Kamera, Test, Top-Story: 20.03.2012

Türöffner: EOS C300 von Canon

Die digitale Filmkamera C300 von Canon sorgte seit ihrer ersten öffentlichen Vorstellung im November 2011 in Hollywood für Aufregung und freudige Erwartung. Nun sind die ersten Serienmodelle im Markt und die Interessenten konnten bei diversen Roadshows die Kamera auch schon selbst in Augenschein nehmen. film-tv-video.de konnte die EOS C300 testen.

Die EOS C300 ist Canons erste digitale Kamera, die explizit für die professionelle Filmproduktion konzipiert wurde. Zwar wurden natürlich auch die DSLRs und die Camcorder von Canon schon im professionellen Umfeld eingesetzt, aber erst mit der C300 hat Canon eine echte digitale Filmkamera entwickelt.

Die Kamera bietet — soviel sei schon mal vorweggenommen — in vielen Aspekten restlos überzeugende, ja sogar begeisternde Leistungen. Sie hat das, was die wohl nobelste und hervorstechendste Eigenschaft jeder Kamera sein sollte: Die C300 ermöglicht absolut beeindruckende Bilder. Ihre Lichtstärke ist jetzt schon legendär und sie eröffnet dadurch tatsächlich neue, fast kompromisslose Gestaltungsmöglichkeiten.

Dabei ist die C300 selbst keineswegs kompromisslos konstruiert, was für den Netto-Listenpreis von rund 13.000 Euro auch gar nicht möglich wäre. Vielmehr hat Canon bei der C300 letztlich einen Mittelweg gewählt: Man findet in dieser Kamera Spartanismus ebenso wie Opulenz.

So steht der hohen Bildqualität durch einen leistungsfähigen Sensor und eine innovative Bildverarbeitung, die Aufzeichnung mit maximal 50 Mbps in 4:2:2MPEG-2 gegenüber, maximal im Raster 1080p30. Das hat den Vorteil des vergleichsweise einfachen Daten-Handlings, aber es limitiert auch im Vergleich zu Raw-Aufzeichnung und 4:4:4-Verarbeitung und Rastern wie 1080p50 oder 1080p60. HD-SDI als Schnittstelle mit der höchsten Qualität, auch das ist nicht das Maximum aller denkbaren Möglichkeiten, aber eine praxisnahe Lösung. Reduktion gibt es auch bei Ausstattung und Funktionen: Die C300 hat keinen Autofokus und keine Blendenautomatik, auch eine Zoomwippe sucht man vergeblich. Das braucht der wahre Filmprofi alles nicht — so soll es dieser bewusste Verzicht verdeutlichen und offenbar den Anspruch der C300 unterstreichen.

Es liegt also durchaus ein gewisser Zwiespalt im Konzept dieser Kamera, der vielleicht gerade durch den Kontrast zum Hollywood-Ballyhoo bei der Markteinführung besonders zutage tritt — aber wer zum ersten mal eigene C300-Aufnahmen gesehen hat, dem ist das alles sowieso erst mal egal: Bessere Bilder von einer 13.000-Euro-Kamera haben nämlich auch die Tester von film-tv-video.de nie zuvor gesehen. Allerdings war auch noch nie eine Red Scarlet im Test, was zumindest von Preis und Bauform her die direkteste Konkurrenz der C300 sein dürfte.

Doch zurück zur C300: Wenn man selbst die Aufnahmesituation kennt, kann man es oft kaum fassen, wie gut die Bilder aussehen, die mit der C300 selbst unter widrigen Verhältnissen möglich sind. Die C300 stößt hier tatsächlich eine Tür auf und ist der erste Vorbote einer neuen Generation von Kameras — zumindest bei Canon, aber vielleicht auch darüber hinaus.

1080i-Testaufnahmen, bei Tag gedreht mit diversen Objektiven.
Raum für mehr

Man begreift schnell, dass der 4K-Sensor der C300 wohl mehr hergeben würde, als Canon mit dieser Kamera aufzeichnet und an den Ausgangsbuchsen bereitstellt: Das deuteten Canon-Mitarbeiter schon bei der Ankündigung der C300 verschiedentlich an. Die C300 ist wohl nicht das Ende der Fahnenstange, aber die Entscheidung für den Camcorder in der gewählten Variante, sie fiel wohl aus verschiedenen internen Gründen: Es ist ganz zweifellos leichter, mit einem Gerät für 13.000 Euro in den Markt zu gehen, Feedback zu sammeln und es dann weiter zu entwickeln, als gleich mit der Maximalvariante zu beginnen. Außerdem ist Canon ein Großkonzern, der letztlich bei all seinen Produkten ordentliche Stückzahlen generieren muss, wenn sich die Entwicklung lohnen soll — wobei das bei einer Kamera in dieser Preisklasse auch schon mal leichter war, als es heute ist.

