Messe, Top-Story: 07.07.2009

Digitale Cinematographie 2009: Red-Festspiele in München

Am 25. und 26. Juni fand in München die »Digitale Cinematographie« statt, die es sich zum Ziel gesetzt hat, alle Facetten der digitalen Filmproduktion zu beleuchten. Im siebten Jahr ihres Bestehens verzeichnete die Veranstaltung erneut einen Besucherzuwachs im Vergleich zum Vorjahr: Rund 1.150 Besucher informierten sich laut Veranstalter bei der zweitägigen Veranstaltung in Screenings, Workshops und Ausstellung.

Die Digitale Cinematographie hat sich etabliert und zu einer wichtigen und wertvollen Veranstaltung entwickelt, bei der vor allem der Praxisbezug für viele Besucher im Mittelpunkt des Interesses steht: In den zahlreichen Screenings etwa zeigen Filmemacher ihre aktuellen Produktionen und das Publikum hat dabei die Gelegenheit, im Dialog mit den Vortragenden die besonderen Aspekte der jeweiligen Produktion zu erörtern und aktuelle filmtechnische Fragen zu diskutieren. Die Möglichkeit, im früheren Imax-Kino ganze Produktionen oder Teile davon auf einer wirklich großen Leinwand zu sehen und sich mit den Machern auszutauschen, das ist sicherlich eines der Top-Features diese Veranstaltung. Einen zweiten wichtigen Part der Veranstaltung nehmen die Workshops ein, bei denen Hersteller und Anwender Produkte und aktuelle technische Themen vorstellen und erörtern können. Abgerundet wurden Workshops und Screenings auch in diesem Jahr wieder durch den Ausstellungsteil, in dessen Rahmen zahlreiche Hersteller, Händler und Verleihfirmen ihre aktuellen Dienstleistungen, Produkte und Lösungen rund um das Thema digitale Produktion und Postproduktion präsentieren konnten.

Die Digitale Cinematographie fand unmittelbar vor dem Beginn des Filmfests München statt, einem Filmfestival, bei dem vom 26. Juni bis 4. Juli 214 Filme aus 53 Ländern gezeigt werden. Ob diese zeitliche Nähe tatsächlich weitere Besucher zur Digitalen Cinematographie lockt, ist eine offene Frage, aber ein Schaden ist sie ganz sicher nicht.

Veranstalter, Sponsoren

Das Veranstalter-Trio Ludwig Kameraverleih, Band Pro Munich und MKMedia Production setzte auch in diesem Jahr darauf, die ursprünglich eintägige Digitale Cinematographie an zwei Tagen auszurichten, so wie erstmals im Vorjahr praktiziert. Schon 2008 hatten die meisten Aussteller diese Entscheidung begrüßt, und auch in diesem Jahr zeigte man sich überwiegend damit zufrieden. Sony unterstützte die Veranstaltung erneut als Hauptsponsor und ergänzte Ausstellung, Workshops und Screenings mit einer eigenen Lounge, in die der Hersteller zu diversen Vorträgen einlud, in denen sich Branchen-Insider zu Themen rund um file-basierte Workflows, Backup, Archivierung und Restore äußerten.

Ausstellung
Kameras, Objektive, Zubehör

Die Ausstellung macht einen wichtigen Teil der digitalen Cinematographie aus, und in diesem Jahr konnten die Veranstalter 50 Partner gewinnen, die ihre Produkte auf über 2.000 qm Fläche präsentierten.

Videocation zeigte am Stand umfangreiches Equipment aus Produktion und Postproduktion, wobei Hersteller wie Sony, Panasonic, JVC, Editshare und Avid vertreten waren.

Im Bereich der Objektive zeigten mit Canon und Fujinon zwei wichtige Hersteller aktuelle Objektive, wobei sich Canon auf die neue Weitwinkel-ENG-Optik HJ14ex 4.3B IASE und die Cine-Zoom-Modelle HJ11x 4.7B KLL, HJ21 x 7.5B KLL und Cine FJ und die aktuellen HDV-Camcorder konzentierte. Fujinon zeigte am Stand des Vertriebspartners Videor die aktuellen Cine-Optiken der E-Serie (Primes und Zooms) sowie die Compact-Zooms. Auch die kompakten HDTV-Kameras Modula Classic und Modula Junior von Easylook präsentierte Videor. Die beiden Mini-HD-Kameras sind mit CMOS-Chips bestückt und liefern volle HD-Auflösung von 1.920 x 1.080 Bildpunkten bei diversen Bildraten.

