefühl, verlässliche Technik eines etablierten Anbieters für vergleichsweise schmales Geld in die Hände zu bekommen. Ob dieses Bild stimmt, hat film-tv-video.de in einem Test des Camcorders ausprobiert.

Die Ankündigung des Camcorders, den Sony nun als PMW-F3 verkauft, fand im April 2010 im Rahmen der Broadcast-Messe NAB statt. Es verging dann noch geraume Zeit, in der Sony immer wieder wohldosierte Informationen zu dem Gerät bekanntgab, bis schließlich im Herbst 2010 erste funktionsfähige Prototypen in die Hände ausgewählter Anwender gelangten (Meldung). Seit wenigen Wochen ist der Camcorder, von dem nach Händlerangaben schon sehr früh zahlreiche Vorbestellungen eingingen, nun offiziell verfügbar.

Der erste Eindruck

Hat man den F3 in Händen, überraschen Gewicht und Größe des Camcorders: Irgendwie wirkt er auf Fotos kleiner und leichter, als er in der Praxis dann ist. Die Bauform scheint vertraut, obwohl es sich um eine Neukonstruktion handelt. Klappschirm an der Seite und Sucher am hinteren Ende verstärken den Eindruck eines klassischen Handhelds und so formt sich beim Betrachten von Fotos im Kopf eine Größenvorstellung, die das reale Gerät dann sprengt.

Der Body ist als Kunststoffgehäuse ausgelegt, er trägt ein Objektivbajonett, das rein mechanisch dem des EX3 gleicht, aber eine andere Kontaktleiste für die elektrische Verbindung zwischen Kamera und Objektiv aufweist. Einen mechanischen Adapter von diesem sony-eigenen Objektivanschluss auf den im Filmbereich verbreiteten PL-Mount liefert der Hersteller gleich mit — und den braucht man auch dann, wenn man die von Sony erhältlichen Festbrennweiten verwenden will (mehr zu diesem Thema im nächsten Abschnitt und in Kürze in einem separaten Artikel über F3-Zubehör).

Immerhin ist der Adapterring massiv ausgelegt und erlaubt es, etwa die drei PL-Festbrennweiten, die Sony zusammen mit dem Camcorder im Paket PMW-F3K anbietet, spielfrei mit dem Body zu verbinden. Damit ist richtiger, vollwertiger manueller Betrieb in puncto Schärfe möglich.

Beispielvideo 1 PMW-F3: 1080i-Sequenzen, gedreht mit den von Sony angebotenen Primes, intern aufgezeichnet auf SxS-Speicherkarte (35 Mbps, 4:2:0, 8 Bit). Keine Farbkorrektur, nur harte Schnitte. Weitere Infos zu Kameraparametern und Aufnahmebedingungen im Video selbst und auf der Vimeo-Seite von film-tv-video.de.
Was soll der sony-eigene Objektiv-Anschluss?

Welchen Sinn es ergeben soll, dem F3 einen Objektivanschluss zu verpassen, für den auch Sony selbst — zumindest derzeit — keine zum F3 passenden Objektive anbieten kann, das erschließt sich dem Außenstehenden (noch) nicht. Wäre es nicht sinnvoller gewesen, dem F3 gleich einen eingebauten PL-Mount zu spendieren? Selbst bei den im Set mit dem Camcorder erhältlichen Objektiven ist schließlich der Einsatz des mitgelieferten PL-Adapterrings erforderlich.

Oder steckt dahinter vielleicht eine andere Idee? Denkt man etwa an das momentan von Sony stark gehypte Thema Stereo-3D, wäre da vielleicht ein zwei-äugiges Objektiv denkbar, das im Zusammenspiel mit einer geänderten Chip-Auslesung und Signalverarbeitung bei Bedarf aus dem F3 einen Stereo-3D-Camcorder machen könnte — zwei HD-Ausgänge und zwei Karten-Slots hat der Camcorder ja schon.

Vielleicht sind das ja alles auch nur Hirngespinste, zum Nachdenken regt die aktuelle Situation beim F3-Objektivanschluss aber in jedem Fall an.

Das Grundprinzip

Der PMW-F3 ist als Single-Large-Sensor-Gerät (SLS) konstruiert: Er nutzt nur einen Sensor für die Bilderzeugung, der hat aber Abmessungen, die das bisher im Videobereich Übliche weit übersteigen.