Grundlegendes Konzept

Die C300 hat eine ungewöhnliche Bauform: sie ist kurz und dick. Der nackte Body misst 133 x 179 x 171 mm und wiegt rund 1,5 kg. Installiert man das mitgelieferte Zubehör (Akku, Griffe, Monitoreinheit), sowie ein Mikrofon und eine Zoomoptik, kommt man ungefähr an die 3-kg-Grenze.

Unterhalb des Objektivanschlusses hat der Body ein Nase, die verhindert, dass die Kamera nach vorne kippt, wenn man ein Objektiv montiert hat — das funktioniert natürlich nur bis zu einer bestimmten Objektivgröße, beim größten, im Test eingesetzten Zoomobjektiv, wird es schon kippelig.

Die Kamera ist derzeit mit EF-Mount verfügbar, eine PL-Mount-Variante hat Canon aber schon von Beginn an angekündigt, sie soll in den nächsten Wochen oder Monaten folgen. Die Blende wird bei der EF-Version manuell wahlweise über das entsprechende Drehrad am Body der Kamera oder das Drehrad im abnehmbaren, seitlichen Handgriff gesteuert.

Die Kamera bringt einen integrierten Lupensucher mit. Am Body selbst ist — neben vielen anderen Schnittstellen — für den Ton eine Miniklinken-Mikrofonbuchse vorgesehen. Die C300 ist aber modular aufgebaut. Canon liefert zusammen mit dem Body etliches Zubehör aus: Einen seitlichen Handgriff mit integrierten Bedienelementen, einen Tragehenkel und ein kombiniertes Display/Tasten/XLR-Modul, das über zwei spezielle Kabel inklusive verriegelnden Steckern, mit dem Body verbunden wird. Es kann auf verschiedene Weise montiert werden, das Ausklapp-Display lässt sich vielfach drehen und verstellen und es bringt eben auch XLR-Audiobuchsen mit.

Interessant: Die Monitoreinheit ist ebenso wie der eigentliche Body staub- und spritzwassergeschützt. Im Inneren des Bodys gibt es einen kaminartigen, gegenüber dem Innenleben der Kamera abgeschotteten Schacht, in dem ein kleiner Ventilator sitzt. So kann Wärme abgeführt werden, ohne dass Wasser und Staub ins Innenleben der Kamera eindringen könnten. Nach dem gleichen Grundprinzip funktioniert übrigens auch das Thermo-Management von Arris Alexa. Die »Air-Intakes« der C300 sind klar gekennzeichnet, damit man sie nicht versehentlich mit Zubehör abdeckt oder zuklebt.

Vier separate Start/Stopp-Knöpfe und 15 weitere, belegbare Tasten hat Canon dem Camcorder spendiert, was während des Drehs im Normalfall die Bedienung ohne Umwege über Einstellmenüs erlauben sollte. Aus 30 Funktionen kann man auswählen, was auf den Custom-Knöpfen liegen soll. Alle Funktionen können auch über den Function-Knopf und ein umfangreiches Einstellmenü ausgewählt werden. Drei ND-Filter, die zwei, vier und sechs Blendenstufen entsprechen, sind eingebaut.

Ein Pfund, mit dem Canon bei der C300 schon jetzt wuchern kann, liegt auch in den zahlreichen Objektiven der EF-Baureihe, die sich verwenden lassen — inklusive der angekündigten, neuen Cinema-Zooms und -Primes, die für 4K optimiert seien, wie Canon wissen lässt.

1080i-Testaufnahmen, bei Tag gedreht mit diversen Objektiven.
Sensor und Signalverarbeitung

Zentrales Element der C300 ist der neue Sensor. Dieser CMOS-Sensor ist zwar  deutlich kleiner als etwa der in der 5D Mk II und Mk III sowie in der angekündigten 1D-X, aber er hat die im szenischen Filmbereich beliebten S35-Abmessungen (aktiv genutzter Sensorbereich 24,4 x 13,5 mm). Der Sensor weist effektiv 3.840 x 2.160 Bildpunkte auf, von denen jeder 6,4 x 6,4 µm misst und mit einer eigenen Mikrolinse versehen ist.