Mit Dedo Weigert stellte ein besonders in der klassischen Filmwelt bekannter Zubehörhersteller und -vertrieb verschiedene Produkte aus. So etwa die Highspeed-Digitalkamera Phantom HD, bei der das Unternehmen besonders die 35-mm-artige Schärfentiefe und die Auflösung von 2K oder HD mit 42 Bit Farbtiefe hervorhebt. Ebenfalls neu bei Dedo Weigert: eine eigenentwickelte LED-Leuchte namens Dedolight Mini DLOB. Für die fokussierbare 8-W-Leuchte bietet der Hersteller auch umfassendes Zubehör an, darunter Adapter für Sony- und Panasonic-Akkus.

Diverse Rigs und erstmals während der NAB vorgestellte Neuheiten beim Zubehör für DSLR-Kameras konnte man bei Chrosziel sehen.

Ein interessantes Kamerasystem zeigte P+S Technik mit der SI-2K, die gemeinsam mit der US-Firma Silicon Imaging entwickelt wurde. Der abgesetzt von der restlichen Elektronik nutzbare Kamerakopf des Systems ist mit einem 2/3-Zoll-CMOS-Bildsensor ausgerüstet. Berühmt wurde das System durch seinen Einsatz beim oscar-prämierten Film »Slumdog Millionaire« (siehe Meldung). In einem Videoreport, den film-tv-video.de während der Digitalen Cinematographie produzierte, berichtet Stefan Ciupek unter anderem auch über den Einsatz der SI-2K bei diesem Film.

Cine 60 Filmtechnik und Gruppe 3 haben mit CamWave CW-5HD eine drahtlose HD-Videoübertragung von IDX im Programm. Das System ist mit HD/SD-SDI-Eingängen ausgerüstet und bietet unkomprimierte Übertragung mit einem sehr geringem Versatz von unter einer Millisekunde. Gruppe 3 hebt bei dem System auch die große Reichweite von bis zu 50 m sowie die geringen Leistungsaufnahme von weniger als 12 W hervor.

Ludwig Kameraverleih und Band Pro präsentierten ihre aktuelle Produkt- und Verleihpalette in diesem Jahr auf einer größeren Fläche: Im Zentrum stand dabei Sonys High-End-Digitalkamera F35, die Band Pro mittlerweile schon an fünf Verleiher in Deutschland ausliefern konnte (siehe Meldung). Band Pro zeigte die F35 im Zusammenspiel mit diversen Zeiss-Optiken, die das Unternehmen ebenfalls vertreibt, sowie gemeinsam mit dem Waveform-Monitor LV 5330, der sich aus Herstellersicht besonders gut für die Signalkontrolle am Set eignet (siehe NAB-Videoreport). Ebenfalls am Stand von Band Pro und Ludwig vertreten: zahlreiche Red-Kameras. Reds fanden sich unter anderem auch an den Ständen der Verleiher Cinegate und Camelot.

Cinegate hatte an seinem Stand Panther-Dollies als Barhocker und Erdnussspender aufgebaut: sechs solche Panther Classics hat das Unternehmen jüngst erworben. Außerdem gab Cinegate während des Events auch bekannt, ab August in Düsseldorf eine weitere, neue Niederlassung zu betreiben. Auf dem Gelände der Voss/Rudas-Studios wird Cinegate ab dem 1. 8. 2009 die komplette Verleihpalette an Licht, Kameras sowie Zubehör für HD- und Filmproduktionen anbieten. Thomas Adamczack wird die Niederlassung leiten. Zum 1.10. 2009 zieht dann Cinegate Köln dann innerhalb von Köln an einen neuen, größeren Standort um. »Die Anbindung an Studios wird immer wichtiger, das können wir künftig an allen Standorten selbst oder in enger Kooperation mit Partnerfirmen bieten«, erklärt Cinegate-Geschäftsführer Michael Abert.

Arri präsentierte als Neuheit die HD-Videoausspiegelung HD-IVS für 35-mm-Filmkameras. HD-IVS gibt ein HD-SDI-Signal (1.920 x 1080) mit einstellbaren Frame-Raten von 23,98 bis 30 fps aus. Eine weitere Arri-Neuheit vom unteren Ende der Arri-Produktpalette: Der Hersteller bietet nun auch ein DSLR-Rig für Kameras wie die Canon 5D Mark II an. Der Nettopreis für das Set aus Mattebox (1.100 Euro), Base-Plate (300 Euro) und Follow Focus (1.400 Euro) liegt bei rund 2.800 Euro.

Focus Enhancement zeigte mit dem FS-H200 das neueste Produkt seiner Discrecorder-Reihe: Der FS-H200 kann ein DV– und HDV-Signal auf CF-Karten aufzeichnen. Für den Anschluss an die Kamera bietet der FS-H200 FireWire, für den Anschluss an den Rechner USB. Den Nettopreis gibt der Hersteller mit knapp 1.000 Euro an.