Sony hat S35, also das Kürzel für das Filmformat Super-35, auf den Camcorder geschrieben. Super-35 ist ein Filmproduktionsformat, das in dem Bestreben geschaffen wurde, beim Drehen auf Film einen größeren Teil des Filmstreifens für die Aufnahme zu nutzen. Das Super-35-Bildfenster ist um 32 Prozent größer, als das des »normalen« Academy-Formats, es misst 18,66 mm in der Höhe und 24,89 mm in der Breite. Nun zieht Sony also die Parallele und will auch im F3 das digitale Pendant zu diesem Filmformat anbieten: Der im F3 eingebaute CMOS-Bildwandler entspricht nach Herstellerangaben diesen Abmessungen.

Ein Sensor dieser Größe erfordert entsprechende Objektive aus dem Cine-Bereich, die in der Lage sind, dieses Bildfenster komplett auszuleuchten. Außerdem ermöglicht es das Konstruktionsprinzip von SLS-Kameras, mit geringer Schärfentiefe zu arbeiten. Darin sehen viele Anwender einen wichtigen Aspekt, um einen hochwertigen »Film-Look« zu erreichen und näher in Richtung Hollywood zu rücken. Mit dieser Vorstellung beginnen auch viele Missverständnisse und Enttäuschungen — aber das ist eine andere Geschichte …

Bei der Sensor-Größe und den Objektiven hören die Parallelen des F3 zu S35 aber auf: Der PMW-F3 gibt Bildsignale mit einer Auflösung von maximal 1.920 x 1.080 Bildpunkten aus, also in HD-Bildqualität. Um diese Signale aufzuzeichnen, bietet der PMW-F3 zwei grundlegende Wege: die interne Aufzeichnung auf SxS-Speichermedien im Format XDCAM EX (MPEG-2, 8 Bit, 4:2:0, maximal 35 Mbps). Alternativ dazu kann der Camcorder auch ein 1080-Zeilen-Signal in verschiedenen Darreichungsformen ausgeben, das sich dann extern in höherer, unkomprimierter Qualität aufzeichnen lässt.

Die simpelste Möglichkeit hierfür ist die Aufzeichnung eines unkomprimierten HD-Signals in 720p oder 1080i, das der Camcorder über seine ganz normale HD-SDI– oder seine HDMI-Buchse ausgibt.

Von der Signalverarbeitung her kann der Camcorder aber noch mehr: Er bietet einen 1080p-Modus. Zwar kann der F3 dieses Format nicht intern aufzeichnen, aber er kann es auf externe Speichersysteme ausgeben. Als Schnittstelle hierfür dienen die zusätzlichen HD-SDI-Buchsen A und B im oberen Bereich der Geräterückseite. Ausgegeben wird darüber ein Dual-Link HD-SDI-Signal mit 1,5 Gbps (genaueres dazu finden Sie im Abschnitt »Modi und Formate«).

In Zukunft sollen außerdem verschiedene kostenpflichtige Software-Optionen verfügbar werden, die dann auch die Ausgabe diverser anderer Signaltypen über die beiden für Dual-Link-Betrieb vorgesehenen HD-SDI-Buchsen A und B ermöglichen: Datenraten bis 3 Gbps für Komponentensignale in 4:2:2 oder RGB-Signale in 4:4:4 sollen dabei möglich werden (mehr dazu im Abschnitt »Modi und Formate«).

Der Camcorder F3 kann also nur einen Teil der mit diesem Gerät schon in der Grundausstattung prinzipiell möglichen Bildqualität auch selbst aufzeichnen, wer mehr will, braucht Zusatz-Equipment. So zeigte Sony schon das Designmuster eines portablen SR-Memory-Recorders, der hier als Partner des F3 dienen kann — aber natürlich kommen auch andere Digitalrecorder mit Dual-Link-Eingang in Frage.

Warum XDCAM EX?

Ist dieses Camcorder-Prinzip sinnvoll, bei dem sich intern nur reduzierte Qualität speichern lässt? Ist das nicht so, als würde man ein Auto bauen, bei dem Motor und Fahrwerk nicht zusammenpassen? Viele Anwender können sich offenbar mit diesem Kompromiss anfreunden, der zwar einerseits den partiellen Abschied vom integrierten Single-Piece-Camcorder bedeutet, der aber andererseits einen niedrigeren Einstiegspreis ermöglicht — schließlich arbeitet auch Panasonics AG-AF101 (Test) so und es gab schon zu HDV-Zeiten solche Lösungen. Um noch einmal den Vergleich zum Fahrzeugbereich zu strapazieren: Der F3 ist so etwas wie ein gedrosseltes Motorrad — er kann viel mehr, als er von Haus aus zeigen darf.