Durch die vergleichsweise üppige Größe der einzelnen lichtempfindlichen Elemente und die darüber platzierte Linse, erreicht Canon eine hohe Lichtempfindlichkeit. Die Grundempfindlichkeit der Kamera liegt bei ungefähr 850 ISO. Die Kamera lässt sich elektronisch auf bis zu 20.000 ISO pushen. Weil neue Technologien schon auf dem Chip für deutlich geringeres Grundrauschen sorgen, treten die dabei üblicherweise zu erwartenden Rauschartefakte aber erst sehr spät auf und fallen auch relativ schwach aus.

Der Sensor wird so ausgelesen, dass laut Hersteller keine De-Bayering-Algorithmen nötig sind. Das Grundprinzip sieht so aus, dass sozusagen aus den aktiv genutzten 8,3 Millionen Pixeln vier Auszüge in jeweils voller Auflösung von 1.080 x 1.920 ausgelesen werden: zwei separate Grünauszüge, ein roter und ein blauer. Die beiden Grünauszüge werden miteinander verrechnet/kombiniert und so wird dann ein RGB-Signal generiert, das in jedem Kanal runde zwei Millionen Pixel umfasst. Diese Operationen finden in einem neu entwickelten RGB-Bildprozessor statt, dem Digic DV III.

Unter Einsatz dieses Prozessors realisiert Canon auch die integrierte Log-Gamma-Funktion: Damit kann ein hoher Kontrastumfang (800 %) aufgezeichnet werden, bei dem die Spitzen und Schwärzen erhalten bleiben und besser durchgezeichnet werden. Dadurch bleibt in der Postproduction mehr Spielraum für das Color Grading. Canon hat nach eigenen Angaben zudem einen wesentlich schnelleren Sensor-Readout realisiert, so dass schon ganz am Anfang der Bilderzeugung Rolling-Shutter-Effekte drastisch minimiert werden.

Technik: Aufzeichnung, Codec

Wie etliche andere, aktuelle Camcorder, ist auch die C300 so konzipiert, dass sie intern komprimierte Daten auf Speicherkarten aufzeichnen kann, aber ein unkomprimiertes Signal zur externen Aufzeichnung bereitstellt. Anders aber als etwa Panasonics AG-AF101 (Test) und Sonys NEX-FS100 (Test) nutzt Canon nicht das AVCHD-Format mit seinen Limitierungen auf 4:2:0-Farbsampling, 8-Bit-Quantisierung und einer maximale Datenrate von 24 oder 28 Mbps, sondern setzt auf den von den XF-Camcordern (Tests: XF100, XF305) dieses Herstellers schon bekannten XF-Codec.

Der XF-Codec basiert auf MPEG-2 und erlaubt es, Signale in 8-Bit-Quantisierung mit 50 Mbps in 4:2:2 und voller HD-Auflösung zu speichern, wobei MXF als Container benutzt wird. Die MXF-Implementierung gleicht der von Sonys XDCAM HD, die Dateien können daher prinzipiell von jedem XDCAM-HD-kompatiblen System erkannt werden. Die Metadaten und Verzeichnisstrukturen unterscheiden sich jedoch von XDCAM HD.

Als Speichermedium setzt Canon im C300 CF-Karten ein. Dabei können die Karten, die in den beiden Slots des Geräts stecken, sequenziell nacheinander bespielt werden, aber auch parallel — um sozusagen immer gleich eine Sicherheitskopie zu erzeugen. Man kann auch einzelne Clips, alle Clips oder den jeweils letzten Clip von einer auf die andere Speicherkarte kopieren.

Auf eine CF-Karte mit 16 GB Speicherplatz passen in der höchsten Qualitätstufe (50 Mbps, CBR, 4:2:2) rund 40 Minuten Bild und Ton, in der mittleren (35 Mbps, VBR, 4:2:0) rund 55 Minuten und in der niedrigsten (25 Mbps, CBR, 4:2:0), entsprechend 80 Minuten. Einen SD-Karten-Slot hat die C300 auch, der dient aber vorrangig zur Speicherung von Kamera-Setups (und von Fotos, wenn man die C300 unbedingt zum Fotografieren nutzen will).