Einen neuen Speicherkarten-Recorder hat auch DVC im Programm: Das sehr kompakte Gerät (rund 10 x 10 x 3.5 cm) wird über einen Touchscreen bedient und nimmt Signale via HD-SDI entgegegen. Aufgezeichnet wird mit H.264-Kompression bei Datenraten zwischen 2 und 20 Mbps. Ausgeben lassen sich die Signale wieder via HD-SDI, optional auch als ASI-Datenstrom. Das Gerät verfügt über eine Mikrofonbuchse und einen Lautsprecher/Kopfhörerausgang, sowie einen USB-Anschluss. MicroStorage soll zum Netto-Listenpreis von knapp 5.000 Euro angeboten werden.

Die Berliner Firma MWA hat mit FlashscanHD den Flashscan weiterentwickelt und nun auch HD-fähig gemacht, wobei der Hersteller betont, dass die Maschine komplett neu entwickelt sei. Der Scanner kann Super-8, Normal-8 und optional 9,5-mm-Filmmaterial scannen. Eine Besonderheit ist die Auto-Color-Funktion, die sich an Kunden richtet, die letztlich weder Zeit noch Geld für eine aufwändige Farbkorrektur besitzen und denen diese Funktion hilft, eine einfache und schnelle Farbkorrektur umzusetzen. Der Scanner bietet zwei HD/SD-SDI-Ausgänge und wird in der Grundversion Zum Netto-Listenpreis von 43.000 Euro angeboten.

Der Sondor Altra ist ein Abtaster, der aus der MWA-Zusammenarbeit mit Sondor hervorgegangen ist. Der Abtaster bietet die Digitalisierung von 16- und 35-mm-Film (auch 3-Perf) in SD, HD und 2K, inklusive Ton in allen üblichen Tonsystemen. Er zielt also auf den Archivbereich, der Hersteller betont aber, dass sich der Abtaster auch fürs Print-Checking beim Synchronton als Bildreferenz eigne. Die HD-Version des Scanners kostet 90.000 Euro (Netto-Listenpreis), die aufrüstbare SD-Version ist für 62.000 Euro verfügbar.

Postproduktion, 3D

Dreamwalks ist in der Postproduktionswelt als Reseller von Autodesk-Systemen ein bekannter Anbieter. Während der digitalen Cinematographie gab Dreamwalks nun bekannt, gemeinsam mit Cybersign die neue Firma 3D Cyberdream zu gründen (siehe separate Meldung). Die beiden Firmen legen in dem neuen Unternehmen ihre Aktivitäten in Vertrieb, Schulung und Support für die 2D/3D-Software-Produkte von Autodesk zusammen. Am Stand zeigte Dreamwalks die aktuellen Versionen der Autodesk 3D Palette, 3Ds Max, Maya, Softimage und das prozedurale 2D-Compositing-System Toxik.

Das Hamburger Produktions- und Postproduktionshaus Chroma zeigte gemeinsam mit den Schweizer 3D-Spezialisten Imartis ein Stereo-3D-Setup, das Produktion, Postproduktion und Präsentation abdeckt. Es kann im Live-Betrieb genutzt werden und basiert auf einer Software von Piranha und einem Spiegel-Rig mit Carbon-Gehäuse von Swissrig, das Chroma wahlweise mit jeweils zwei Sony-Kameras der Typen F900 oder F23 betreibt. Chroma hat das Rig mit dem festen Spiegel erworben, kann also jederzeit Stereo-3D-Aufnahmen herstellen. Als Monitor an der Kamera setzt Chroma einen LCD-Schirm von Transvideo ein, der auch eine Stereo-3D-Darstellung und Funktionen zur Signalüberwachung beherrscht. Er bringt zwei Eingänge und ein paar Grundfunktionen mit, die das Drehen in Stereo-3D direkt am Set unterstützen und vereinfachen. Aufgezeichnet wird beim Stereo-3D-Setup von Chroma im Dual-Stream-Modus auf Sonys HDCAM SR-Recorder SRW-1, so dass schlussendlich ein Band vorliegt, das beide für Stereo-3D nötigen Bildinformationen synchron auf einem Träger vereinigt. Für Preview und detailliertere Aufzeichnungskontrolle am Set, sowie für die Nachbearbeitung, nutzt Chroma das Piranha-System des Herstellers Interactive Effects (IFX). Mit dem System lässt sich die 3D-Aufzeichnung schon am Set wirksam in allen Aspekten kontrollieren und bei Bedarf auch anpassen. Letztlich sind mit dem System auch 3D-Live-Applikationen möglich, weil es umfassende Echtzeit-Funktionalität mit zwei Live-HD-Signalen bietet und das sogar mit Auflösungen bis 4K erlauben soll. Die Signalausgabe kann dabei auch im DVI-Interlace-Modus erfolgen, was die Nutzung diverser Displays erlaubt. Interessant ist beim von Chroma gezeigten System auch, dass man parallel die Originalsignale der Kameras aufzeichnen kann und zusätzlich das mit dem Piranha-System bearbeitete, am Set vorkorrigierte Material.