Die Drosselung macht also den Camcorder günstiger, aber es bleibt das Geheimnis von Sony, weshalb sie so stark ausfällt. Schließlich hat der Hersteller beim PMW-500 (Meldung) selbst schon bewiesen, dass man zumindest 4:2:2-Signale mit 50 Mbps auf SxS-Karten speichern, also XDCAM HD 422 mit den verfügbaren Speicherkarten realisieren kann. Wieso also geht das beim F3 nicht? Wieso ist hier das Limit niedriger angesetzt und der Camcorder auf XDCAM EX festgelegt? Das hat ganz sicher keine technischen, sondern rein marktstrategische Gründe — und für die muss man aus Anwendersicht wirklich kein Verständnis haben.

Beispielvideo 1 PMW-F3: 1080i-Sequenzen, gedreht mit den von Sony angebotenen Primes, intern aufgezeichnet auf SxS-Speicherkarte (35 Mbps, 4:2:0, 8 Bit). Keine Farbkorrektur, nur harte Schnitte. Weitere Infos zu Kameraparametern und Aufnahmebedingungen im Video selbst und auf der Vimeo-Seite von film-tv-video.de.
Bildqualität

Die Videos, die in diesen Test integriert sind, zeigen alle sozusagen die Leistung der gedrosselten Version des F3-Einsatzes: Der Camcorder wurde so verwendet, wie er aus der Schachtel kommt, ohne externes Zubehör. Alle Clips wurden im Format XDCAM EX auf SxS-Karten gespeichert und mit den ordentlichen, aber sicher nicht ultimativen Sony-Primes realisiert.

Blendet man mal das Wissen aus, dass es mit dem gleichen Gerät auch besser ginge, muss man ganz klar sagen: Die damit erreichbare Qualität ist in den meisten Aspekten so gut, dass sie in der Realität für viele Projekte ausreichen wird — solange keine intensive Nachbearbeitung geplant oder erforderlich ist, die über den reinen Schnitt hinausgeht.

Schon EX1 (Test) und EX3, die ersten XDCAM-EX-Camcorder von Sony, drangen in Anwendungsbereiche vor, für die sie ursprünglich nie gedacht waren. Da aber die Bildqualität des F3 diese beiden Camcorder deutlich in den Schatten stellt, stehen ihm noch deutlich höhere Sphären offen. Sony selbst attestiert ja dem F3 durchaus das Potenzial, als Zweitkamera in F35- oder SRW-9000-Produktionen eingesetzt zu werden. Das wird wohl nicht die Regel werden, aber undenkbar ist das keineswegs — dann allerdings ganz sicher nicht mit der internen Aufzeichnung in 8 Bit und 4:2:0 mit 35 Mbps.

Das im Rahmen dieses Tests und bisher schon von einer wachsenden Zahl von Anwendern produzierte Bildmaterial, spricht aus Sicht der Redaktion eine klare Sprache: Es gibt durchaus klar erkennbare Limitationen und es sind Digitalkameras im Markt verfügbar, die den F3 in verschiedenen Aspekten der Bildqualität schlagen — aber es gab noch nie einen Camcorder, der bei einem dem F3 vergleichbaren Gerätepreis von 13.800 Euro (Netto-Listenpreis, ohne Objektive), vergleichbar gute Bilder hergegeben hätte.

Besser als die meisten Camcorder seiner Preisklasse hat der F3 etwa das Bildrauschen im Griff. Sony gibt den Rauschabstand mit 63 dB an und hat es geschafft, die Rauschunterdrückung so zu gestalten, dass auch beim Zuschalten höherer elektronischer Verstärkungsstufen ein harmonischer Bildeindruck entsteht: weder übertrieben und unnatürlich glattgebügelt, noch mit übermäßig stufigen Übergängen, gibt der Camcorder Dunkelzonen im Bild wieder. Der F3 schafft es auch, eine enorme Bildruhe zu liefern, ohne dass die Bilder dabei flächig oder unnatürlich wirken.

Auch Rolling-Shutter-Tests lockten den Camcorder nicht aus der Reserve: bananenförmig verkrümmte Straßenlampen oder Hauskanten konnten die Tester nicht provozieren.

Sehr schön war auch der Umgang des F3 mit Mischlicht: Beim Testdreh in einer Messehalle, in der Tages- und Kunstlicht aufeinander trafen, schaffte der Camcorder ein sehr realistisches Bild, das von der Farbe und der Belichtung her nicht in die eine oder andere Richtung abdriftete. Die Farben wirkten satt und echt, die Auflösung feiner Details und auch die Kontrastwiedergabe überzeugten — und immer wieder überraschten die Aufnahmen positiv, weil sie eine ausgesprochen plastische und realistische Wirkung erzielten.