Über die HD-SDI-Buchse kann die C300 ein unkomprimiertes HD-Signal abgeben (4:2:2, YCrCb, 1080i50/60 oder 720p50/60). Mehr kann dem Gerät im Grunde auch via HDMI nicht entlockt werden.
Der Camcorder kann im PAL– oder NTSC-Modus betrieben werden, also mit 50 oder 60 Hz (exakt: 59,94 Hz). Die folgenden Angaben beziehen sich — wenn nichts anderes dazu geschrieben wurde, auf den 50-Hz-Modus. Das Umschalten zwischen 50 und 60 Hz erfordert einen Neustart der Kamera, während die Umschaltung zwischen 1080 und 720 Zeilen schnell, einfach und ohne Neustart möglich ist.

Im Tonbereich stellt die C300 zwei Audiokanäle zur Verfügung, die über Miniklinke oder XLR gespeist und mit 16 Bit / 48 kHz als Linear-PCM aufgezeichnet werden.

Canon legt der C300 eine Daten-DVD bei, auf der sich Plug-Ins für die gängigen Schnittprogramme finden. Im Test funktionierten der Import und das Abspielen des Bildmaterial mit diesen Plug-Ins völlig reibungslos. Die in diese Seite integrierten Beispielclips etwa wurden in FCP7 importiert und dort geschnitten.

Die Kamera speichert mit den Nutzdaten auch umfangreiche Metadaten. Deren weitere Nutzung in der Postproduction kann natürlich sinnvoll sein, aber hier ist der Anwender weitgehend auf sich selbst gestellt, wenn es darum geht, hier vernünftige Abläufe zu etablieren, denn es gibt eben bei den digitalen Filmkameras — anders als im Fotobereich — hier keine saubere, verbindliche Normung, die sich im Markt schon hätte etablieren können.

Im Test verwendete Objektive

Prinzipiell kann an der C300 jedes Objektiv der EF-Baureihe verwendet werden. Im Test kamen die folgenden Canon-Objektive zum Einsatz: Eine EF50-Festbrennweite (50 mm, USM, 1:1,4), eine EF28-Festbrennweite (28 mm, USM, 1:1,8), eine EF14-Festbrennweite (14 mm, 1:2,8), ein Zoomobjektiv EF 70-300 mm L IS USM (1:4-5,6) und ein Zoomobjektiv EF 70-200 mm L IS II USM (1:2,8).
Sehr gern hätten die Tester natürlich auch die neuen, für 4K-optimierten Cinema-Zooms und -Primes von Canon im Zusammenspiel mit der C300 ausprobiert, die waren aber zum Testzeitpunkt nicht verfügbar.

Handling, allgemeine Funktionen

Ist der seitliche Handgriff montiert, dann sieht die C300 aus, als könnte man damit auch recht gut aus der Hand drehen — das ist aber ein Trugschluss: Ein kurzes Intermezzo als Handheld ist durchaus mal drin, aber länger aus der Hand zu drehen, das sollte man sich ersparen, denn die C300 ist dafür zu schwer und auch keineswegs für das Drehen aus der Hand ausbalanciert.

Insgesamt bietet die Kamera neben dem Zubehörschuh auch noch weitere Befestigungsmöglichkeiten für diverses Zubehör. Schon bei der ersten offiziellen Ankündigung hatten außerdem verschiedene Zubehörspezialisten schon zahlreiche passende Cages, Schulterstützen, Matteboxen, Griffe und Halter vorgestellt. Damit geht es wesentlich besser, die Kamera mobil zu nutzen.

Schön ist der von Canon mitgelieferte, vielfach dreh-, schwenk- und verstellbare Ausklappschirm, der es in fast jeder Drehsituation erlaubt, das Monitorbild zu sehen und auf das Tastenfeld zuzugreifen — etwa um den Ton zu pegeln, der über die XLR-Buchsen ankommt. Den Tonpegel kann man mit einem ins Display einblendbaren Balkeninstrument überwachen und es gibt auch einen Limiter, der aber öfter mal an seine Grenzen stößt und überfordert ist.

Der Ausklappschirm misst rund 10 cm in der Diagonalen und bietet 1,23 Millionen Bildpunkte. Die Bilddiagonale des Lupensuchers beträgt 1,32 cm, er weist 1,56 Millionen Bildpunkte auf. Beide Farbdisplays gehören zu den besseren ihrer Art, im Zusammenspiel mit den Fokussierhilfen und den Überwachungsfunktionen, kann man damit in den meisten Situationen durchaus autark arbeiten, also ohne zusätzlichen, externen Bildschirm. Mehr Sicherheit bringt natürlich ein größerer, externer HD-Monitor.