Weitere Post-Anbieter und Dienstleister im Ausstellungsbereich waren DieAgenten, die sich auf bezahlbare Produktions- und Postlösungen spezialisiert haben und hierbei Beratung, sowie die Konfiguration von Komplettsytemen anbieten.

Der Münchner Vertrieb DVE zeigte mit FlowCenter eine Lösung für digitales Asset Management, die sich besonders gut für Produktionen, Post-Häuser und auch TV- und IPTV-Sender eignen soll. Am besten könnte man diese Lösung des Herstellers FlowWorks als produktionsbegleitendes Archivsystem beschreiben, das über einen eigenen Transcoding-Engine verfügt. Die derzeit für die Besucher der Digitalen Cinematographie wichtigsten und interessantesten Produkte im Portfolio von DVE stellen aber zweifellos die Systeme von Iridas dar, über deren Einsatz etwa auch Stefan Ciupek in einem der DC-Videoreports von film-tv-video.de berichtet.Die Kombination aus Iridas- und Metarender-Software erlaubt die Verbarbeitung von Raw-Daten, auch im Red-Format. »Raw ist derzeit ganz klar unser Topthema«, erläutert DVE-Geschäftsführer Jürgen Firsching. Diese Entwicklung sieht Firsching als klar durch die Red One getrieben, aber auch als breiteres Thema, mit Kameras wie Weisscam oder Phantom.

Auch bei Avid gibt es mittlerweile einen Red-Workflow, den das Unternehmen auch bei der Digitalen Cinematographie vorstellte. Avid war an ganz unterschiedlichen Ständen und bei etlichen Partnerfirmen mit seinen Systemen vertreten, aber stärker noch mit Workshops, bei denen sich der Hersteller thematisch insbesondere auf DS und Media Composer konzentrierte.

Das Postproduktionsunternehmen Soundlab realisiert trotz seines tonspezifischen Namens mehr komplette Postproduction- als reine Tonprojekte und hat Zeit und Geld in einen leistungsfähigen Workflow für Red-Daten investiert. Das kommt nicht ganz von ungefähr, denn einer der Geschäftsführer von Soundlab ist Martin Ludwig, der mit seinem Ludwig Kameraverleih unter anderem über einen der größten Red-Leihparks in Europa verfügt. Um einen schnellen Red-Workflow umzusetzen, hat Soundlab also jüngst in ein Clipster-System von DVS investiert und kann auf dessen Basis im Zusammenspiel mit Software von Iridas nun R3D-Dateien in Auflösungen bis zu 4K in Echtzeit verarbeiten. Soundlab betont, dass man dabei im Color Grading vollen Zugriff auf die R3D-Einstellungen pro Clip habe, etwa um eine Unterbelichtung zu korrigieren. Weiter sei eine Wandlung der Daten, etwa ins DPX-Format, in Echtzeit möglich. Aus der Sicht von Soundlab ist dieser Workflow auch gut geeignet, um Dailies in bei Serienproduktionen zu erstellen.

Focus hat mit ProxSys MA eine Archivierungslösung entwickelt, die sich speziell an Kunden richtet, die mit bandlosen Aufzeichnungssystemen arbeiten und dabei auf P2, SxS, Professional Disc oder mobile Diskrecorder aufzeichnen. ProxSys MA bietet automatischen Ingest von Videos, speichert Metadaten und archiviert das Material redundant. Um abgelegte Videos zu einem späteren Zeitpunkt leicht wiederfinden zu können, werden während des Importvorganges automatisch Flash-Vorschauen generiert, die zusammen mit nativen und individuellen Metadaten ständig auf dem ProxSys-System zur Verfügung stehen.

Comline zeigte die aktuellen Aja-Produkte, darunter den neuen Diskrecorder Ki Pro. Der Ki Pro zeichnet das Kamerasignal direkt im ProRes 422-Format von Apple auf. Durch eine Vielzahl digitaler, wie analoger Anschlussmöglichkeiten soll Ki Pro eine Brücke zwischen Produktion und Postproduktion schlagen. So finden digitale Signalquellen per HD/SD-SDI- und HDMI-I/O Anschluss.

Insgesamt war im gesamten Ausstellungsbereich das Thema Red One sehr präsent und es wurden Lösungen für die Bearbeitung von Raw-Daten dieser Kamera gezeigt: DVS, Iridas, das IFX-Ant-System aus dem Hause des Piranha-Herstellers sind hierbei sicher besonders erwähnenswert.