Bei sehr detailreichen Einstellungen, etwa bei Totalen mit fein verästelten Bäumen und Sträuchern, gerät dann aber auch ein F3 irgendwann an seine Grenzen — wenn auch später als manch anderer Camcorder. Hier machten sich im Test auch ganz klar der Codec und die doch recht begrenzte Datenrate bei der Aufzeichnung auf SxS bemerkbar.

Insgesamt hinterließ der Camcorder in puncto Bildqualität einen sehr positiven Eindruck, der weit über das hinausging, was man bisher in der Preisklasse dieses Geräts erwarten konnte und zu sehen bekam.

Um so irritierender fanden die Tester einen Effekt, der im krassen Widerspruch zu all dem bisher genannten Positiven steht — ein Effekt, der bei schnellen Schwenks mit dem F3 zu beobachten ist: Das Bild wird dabei sehr viel unschärfer, als es allein durch die Bewegungsunschärfe erklärlich wäre.

Der erste Gedanke: Das liegt am Codec. Wenn man rasch schwenkt, ändern sich nämlich praktisch alle Bildelemente gleichzeitig und das ist für MPEG-2-basierte Verfahren wie XDCAM EX die Hölle: Um die Datenrate im Zaum zu halten, wird dann so massiv komprimiert, das exakt solche breiigen Unschärfen entstehen, wie sie im Test auch der F3 bei schnellen Schwenks produzierte.

Allerdings zeigte sich rasch, dass der beschriebene Effekt beim F3 auch auftritt, wenn das unkomprimierte Signal des Camcorders direkt via HD-SDI auf einen Monitor gegeben wird. Offenbar entsteht dieser Effekt also nicht im Codec, der die Datenrate für die SxS-Speicherkarte reduziert, sondern an anderer Stelle in der Signalverarbeitung.

Nach Sony-Angaben tritt dieser Effekt nicht mehr auf, wenn man im Picture Profile die Werte »Detail« und »Aperture« nicht auf Position »0«, sondern auf »Off« stellt. Leider konnte das im Test aus Zeitgründen nicht mehr verifiziert werden.

Objektive

Drei PL-Mount-Primes mit den Brennweiten 35, 50 und 85 mm bietet Sony im Paket mit dem Camcorder an. Die maximale Öffnung der Linsensysteme erreicht T 2.0, der Filterdurchmesser beträgt 95 mm. Die Objektive hinterlassen einen soliden Eindruck und räumen von der Abbildungsqualität ganz locker alles weg, was man aus dem EX1/EX3-Bereich kennt. Überragend sind die Objektive aber nicht, von Zeiss, Leica und anderen Herstellern gibt es bessere PL-Mount-Objektive — das Preis/Leistungs-Verhältnis der Sony-Objektive ist aber recht gut, schließlich kostet der Kit aus Camcorder und drei Festbrennweiten mit einem Netto-Listenpreis von 19.665 Euro nur knapp 6.000 Euro mehr, als der nackte Body.

Der Wunsch nach baldiger Verfügbarkeit der von Sony schon angekündigten Zoom-Objektive für den F3 stellte sich beim Testdreh übrigens durchaus ein. »Was spontan und unkontrolliert läuft, kann man mit dem F3 nur schwierig umsetzen«, meint etwa der Kameramann Hans-Albrecht Lusznat zum reportage-artigen Einsatz des Camcorders. Das in US-Medien angekündigte Sony-Zoomobjektiv (18 – 270 mm, F3.5 bis 6.3) würde sich gerade für solche Jobs gut eignen und den Camcorder flexibler machen — auch wenn 35-mm-Zooms sehr viel größer und schwerer sind als etwa 2/3-Zoll-Objektive.

Laut US-Medienberichten wird Sony zunächst ein Zoom ausliefern, das nur manuellen Fokus und Zoom bietet. Eine Variante davon, bei der sich elektrisch Zoomen und die Schärfe automatisch steuern lässt, soll es demnach erst 2012 geben. Sony hat diese Berichte aber bislang nicht offiziell bestätigt.

Zusätzlich könnte man sich als Abrundung der drei Sony-Festbrennweiten auch noch ein weitwinkligeres Objektiv vorstellen, denn auch mit dem 35-mm-Objektiv gerät man schnell an seine Grenzen.