Auch wenn die Monitoreinheit nicht montiert ist, gibt die Kamera nicht nur über den Sucher Auskunft über ihren Status, sondern auch über ein eingebautes Daten-Display auf der Geräterückseite. Und natürlich lassen sich die Suchereinblendungen und Einstellmenüs auch in die Videosignale einblenden, die an den Schnittstellen bereitstehen, so dass man die Kamera auch über externe Monitore überwachen kann.

Warum Canon bei der C300 die in vielen Objektiven ohnehin vorhandene Autofokusfunktion nicht unterstützt, das bleibt schleierhaft. Man kann zwar mit dem Aufsteckmonitor und den diversen Scharfstell-Hilfsfunktionen wie Peaking, Edge-Monitor, und Magnify auch manuell ziemlich verlässlich scharfstellen, aber wenn es schnell gehen muss und man nicht szenisch arbeitet, wäre eine Push-Auto-Taste für rasches Autofokussieren ganz zweifellos hilfreich — wessen Berufsethos das verbietet, der muss diese Funktion ja nicht nutzen. Aber so lichtstark, wie die C300 ist, drängt sie sich förmlich auf, auch bei »Undercover«-Reportagen eingesetzt zu werden. Und auch da wäre ein Autofokus durchaus hilfreich.

Bildstabilisierung ist beim Einsatz der C300 ein reines Objektiv-Thema: Wenn die jeweils genutzten Fotoobjektive einen Stabilisator mitbringen, kann man diesen einschalten, sollte dann aber keine Wunder erwarten, weil diese Stabilisatoren eben für die Standbildfotografie optimiert sind und nicht für die Aufnahme von Bewegtbildern mit schwenkender oder fahrender Kamera.

Die C300 bietet auch eine gewisse Variabilität, was die Bilderzahl betrifft, man kann also Zeitraffer und mit gewissen Einschränkungen auch Zeitlupen produzieren. Im Raster 1080i50 kann die Bildrate zwischen 1 und 25 fps variiert werden, hier sind also nur Zeitrafferaufnahmen möglich. Im Raster 720p25 steht dagegen auch Zeitlupe zur Verfügung, weil hier die höhere Bildrate von 50 fps eingestellt werden kann. Wie das aussieht, zeigt das Videobeispiel: Bei einem fallenden, springenden Ball, reicht diese Bildrate aus, um einen klar erkennbaren Zeitlupeneffekt zu erreichen, wenn viele kleine Objekte ins Bild fallen, die auch nicht so hoch springen, ist der Effekt nicht deutlich.

1080i-Testaufnahmen, bei Tag gedreht mit diversen Objektiven.

Neben den beschriebenen Zeitlupen und Zeitraffereffekten beherrscht die Kamera auch Intervallaufnahmen. Außerdem ist eine Pre-Rec-Funktion eingebaut, die das Rückspringen um drei Sekunden ermöglicht.

Bei den Bildraten ist vielleicht noch erwähnenswert, dass man neben etlichen anderen (im Raster 1.080 x 1.920 bei 50-Mbps-Aufzeichnung: 59,94i, 29,97p, 23,98p, 50i und 25p) auch mit exakt 24 fps (24,00) drehen kann, der klassischen Filmbildrate.

Die Shutter-Einstellung kann man sich als Zeit oder als Winkel anzeigen lassen. Was jeweils zur Verfügung steht, hängt von anderen an der Kamera eingestellten Parametern ab. Die festen Geschwindigkeiten liegen im Bereich zwischen 1/24 und 1/2000 s, es gibt aber auch eine feiner abgestufte Clear-Scan-Funktion, die von 32.97 bis 250,7 Hz reicht. Auch längere Belichtungszeiten (Slow Shutter) sind möglich: bis hinunter zu 1/3 s.

Ein Problem, mit dem viele hochwertige Digitalkameras kämpfen, ist die hohe Leistungsaufnahme: Teilweise saugen die Kameras riesige Akkus in Rekordzeit leer. Nicht so die C300: Ein normaler Akku aus der BP-9-Serie von Canon reicht auch bei eingeschaltetem Ausklappdisplay viele Stunden. Der mitgelieferte BP-955 hielt die eingeschaltete Kamera rund vier Stunden unter Spannung. Die C300 bietet auch einen Gleichstrom-Eingang, man muss als nicht mit einer »Dummy-Batterie«. arbeiten, wenn man andere Spannungsquellen als Canon-Akkus nutzen will.