Screenings

Die Screenings der digitalen Cinematographie haben sich über die Jahre zu einer erfolgreichen Plattform etabliert, die Produzenten und Filmemachern die Gelegenheit gibt, ihre aktuellen Produktionen einem Fachpublikum zu zeigen. Das ehemalige Imax-Kino im Forum bietet mit seiner riesigen Leinwand sicher einmalige Projektions-Bedingungen, wie man sie sehr selten bei solchen Branchenveranstaltungen vorfindet. Die große Projektion ist schön, aber auch gandenlos: Ausschnitte aus den Produktionen auf der großen Leinwand sehen zu können, bietet gerade für technische Diskussionen um bestimmte Beiträge oder Produktionsweisen große Vorteile. Die Redaktion von film-tv-video.de hat sich eine Auswahl der Screenings angesehen, die folgenden Beschreibungen geben allerdings nur eine kleine Auswahl wieder.

Kamerasystemvergleich 9 x HD: Helge Sauré, Geschäftsführer der Studio Hamburg Synchron & Postproduction GmbH, präsentierte dem zahlreich anwesenden Publikum einen von Studio Hamburg aufwändig ausgeführten Kameratest. Ziel des Tests war es, unterschiedliche Kameras und Aufnahmesysteme auf ihre Eignung für szenische TV-Produktionen zu untersuchen, die in HD ausgestrahlt werden sollen. Es ging dabei um die Qualität und die Kosten und den besten Kompromiss aus diesen Aspekten. Auf der großen Leinwand zeigt der Vergleichstest die Bilder von neun HD-Kameras in ganz unterschiedlichen Szenen, die typisch für szenische Produktionen sind. In der Postproduction wurde das Material weitgehend belassen und lediglich eine minimale Farbkorrektur vorgenommen, die sich auf die Gesichter der Darsteller konzentrierte. Studio Hamburg will die Ergebnisse des Tests in Form einer schriftlichen Auswertung sowie DVD und Blu-ray publizieren. Mehr zum Studio-Hamburg-Kameravergleich finden Sie im DC-Videoreport mit Helge Saurè.

A Sideman´s Journey: Diese Doku begleitet den Musiker Klaus Voormann, der schon für viele Stars als »Sideman« gewirkt hat, bei der Entstehung einer neuen CD mit internationalen Session-Musikern. Voormann spielte dabei mit Stars wie Paul McCartney, Ringo Starr und Yusuf Islam (Cat Stevens). Gedreht wurde bei sieben Sessions in aller Welt, und auch in ganz unterschiedlichen Formaten, berichtete Produzent und Kameramann Uwe Bendixen. Überwiegendes Format war HDCAM, aber auch HDV und sogar DV in 4:3-NTSC wurde im Film verwendet — was dem Editor Peter König viele Mühen bereitete, denn das zugelieferte Material berwertetet er aus technischer Sicht als sehr kritisch und verwendete es letztlich nur aufgrund seiner Authentizität. Den bandbasierten Workflow bei der Arbeit mit HDCAM hält Uwe Bendixen nach wie vor für sehr einfach und etabliert, auch wenn er glaubt, dass künftig sicher andere Formate eine größere Rolle spielen werden. Geschnitten wurden die über 100 Stunden Material der Musikproduktion am Avid Symphony, am Ende wird daraus eine DVD entstehen, die in Kürze in den Handel gehen soll.

Red Showreel: Ted Schilowitz zeigte im voll besetzten Kino das aktuelle Red-Showreel und freute sich darüber, dass es bei der Größe dieser Leinwand endlich einmal möglich sei, die Qualität des Bildes tatsächlich zu beurteilen, auch wenn im Kino mit einem 2K- und nicht mit einem 4K-Projektor projiziert wurde. Die Bilder des Showreels wirkten sehr überzeugend — eben so, wie man es von einem guten Showreel erwartet. Anhand einzelner Clips ging Schilowitz auf verschiedene Aspekte beim Dreh mit der Red One ein und merkte an, dass es zwei Jahre nach der ersten Auslieferung der Kameras nun sehr viele Erfahrungswerte mit der Kamera gebe und auch in der Postproduktion immer mehr in der Branche wüssten, wie man mit Red-Material arbeite könne — und letztlich auch sollte.

Ted Schilowitz glaubt, dass man sich beim Dreh mit einer Red von dem Gedanken verabschieden muss, mit einer Videokamera zu arbeiten — schließlich zeichne man Raw-Files auf, was ganz andere Konsequenzen für die weiteren Arbeitsschritte habe. Schilowitz ergänzt, dass bei vielen Produktion mit Red-Kameras mit 4K-Auflösung gearbeitet werde. Als kritischen Punkt machten einige Zuschauer im Publikum den Dynamikumfang der Red aus, den Schilowitz auf 9,5 bis 10 Blenden beziffert, wenn man korrekt mit der Kamera arbeite. Das ist nach wie vor weniger, als man mit Film erzielen kann, der bei aktuellem Material schon rund 12 Blenden bietet. Einige der Anwesenden vertraten zudem die Meinung, dass die 9,5 bis 10 Blenden, die Schilowitz nannte, etwas hoch gegriffen seien und acht Blenden eher der Realität entsprechen dürften.