Bedienung, Funktionen

Die grundlegende Bedienung des F3 gleicht über weite Strecken der von EX1/EX3: Wer einen dieser Camcorder kennt, findet ganz einfachen Zugang und kommt sehr rasch mit dem F3 zurecht.

Als Hilfsfunktionen beim Scharfstellen hat Sony die Bildausschnittsvergrößerung »Expanded Focus« und die farbige Kantenanhebung »Peaking« eingebaut. Hilfreiche Unterstützungsfunktionen, aber letztlich kommt man um einen größeren Monitor trotzdem nicht herum, wenn man mit geringer Schärfentiefe arbeitet.

Die Empfindlichkeit des Camcorders gibt Sony mit T11/ISO800 an. Der Camcorder ist auf Kunstlicht mit einer Farbtemperatur von 3.200 K abgestimmt, kann aber mit der Taste »5600K CC« rasch auf Tageslicht umgetrimmt werden. Diese Anpassung erfolgt elektronisch, es gibt also am F3 kein Farbfilterrad. Weiß- und Schwarzwert können voll- und halbautomatisch erfolgen, sie lassen sich zudem per Einstellmenü vielfältig beeinflussen.

Eine sehr schöne Funktion des F3 ist Slow/Quick-Motion. Sie ist für die Auflösungsraster HQ 1920/25P, HQ 1280/50P und HQ 1280/25P verfügbar. Je nachdem, was eingestellt ist, sind unterschiedliche Frame-Raten verfügbar: Im Modus HQ 1920/25P sind Zeitrafferaufnahmen mit 1 bis 25 fps möglich, im Modus HQ 1280 lassen sich hingegen Frameraten von 1 bis 50 einstellen — und somit auch Zeitlupenraufnahmen realisieren. Die Qualität dieser Aufnahmen kann sich sehen lassen, Ton wird in den Zeitlupen- und Zeitraffer-Modi nicht aufgezeichnet.

Weitere interessante Aufzeichnungsoptionen bietet der F3 mit der Intervallaufzeichnung, die jeweils eines, drei, sechs oder neun Bilder aufzeichnen kann (bei HQ 1280/50P: 1/2/6/12 Bilder). Gerade bei Landschaftsbeobachtungen lassen sich damit schöne Sequenzen aufzeichnen. Cache-Aufzeichnung mit maximal 15 Sekunden Aufzeichnungsdauer bietet der F3 ebenfalls. So sind auch die 15 Sekunden vor dem eigentlichen Aufzeichnungsstart noch »im Kasten«.

Der F3 bietet aufgrund seiner Größe Platz für etliche fest zugeordnete und mit verschiedenen Funktionen belegbare Tasten. Menüeinstellungen und auch einige andere Bedienschritte erfolgen über ein Jog-Rädchen. Das erwies sich zumindest beim Testgerät mitunter als etwas störrisch und so passierte es immer wieder, dass man statt wie gewünscht nach unten oder oben zu scrollen, das Rädchen drückte und damit einen Menüpunkt aufrief, den man eigentlich gar nicht verändern wollte.

Schön: Das Einstellmenü kann wahlweise auch ins HD-SDI- und/oder HDMI-Signal eingeblendet werden.

Wie mittlerweile selbst in wesentlich niedrigeren Camcorder-Klassen schon üblich, bietet auch der F3 die Möglichkeit, Bildprofile zu speichern und sie individuell anzupassen: Detail, Matrix, Skin Tone, Knie, Gamma, Sättigung und vieles mehr lassen sich hier einstellen, zu Setups kombinieren, speichern und jederzeit aufrufen.

Beispielvideo 1 PMW-F3: 1080i-Sequenzen, gedreht mit den von Sony angebotenen Primes, intern aufgezeichnet auf SxS-Speicherkarte (35 Mbps, 4:2:0, 8 Bit). Keine Farbkorrektur, nur harte Schnitte. Weitere Infos zu Kameraparametern und Aufnahmebedingungen im Video selbst und auf der Vimeo-Seite von film-tv-video.de.
Anschlüsse

Mit zwei XLR-Anschlüssen ist der F3 für die Aufzeichnung externer Tonsignale ausgerüstet. Automatische Pegelanpassung ist verfügbar, sogar in zwei Modi (High und Low). Die beiden Kanäle lassen sich aber natürlich auch manuell pegeln und per »Trim« lässt sich die Empfindlichkeit der beiden Kanäle auch feinjustieren. Einen Genlock-Eingang bietet der Camcorder ebenso, wie Timecode-I/Os, sodass sich bei Mehrkameradrehs auch mehrere Camcorder synchronisieren lassen.