Bildqualität, Bildfunktionen

Der Bereich, in dem die C300 alle Konkurrenten wegbläst — und zwar durchaus auch die eine oder andere deutlich teurere Kamera — das sind die Low-Light-Fähigkeiten. Es fängt damit an, dass diese Kamera grundsätzlich sehr lichtempfindlich ist, was unter »normalen« Lichtbedingungen viel Spielraum in der Bildgestaltung eröffnet. Durch die hohe Grundempfindlichkeit produziert die C300 aber auch unter schwierigen, dunklen Lichtbedingungen noch ruhige, stabile Bilder — also in Bereichen, wo andere Kameras längst kräftig rauschen und lebende Pixel vortäuschen, wo in Wahrheit nichts ist. Die Bilder der C300 wirken dabei aber keineswegs künstlich und glattgebügelt, sondern erzielen im Gegenteil meist einen sehr natürlichen Bildeindruck. Außerdem bringen Sensor und Bildverarbeitung der C300 auch noch weitere Vorteile: Wo andere Kameras in dunklen Bildbereichen kaum noch Farben reproduzieren, schafft die C300 oft noch eine eindeutige, saubere Farbreproduktion.

Wenn man die Kamera ganz ins Extrem pusht — und das liegt bei der C300 bei 20.000 ISO oder einer Verstärkung von 30 dB — produziert sie natürlich ebenfalls Bildrauschen, aber das erinnert vom Bildeindruck eher an Filmkorn, als an klassisches Videorauschen.

Das von Canon in der C300 zur Bilderzeugung genutzte Verfahren hat aber auch unter anderen Aspekten Vorteile. So entstehen — ganz anders als bei DSLRs — beim Herunterrechnen der vom Sensor erreichten Auflösung auf die von der Kamera aufgezeichneten und ausgegebenen HD-Auflösungen, keine Moiré-Effekte. Auch Rolling-Shutter-Effekte, wie man sie teilweise von Camcordern und besonders von DSLRs kennt, haben die Tester bei der C300 nicht beobachtet.

Auch die anfangs doppelte Auflösung im Grünbereich wirkt sich tatsächlich im Schärfeeindruck und in der exakteren und feiner abgestuften Helligkeitswiedergabe innerhalb des Bildes aus. Die vom Hersteller versprochenen, deutliche Vorteile in der Postproduction von Greenscreen-Aufnahmen, die das ebenfalls nach sich ziehen soll, wurden im Test nicht ausprobiert, scheinen aber sehr glaubhaft.

Der Kontrastumfang, den die Kamera reproduzieren kann, ist ebenfalls sehr beeindruckend und reicht an 12 Blendenstufen heran. Das ist natürlich sehr schön, übersteigt aber auch die Fähigkeiten von Sucher und Ausklappmonitor, so dass man sich unter diesem Aspekt nicht wirklich auf diese Bildgeber verlassen kann, obwohl sie eigentlich recht ordentliche Qualität bieten. Letztlich bleibt nur, vor dem ersten Dreh ausgiebig zu testen und dann auf die dabei gewonnenen Erfahrungen zurückzugreifen. Die Tester etwa lernten im Verlauf der Testaufnahmen, dass es bei der C300 sinnvoll scheint, die Blende stets eher ein bisschen weiter zuzukneifen als man es bei anderen Kameras und Camcordern tun würde — besonders wenn man nur mit Bordmitteln arbeitet (Ausklappschirm, Sucher, integrierte Waveform-Darstellung, Zebra).

Am besten ist es vielleicht sogar, beim Drehen mit der C300 wieder klassisch vorzugehen und mit einem separaten Belichtungsmesser das Motiv zu messen. Die Kamera verhält sich, wenn die elektronische Verstärkung ausgeschaltet und die integrierten ND-Filter ausgeschwenkt sind, im Normalbetrieb mit 1080i50 ungefähr wie Film mit einer Empfindlichkeit von 850 IS0 (kann auf 320 ISO reduziert werden).

Apropos Belichtungsmessung und Blende: Die Fotoobjektive der EF-Serie von Canon erlauben keine stufenlose Verstellung, sondern sie können nur in Stufen auf- oder abgeblendet werden. Man kann also mit diesen Objektiven nicht stufenlos innerhalb eines Takes die Blende nachziehen. Das ist natürlich eine Einschränkung gegenüber echten Filmobjektiven, die aber wiederum von der Kamera nicht erkannt werden.