In Berlin: Mit Michael Ballhaus nahm auch eines der großen Zugpferde der Branche an der Digitalen Cinematographie teil. Der erfahrene Kameramann zeigte gemeinsam mit Ciro Cappellari (Regie und Kamera) Ausschnitte seines Berlin-Porträts (siehe Meldung), das mit einer Kombination aus F23 und EX1 gedreht wurde.

Wallander — Skulden: DoP Geoff Boyle berichtete von der schwedischen TV-Movie-Produktion eines Wallander-Krimis, der komplett mit einer Red One und einem kleinen Team gedreht wurde. Der gesamte Film war im Low-Key-Stil gehalten, teilweise habe er mit nur einer Leuchte gearbeitet, so Boyle, und oft sei nur mit Blende 2,8 gedreht worden. Boyle berichtete weiter, dass er teilweise auf Probleme mit dem Highlight-Clipping gestoßen sei, diese aber in der Postproduktion lösen konnte. wo man doch noch Zeichnung in den Spitzen erzielen konnte. Das Gewicht der nach seinen Wünschen konfigurierten, drehfertigen Kamera bezifferte Boyle auf rund acht Kilogramm, was aus seiner Sicht mit einem zusätzlichen Shoulder-Mount durchaus tragbar war.

Na Patu: Bei dieser Spielfilm-Produktion war Rainer Fritz von DSC Film aus Wien als Postproduktions-Spezialist beteiligt und berichtete von den Dreharbeiten. Der Film wurde im Sommer in Bosnien mit einer Red One gedreht und während des Drehs war es offenbar so heiß, dass die Temperaturen der Red ordentlich zu schaffen machten. Da der Lüfter der Red sehr laut ist, musste die Kamera aber bei tonkritischen Szenen häufig in den Silent Mode geschaltet werden, was allerdings wieder die Überhitzung der Kamera begünstigte. Ein weiteres Problem bei den Dreharbeiten: Die Kamera scheint Staub sehr leicht aufzunehmen, sodass es sich empfiehlt, den eingebauten Filter in der Kamera beim Service mindestens einmal jährlich reinigen zu lassen. Zum Thema Dynamikumfang und Belichtung äußerten sich die Macher von »Na Patu« zufrieden: Das Material verkrafte es durchaus, wenn mit einer Blende unterbelichtet werde, und in der Regel können man mindestens vier Blenden nach oben und unten mit Zeichnung rechnen.

Die Postproduktion bei »Na Patu« wurde komplett in 2K abgewickelt, und Stefan Ciupek, der am Color Grading beteiligt war, berichtete, dass das Material nicht nachgeschärft sondern im Gegenteil stellenweise sogar weichgezeichnet wurde, weil es teilweise als eine Spur zu scharf empfunden wurde. Ganz generell glaubt Ciupek, dass es derzeit noch sehr wichtig sei, vor jeder Produktion die komplette Red-Kette und -Bearbeitung durchzutesten.

Slumdog Millionaire: Mit Slumdog Millionaire holte sich eine Produktion den Oscar, die nicht nur aus gestalterischer Hinsicht, sondern auch durch ihre technische Entstehungsgeschichte besonders interessant ist. Stefan Ciupek, der als Digital Camera Supervisor der Produktion tätig war, berichtet, dass ursprünglich weite Teile des Spielfilms mit 35-mm-Film gedreht werden sollten. Sehr schnell war allerdings klar, eine kleine, kompakte Kamera deutlich mehr gestalterische Möglichkeiten eröffnen würde. Nach kurzer Recherche stieß das Filmteam schließlich auf die SI-2K, die so unauffällig war, dass damit schlussendlich deutlich mehr gedreht wurde als geplant war. Die Kameraassistenten in Indien mussten allerdings zunächst noch geschult werden, da sie die Kamera gar nicht kannten. Die meisten Nachtaufnahmen bei Slumdog Millionaire wurden in 35 mm auf 500-T-Material gedreht (das auf 800-ASA gepusht wurde) — hierfür reichte aus Sicht der Macher die Qualität der SI-2K nicht aus. Im Schnitt drehte das Team mit der SI-2K zwei bis drei Stunden Material pro Tage, mit einem Raid5-Set-Up wurde das Material gesichert und eine Kopie davon als Backup nach England geschickt. In einem Videoreport, den film-tv-video.de während der Digitalen Cinematographie produzierte, berichtet Stefan Ciupek über weitere Besonderheiten beim Drehen dieses Films.