An den HDMI-Ausgang lässt sich beispielsweise ein externer Kontrollmonitor anschließen, weiter stehen Composite- sowie HD-SDI-Anschlüsse (BNC) und die zusätzlichen Ausgänge HD-SDI A/B zur Verfügung. Über die reguläre HD-SDI-Buchse kann der Camcorder auch externe Signale entgegennehmen, die er dann wandeln und aufzeichnen kann.

Zwei Audio-Cinch-Ausgänge, eine Kopfhörerbuchse und ein USB-Ausgang sind ebenso integriert, wie eine i.Link– und eine achtpolige Remote-Buchse. Zusätzlich ist der Camcorder auch noch mit einer weiteren zehnpoligen Buchse ausgerüstet, die ist derzeit allerdings noch ohne Funktion.

Handling, Praxisbetrieb

Der F3 ist — auch wenn die äußere Erscheinung vielleicht teilweise etwas anderes signalisiert — nicht primär für den schnellen Reportage- oder News-Dreh gedacht. Auch wenn er wie ein Hand-Camcorder aussieht: Spätestens dann, wenn man ihn mit einem der Sony-primes betreibt und den Camcorder einmal in die Hand nimmt, wird man schnell erkennen, dass er zum einen sehr frontlastig ist und weder von der Funktionalität, noch von der Bauform her für schnelle Einsätze konzipiert wurde: Die Präferenz fürs Szenische blitzt beim Handling des Geräts an verschiedenen Stellen immer wieder durch, ist aber andererseits auch nicht in allen Aspekten konsequent zu Ende geführt.

Beim Handling-Test des PMW-F3 wurde die Redaktion vom freiberuflichen Kameramann und Steadicam-Operator Hans Albrecht Lusznat unterstützt, der große Teile des in diese Seite eingebetteten Materials gedreht hat und in die Beurteilung des Camcorders einen anderen Blickwinkel und seine Erfahrung aus der Kameraarbeit an mehr als 200 Dokumentationen, Dokumentar- und Industriefilmen einbrachte. Lusznats Resümee: »Die F3 ist ein optimaler DSLR-Ersatz: Man hat einen großen Sensor, aber alle Nachteile der Fotoapparate fallen beim Drehen mit diesem Camcorder weg. Man kämpft etwa nicht mit Moiré und Rolling-Shutter-Problemen — und man hat vernünftige Audioanschlüsse und Tonfunktionalität an Bord — um nur ein paar Aspekte zu nennen.«

Als Generalthema stellt sich beim Arbeiten mit dem F3 die Schärfe dar. Da der Camcorder das Arbeiten mit geringer Schärfentiefe erlaubt, nutzt man dieses Feature natürlich auch aus, dreht mit offener Blende — und stößt dabei an Grenzen: Mit dem eingebauten Sucher und dem Ausklappschirm ist es trotz Hilfsfunktionen wie farbigem Peaking und Ausschnittsvergrößerung sehr schwierig und teilweise letztlich unmöglich, die Schärfe zu beurteilen — hier ist die Lizenz zum Blindflug eingebaut.

Der LCD-Schirm im Sucher misst 1,148 cm in der Diagonale und bietet 852 x 480 Bildpunkte. Das ist mehr Auflösung, als der im Grunde recht angenehme, helle und kontrastreiche Ausklappschirm mit 8,8 cm Diagonale zu bieten hat, denn der bringt es nur auf 640 x 480 Bildpunkte. Beide eingebauten Displays reichen mit diesen Eckwerten aber einfach nicht aus, um sicher manuell scharfstellen zu können.

Man braucht also einen größeren Monitor am Set und zum Glück bietet der Camcorder zumindest die passenden Ausgänge, um einen solchen via HDMI oder HD-SDI anzuschließen. »Im Grunde braucht man nun auch wieder den Schärfeassistenten, der bei Videodrehs wegrationalisiert wurde«, merkt Hans Albrecht Lusznat an und ergänzt, dass es aber auch für einen Assi nicht ganz einfach sein dürfte, mit dem Camcorder immer die korrekte Schärfe einzustellen (mehr zu diesem Thema und seinen Weiterungen finden Sie in einem separaten Kommentar von Hans Albrecht Lusznat).