Um das Maximum an Kontrastumfang aufzuzeichnen, das die Kamera reproduzieren kann und somit in der Postproduktion möglichst viel Gestaltungsspielraum zu haben, bietet die C300 den oben schon erwähnten Log-Gamma-Modus. In dieser Betriebsart sehen die aufgezeichneten Bilder flau und milchig aus, bieten aber das Maximum an Reserven fürs Color Grading. Wer dagegen schon beim Dreh den Look weitgehend festlegen will, dem bieten sich viele Möglichkeiten, etwa mit Knie und diversen Detail-Funktionen, sowie Farbsättigungseinstellungen, Farbmatrix, Coring und etlichen weiteren Einstellmöglichkeiten klare Vorgaben zu machen. Solche Einstellungen kann man in Form von »Custom Picture Settings« speichern, drei solche Presets gibt Canon vor, sechs weitere können direkt in der Kamera gespeichert werden. Wer mehr braucht, kann diese Einstellungen auf einer SD-Speicherkarte ablegen.

Einstellbar sind in puncto Signalverarbeitung die folgenden Menüpunkte, unter denen sich dann die einzelnen Parameter wie Coring oder Master Black finden: Gamma, Black, Black Gamma, Low Key Sat, Knee, Sharpness, Noise Reduction, Skin Detail, Selective NR, Color Matrix, White Bal und Color Corr.

Beim Thema Bildqualität zeigt sich auch, dass es natürlich klare Vorteile haben kann, wenn Objektive, Sensoren und Bildverarbeitung aus einer Hand kommen. So erkennt die C300 etwa automatisch, welches EF-Objektiv jeweils montiert ist und kann entsprechende Korrekturen aufrufen, etwa was Vignettierung oder Lichtabfall in den Ecken betrifft, die zwar bei der Standbildfotografie nicht stören, aber beim Filmen schon, wenn Fahrten und Schwenks realisiert werden.

1080i-Testaufnahmen, bei Tag gedreht mit diversen Objektiven.
Fazit

Die C300 zielt klar auf die szenische Produktion. Dafür ist sie im Grunde konzipiert und hier bietet sie auch ganz Erstaunliches fürs Geld. Ob es nun unbedingt fürs ganz große Hollywood-Kino reicht, daran darf man zweifeln, denn dann wäre ein Raw-Modus ganz zweifellos sinnvoll, den die Kamera aber nicht hat. Aber für den Indie-Filmbereich und für jede Art von szenischer TV-Produktion ist die C300 ganz sicher mehr als einen Blick wert.

Aus Sicht des Dokumentar- und Reportagebereichs hat Canon Schwächen offen gelassen, die der Hersteller aber mit einem weiteren Kameramodell der Cinema-EOS-Baureihe ganz zweifellos korrigieren könnte — wenn er denn einen Markt dafür sieht.

Die C300 stößt in puncto Lichtempfindlichkeit und Rauschverhalten eine Tür auf — vor allem wenn man den Preis berücksichtigt, der dem individuellen Indiefilmer zwar immer noch wehtut, der aber im Kontext anderer Profikameras im Grunde doch angemessen erscheint.

Canon EOS C300: Zubehör

Arri: Adapterplatte für diverses Arri-Zubehör
Arri hat für die C300 umfassendes Zubehör entwickelt: So hat der Hersteller eine Adapterplatte im Angebot, die speziell für die C300 konzipiert wurde und die es ermöglicht, bestehendes Arri-Zubehör mit der C300 zu nutzen — etwa Matteboxen, Follow-Focus oder Handgriffe.

Nutzt man die neue Adapterplatte mit dem LWS-Support, lassen sich Mini Follow Focus 2 und Mini Matte Box leicht an der Kamera montieren. Die Adapterplatte ermöglicht es auch, Handgriffe anzubringen, sodass man die Kamera auch für Handheld-Aufnahmen einsetzen kann. Mit der C300-Adapterplatte ist es außerdem möglich, vorhandene 35-mm-Kameraplatten zu nutzen und mit Studio-Zubehör, etwa großen Matteboxen wie der MB-28 zu kombinieren.

Nettopreise des Arri-Zubehörs:
C300 LWS Set : 440 Euro; C300 LWS/BP-12 Set: 1.350 Euro; C300 Handgrip Set: 825 Euro.

Bebob: Coco-Akkuhalter, Power-Pack
Bebob stellt den Coco V-Mount-Akkuhalter für 15-mm-Stangen in der Variante Coco 15 V/8,4 V vor. Der Akkuhalter verfügt über eine V-Mount-Akkuanschlussplatte und fünf Stromausgänge: vier Hirose-4-Pol-Buchsen und einen Twist-D-Tap Anschluss. Die Besonderheit dieser Variante besteht darin, dass die Ausgangsspannung 8,4 V beträgt — und somit für die C300 genutzt werden kann. Der Nettopreis beträgt rund 400 Euro.