Der Antichrist: Der Regisseur Lars von Trier ist bekannt für bisweilen aufwühlende Produktionen und bei »Der Antichrist« ging er auch in technischer Sicht erneut an Grenzen. So wurde die achtminütige Anfangssequenz komplett in Slow Motion gedreht. Zum Eisnatz kam dabei die Digitalkamera Phantom die teilweise mit Bildraten bis zu 1.000 fps eingesetzt wurde. Weitere Szenen wurde mit der Red One gedreht, wobei der Regisseur hier eine ganz besondere Farbigkeit und Ästhetik des Materials anstrebte. Für die Produktion, bei der Stefan Ciupek ans 2nd-Unit-DoP und Lichtbestimmer tätig war, bedeutete dies einen enormen Aufwand: So wurden die einzelnen Szenen gewissermaßen in Layer aufgelöst und zunächst einmal mit Protagonistin gedreht, dann bis zu weitere acht Mal nur das Set, allerdings mit unterschiedlichen Belichtungen oder auch zusätzlichen Elementen, etwa Nebelschwaden. So hatte der Regisseur später in der Postproduktion die Option, für unterschiedliche Bildbereiche auf ganz unterschiedliches Material zugreifen und somit ganz surreale Gesamtbilder schaffen zu können. Stefan Ciupek berichtet, dass all diese Schritte beim Grading mit Speedgrade stattfanden, was das System durchaus an seine Grenzen brachte. Nach der ersten Woche im Color Grading fanden die ersten Ausbelichtungstests statt. so dass sichergestellt war, dass es auch möglich war, diesen speziellen Look wieder auf Film ausbelichten zu können.

Flieger über Amazonien: DoP Volker Tittel drehte mit einer Sony F900 in HDCAM in 24p eine Doku-Fiction über zwei Piloten und die beeindruckende Landschaft Amazoniens. Gedreht wurde drei Monate lang, wobei die Luftaufnahmen der Amazonas-Landschaft rund 40% des Films ausmachen. Um in der wackligen Cessna trotzdem ruhige Filmaufnahmen realisieren zu können, flogen die Piloten so ähnlich wie beim Landeanflug, weil sich auf diese Weise die Vibrationen auf ein Minimum reduzieren ließen. Meist wurde mit zwei Flugzeugen gedreht, so Volker Tittel, um später mit zwei Einstellungsgrößen arbeiten zu können. Das Material wurde mit dem Grading-System Baselight farbkorrigiert und dann auf 35 mm ausbelichtet.

Workshops, Hands-on Set, Sony Lounge

Während der digitalen Cinematographie fanden in diesem Jahr parallel in vier Räumen Workshops zu ganz unterschiedlichen Themen der Produktion und Postproduktion statt. Die Bandbreite reichte hierbei von aktuellen Formatfragenn über allgemeine Workflow-Themen bis hin zu Hands-On-Events, die sich um aktuelle Produkte drehten. Die höchste Besucherzahl dürfte ein Red-Workshop mit Ted Schilowitz erreicht haben, den der Ludwig Kameraverleih ausrichtete. Im vollbesetzten Raum gab »Ted from Red« einen kurzen Überblick aktueller Produktionen, die derzeit mit der Red One gedreht werden, um dann weitere Informationen zu geplanten Produkten zu geben und Fragen zu beantworten (siehe auch Videoreport mit Ted Schilowitz von der Digitalen Cinematographie).

Am Beispiel des Projektes »Oceans« von Jacques Perrin wurde in einem Workshop von Band Pro die Auswahl geeigneter Kameras präsentiert. DoP und technischer Supervisor Philippe Ros stellte die Kombination verschiedener Formate — Film und HD — für das Projekt vor.

Sehr großen Zuspruchs erfreuten sich auch jene Workshops, die sich mit mit Produktion und Postproduktion unter Einsatz aktueller DSLR-Kameras beschäftigten. Canons 5D Mark II bietet für viele eine Möglichkeit, mit vergleichsweise geringen Kosten einen High-End-Look zu erzielen. Die hohe Beteiligung an diesen Workshops zeigte, dass hier momentan — wenn man so will — eine neue Nische im Produktionsmarkt ensteht.