Auch um die Belichtung korrekt einstellen zu können, ist ein externer Monitor sinnvoll, es steht schließlich  keine Blendenautomatik zur Verfügung, sondern man muss an den Festbrennweiten auch die Blende manuell einstellen. Verlässt man sich dabei vollkommen auf das eingebaute Display, können die Ergebnisse schon mal von dem abweichen, was man im Display zu sehen glaubte — trotz einblendbarer Histogramm-Funktion und zweistufigem Zebra.

Mehr als einmal war im Testbetrieb die Position des klappbar, aber fest montierten Suchers am hinteren Ende der Kamera ungünstig. Hier wünscht man sich öfters mal, man könnte den Sucher abnehmen und anders positionieren: Der PMW-F3 ist eben kein Handheld-VJ- oder Consumer-Camcorder, aber aus diesem Bereich kommt das Sucherkonzept.

Beim Ausklappschirm soll noch angemerkt werden, dass er auch bei vergleichsweise heller Umgebung noch recht gut sichtbare Bilder zeigt, dank der Taste »Brt Disp« selbst dann noch, wenn andere Ausklappschirmchen schon längst die Segel streichen. Dennoch: Wer mit dem F3 arbeitet, wird um einen externen Monitor nicht herum kommen — und letztlich auch nicht um den Einsatz eines Kompendiums und weiteren Zubehörs.

Wenn man sich beim Drehen wieder intensiver mit der kreativen Gestaltung der Schärfentiefe befasst, dann greift man dabei natürlich auch auf ND-Filter zurück. Hier zeigt sich rasch, dass der Sprung zwischen den eingebauten ND-Filterradstufen 1/8 und 1/64 zu groß ist. Verwendet man den 1/8-ND-Filter, muss die Blende um 3 Blendenstufen geöffnet werden, um die gleiche Bildhelligkeit auf dem Bildwandler zu erhalten. 1/64 ND entspricht 6 Blendenstufen. Dieser Sprung um drei Blenden erlaubt keine feine Justage der Schärfentiefe — will man hier wirklich kreativ werden, reichen die eingebauten Möglichkeiten nicht aus, sondern man braucht eben Mattebox/Kompendium und separate Filter.

Im Dokumentarfilmbereich hat die Grundausstattung des Sony-Sets aus Kamera und drei Primes einen großen Nachteil: Man ist nicht so flexibel und der Objektivwechsel braucht Zeit. Also muss ein Zoomobjektiv her, solche Objektive sind im PL-Bereich aber groß, schwer und teuer — auch hieran zeigt sich, dass der F3 im szenischen Bereich besser aufgehoben ist. Eine weitwinkligere Festbrennweite zur Verfügung zu haben, wäre für den Dokumentarbereich — und sicher nicht nur dort — ebenfalls hilfreich. So haderten die Tester immer wieder mit der diskussionswürdigen Brennweitenabstufung, für die sich Sony beim Komplett-Kit des F3 entschieden hat.

Dass der Camcorder einen Adapter braucht, um die mitgelieferten Objektive nutzen zu können, sorgte bei den Testern zunächst für Skepsis in puncto Stabilität der Kamera/Objektiv-Verbindung, die sich aber zumindest beim Einsatz der Sony-Primes als ungerechtfertigt erwies: Die Objektive können gut und stabil am Body fixiert werden und sind sehr viel besser bedienbar, als etwa Fotoobjektive an einem AF100, einem GH2 oder einer DSLR mit Fotobajonett.

Handling und Bedienbarkeit des PMW-F3 sind insgesamt recht akzeptabel, waren sich die Tester einig. »Wenn man die Wahl zwischen einem DSLR- und einem F3-Dreh hat, wäre die Entscheidung für mich völlig klar, weil man dem F3 einfach in allen Aspekten anmerkt, dass er von Beginn an für die Filmaufnahme konzipiert wurde und weil die Bedienung wesentlich angenehmer ist«, erklärt Hans Albrecht Lusznat.

Metadaten

Effektivität ist der Götze unserer Zeit, und so gilt es auch beim Dreh immer mehr, mit Hilfe von Metadaten die weiteren Produktionsschritte zu erleichtern. Sony hat beim F3 die Möglichkeit geschaffen, auf eine der zahlreichen, frei belegbaren Tasten einen »OK-Marker« zu legen. Er markiert den jeweiligen Clip als gelungen und erleichtert es damit, im späteren Verlauf die besten Takes rasch finden, gezielt aufrufen und kopieren zu können. Damit das funktioniert, und tatsächlich auf einen Schlag alle als gut markierten Szenen für die weitere Bearbeitung zur Verfügung stehen, muss natürlich schon beim Dreh sehr diszipliniert gearbeitet werden. Aber immerhin: die Richtung ist klar, auch wenn das Metadaten-Handling am Set noch einfacher werden muss.