Weiter hat Bebob speziell für die C300 ein Akkupaket geschnürt, das aus der Akkuhalterung Coco 15 V/8,4 V, zwei V75-Akkus und einem VS2-Ladegerät besteht. Dieses Power-Pack ist zum Nettopreis von rund 1.000 Euro verfügbar.

Camrade: Wetsuit WS Canon EOS C300

Der Camrade-Regenschutz ist aus einem weichen, flexiblen und wasserdichten PVC-Material gefertigt. Vollständiger Zugriff auf die Bedienungselemente und den Monitor ist laut Hersteller möglich. Die Baumwollinnenseite reduziert laut Hersteller Geräusche von Wind und Regen. Die Regenhaube wiegt laut Hersteller 350 g und kostet 235 Euro (Nettopreis von Rovotech).

Chrosziel: Leichtstützen, EF- und PL-Kit
Chrosziel hat die LWS-Leichtstütze in einer Version für die C300 im Angebot und bietet diese komplett mit zwei Rohren (15 mm) in einer Länge von 205 mm an. In der Variante LWS HD gibt es die Leichtstütze mit zweiter Rohrführung und 15-mm-Rohren mit 500 mm Gesamtlänge. Die Rohre sind jeweils zweigeteilt in 31 cm lange Basisrohre und 19-cm-Verlängerungsrohre. Geeignet auch für Kombination mit den Handgriffen 402-20 und Schulterauflagen.

Weiter hat Chrosziel je einen Kit für die EF- und die PL-Version der C300 im Angebot. Der EF-Kit besteht aus Leichtstütze, Super-Wide MatteBox, French Flag, zwei drehbaren Filterhaltern, einer Halterung für 15-mm-Rohre, einer Abschlussplatte zum Klemmen, einem zusätzlichen Ring sowie einem Flexi-Insertring. Die PL-Variante des Kits ist ähnlich konzipiert, aber für die schwereren PL-Mount-Objektive optimiert.

Denz: Support und Überbau für C300
Denz bietet für die C300 einen Support mit Basisplatte und 15-mm-Rohren an. Die Basisplatte bietet zwei seitliche Hirth-Rosetten für weiteres Zubehör, zudem sind Befestigungsmöglichkeiten für weiteres Zubehör, etwa für Denz BP-Multi, Arri Bridge Plates oder O’Connor-Keilplatten vorgesehen. Der Nettopreis für Basisplatte und Rohre beträgt 520 Euro.

Weiter hat Denz einen stabilen Überbau entwickelt, an den sich umfangreiches weiteres Zubehör montieren lässt, etwa Monitore, Akkus, Recorder. Der Überbau lässt sich über jeweils zwei seitliche Schrauben mit dem Supportsystem verbinden, er bietet seitlich mehrere 1/4- und 1/8-Zoll-Gewinde für weiteres Zubehör. Er wird mit zwei Rohrklemmen für 15-mm-Rohre und einem Handgriff ausgeliefert. Kostenpunkt: rund 800 Euro (netto).

Redrockmicro: UltraCage Blue
Redrockmicro hat für die C300 die Supportlösung UltraCage Blue entwickelt. Sie besteht aus einem Käfig für die Zubehörmontage und einer Basisplatte für 15-mm-Leichtrohre. Optional sind ein Handgriff an der Oberseite für einfachen Transport der Kamera sowie ein Powerpack zur Spannungsversorgung der Kamera und der Zubehörteile verfügbar.

Das voll ausgestattete UltraCage-Bundle (Kameraplatte inklusive Handgriff und diverser Rohre und Halterungen) für die C300 kostet netto rund 1.700 Euro.

Zacuto: C300 Stinger
Zacuto bietet für die C300 ein Schulter-Rig auf Basis der C300-Studio-Basisplatte aus dem eigenen Haus an. Das Rig soll sich dank Dual-Handgriffen und Gegengewicht insbesondere für den gut ausbalancierten Dreh von der Schulter eignen. Den elektronischen Sucher EVF Pro kann man an diesem System einfach besfestigen und somit das Rig ergänzen. Zacuto-Distributor BPM bietet diesen Schulter-Rig-Kit zum Nettopreis von 1.240 Euro an.

1080i-Testaufnahmen, bei Tag gedreht mit diversen Objektiven.
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Autor
red

Bildrechte
Nonkonform (43), Arri, Camrade, Chrosziel, Denz, Redrockmicro, Zacuto

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