Stefan Weiss, der mit seiner Weisscam ein HD- und Raw-fähiges Highspeed-Kamerasystem anbietet, gab in seinem Vortrag Einblicke in ein laufendes Projekt: Zusammen mit seinem Entwicklerteam hat sich Weiss die Aufgabe gestellt, ein praxisnahes Test-Setup zu entwickeln, mit dem sich Kameras objektiv und mit für Anwender wirklich relevanten und verwertbaren Ergebnissen vergleichen lassen. Antrieb war es, eine Basis dafür zu haben, die eigene Weisscam mit anderen Kameras wie etwa der Red One vergleichen zu können. Die Tests sollen in den kommenden Monaten fortgeführt werden, Stefan Weiss stellte den Testaufbau vor: Entstanden ist weniger ein Testchart, als vielmehr eine »Puppenstube« mit einer Höhe von 60 cm und einer Breite von 107 cm, was dem Seitenverhältnis 1,78:1 oder 16:9 entspricht. Das Mini-Set enthält Barbie-Figuren sowie eine Vielzahl weiterer statischer und bewegter Bildelemente, Auflicht- und Durchlichtvorlagen, darunter klare messtechnische Bezugspunkte. Das Ganze nennt Stefan Weiss ein »subjektives Testchart«, mit dessen Hilfe sich nachvollziehbare, wiederholbare Erkenntnisse über Dynamikumfang, Auflösung, Kontrastverhalten und weitere Qualitätsaspekte von Kameras gewinnen lassen. Mit dem »subjektiven Testchart« zeigte sich beim Vergleich zwischen Weisscam und Red One, — der ersten Vergleichsreihe, die mit dem Aufbau realisiert wurde — laut Stefan Weiss teilweise sehr Erstaunliches: In Bereichen, in denen die Red One rein rechnerisch, was die Sensorgröße und Pixelzahl angeht, der Weisscam weit überlegen sein müsste, war der Abstand viel geringer als erwartet. Gründe dafür liegen laut Stefan Weiss unter anderem in den Algorithmen, mit denen die Sensordaten bei Single-Sensor-Kameras aufbereitet werden, sowie in anderen Aspekten der Signalverarbeitung und im optischen Aufbau der Kamerasysteme.

Vielleicht hat Weiss hier einen ersten Ansatz für bessere Vergleichbarkeit von Testaufnahmen bei gleichzeitig größerem Praxisbezug entwickelt.

Sony lud am zweiten Tag der Veranstaltung als Hauptsponsor des Events zu einem Symposium in der Sony-Lounge. Darin beschäftigten sich die Referenten mit aktuellen Fragen zu filebasierten Workflows und den daraus resultierenden Themen wie etwa Archivierungs-Strategien, Backup-Fragen und Vernetzung.

Das von der HFF (Hochschule für Film und Fernsehen) und der BAF (Bayerische Akademie für Fernsehen) professionell gestaltete Hands-on-Filmset im Untergeschoss präsentierte sich 2009 als bunte Marktszene, in der verschiedene Kameras und Zubehör in unterschiedlichen Beleuchtungs-Szenarien live erprobt werden konnten.

Fazit

Veranstalter wie auch Besucher und Vortragende zogen erneut ein weit überwiegend positives Resümee der Veranstaltung. Für Gerhard Baier, Martin Kreitl und Martin Ludwig ist schon jetzt klar, dass die Digitale Cinematographie auch im nächsten Jahr wieder für zwei Tage an den Start gehen wird. Die Themen gehen der Branche letztlich nicht aus, und die Verknüpfung von Produkten, Screenings und Workshops bietet für die Besucher so viel Mehrwert, dass sich diese Veranstaltung auch dann keine Sorgen um Zuspruch machen muss, wenn andere große Messen klagen. Aussteller Michael Abert brachte den Eindruck, den etliche Firmenvertreter gegenüber film-tv-video äußerten, auf den Punkt: »Wir bekommen hier sehr positive Resonanz von der Anwenderseite und es sind bei weitem nicht bloß lokale Größen hier vor Ort: Wir haben mit Assistenten, Kameraleuten und anderen Geschäftspartnern aus ganz Deutschland während der Veranstaltung hier gute Gespräche geführt.« Auch Rainer Hercher von Camelot, der wie Abert im Grunde mit einem der Veranstalter konkurriert, sieht die Digitale Cinematografie positiv: »Die DC ist eine gute Kontaktbörse. Wir führen hier sehr interessante Gespräche, sammeln Infos und haben auch ein sehr positives Feedback erhalten.«

Kritisch sahen einige Besucher den Aspekt, dass man die Digitale Cinematographie tatsächlich leicht als »Red-Festspiele« wahrnehmen konnte. Das sahen die zahlreich erschienenen Mitglieder der Red-Gemeinde natürlich ganz anders. Tatsächlich war die Red One nicht nur als Gerät, sondern auch als Thema sehr präsent, aber keineswegs komplett dominant. Es wurde zudem auch durchaus über Schwächen dieser Kamera diskutiert und keineswegs nur kritiklos gejubelt. Und wen die Red One gar nicht interessiert, der konnte den Red-Themen auch sehr leicht ausweichen, sich anderweitig informieren und fortbilden — und das auf hohem Niveau. Aber es interessieren sich nun mal viele in der Branche für die Kameras von Red Digital Cinema…