Modi und Formate

Der PMW-F3 kann in verschiedenen Modi betrieben werden. Abhängig davon, ob man »NTSC Area« oder »PAL Area« einstellt, stehen dann verschiedene Videoformate in HD und SD zur Verfügung.

Auf den PAL-Markt bezogen, sind das die folgenden HD-Formate: HQ 1920 × 1080 50 Interlace, HQ 1920 × 1080 25 Progressive, HQ 1440 × 1080 50 Interlace, HQ 1440 × 1080 25 Progressive, SP 1440 × 1080 50 Interlace, HQ 1280 × 720 50 Progressive und HQ 1280 × 720 25 Progressive. HQ und SP stehen dabei jeweils als Kürzel für das Aufzeichnungsverfahren bei interner Speicherung auf SxS-Karten: HQ bezeichnet die Speicherung mit variabler Bitrate und 35 Mbps, SP bedeutet, dass HDV-kompatibel mit konstanter Bitrate und 25 Mbps gespeichert wird. Zusätzlich kann der Camcorder auch in SD-Auflösung aufnehmen, dafür wird das DVCAM-Format genutzt.

Nicht mit SxS-Karten aufzeichenbar, aber intern im Gerät vorhanden, ist ein 1080p-Modus. Im Einstellmenü »Dual Link & Gamma Select« lässt sich anwählen, dass dieses Signal mit 1,5 Gbps in YPbPr 422 an den HD-SDI-Anschlüssen A/B im Dual-Link-Verfahren ausgegeben werden kann. Das ist dann möglich, wenn als Videoformat 1080i mit einer Bildrate von 50 oder 59,98 gewählt wurde.

Zukünftig sollen für den F3 weitere kostenpflichtige Software-Optionen zur Verfügung stehen, die zusätzliche Funktionalität nutzbar machen: Für Ende Mai 2011 ist eine 4:4:4-Option angekündigt, für Oktober eine 3D-Option, die es ermöglichen soll, zwei separate F3-Camcorder für Stereo-3D-Anwendungen zu synchronisieren und sie gemeinsam fernzubedienen.

Ist die 4:4:4-Option installiert, werden sich laut Sony die Auswahlmöglichkeiten unter dem Menüpunkt »Dual Link & Gamma Select« erweitern und es werden weitere Signalformen und Gamma-Einstellungen verfügbar. Sony nennt in der Bedienungsanleitung die folgenden zukünftigen Auswahlmöglichkeiten: 1,5 Gbps RGB 444 & Video; 1,5 Gbps RGB 444 & S-Log; 3 Gbps YPbPr 422 & Video; 3 Gbps RGB 444 & Video; 3 Gbps RGB 444 & S-Log.

Fazit

Der F3 wird seinen Weg machen und uns zukünftig bei Produktionen begegnen, in denen man ihn zunächst nie verortet hätte. Sony hat den versprochenen Einstiegs-Camcorder für den digitalen Filmbereich gebaut. Mehr noch: Der F3 bietet eine Qualität, die so gut ist, dass damit künftig wohl auch Produktionen realisiert werden, für die Sony in der eigenen Produktpalette andere, teurere Kameras und Camcorder vorsieht.

Die Zeiten einer hochpreisigen Kamera, wie es die Sony F23 und später die F35 waren, sie neigen sich damit wohl dem Ende zu. Schon Red One und Arri Alexa brachten hier eine neue Dynamik, beim F3 dürfte sich heute nun mancher die Augen reiben, der noch vor wenigen Jahren sehr viel mehr Geld für seine Sony-Kamera bezahlt hat.

An einigen Stellen kann man das Konzept der F3-Entwickler aus Anwendersicht zwar nicht ganz nachvollziehen, aber die positiven Eindrücke überwiegen dann doch ganz eindeutig: In den richtigen Bereichen eingesetzt, ist der F3 ein Knaller. Mehr Bildqualität und mehr »Film-Look«, kombiniert mit dem angenehmen, gewohnten Handling eines professionellen Camcorders, gab es nie fürs Geld.

Sony hat mit dem F3 die Tür weit aufgestoßen in neue Bereiche, die für die Anwender wie auch für die Hersteller viel Potenzial bergen. Aber der F3 wirft natürlich auch viele Fragen in der Art auf, wo die aktuelle Entwicklung hinführen soll.

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Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller
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