Kamera, Test, Top-Story: 06.07.2012

PMW-100: Family Business

Mit dem PMW-100 hat nun auch Sony einen kompakten Handheld-Camcorder im Programm, der mit 50 Mbps in 4:2:2 aufzeichnen kann – andere sind mit dieser Geräteformel schon länger recht erfolgreich. Der PMW-100 schreibt diese Signale in XDCAM HD 422 auf die Speicherkarte, er kann aber wahlweise auch in XDCAM EX und in SD aufnehmen. film-tv-video.de hat das Gerät in seiner ersten Version ausprobiert — ein Firmware-Update war zu diesem Zeitpunkt schon angekündigt, aber noch nicht verfügbar.

Es gibt Geräte, die sind eigentlich längst überfällig. Aber dann freut man sich trotzdem, wenn man das Gerät endlich in den Händen hält. Dazu gehört etwa auch Sonys neuer Camcorder PMW-100. Viel zu lange schon war in der Produktpalette von Sony die Lücke eines Handhelds mit interner 4:2:2-Aufzeichnung offen geblieben, die etwa Canon und Panasonic längst geschlossen hatten.

Nun ist also auch von Sony ein solcher kompakter Handheld-Camcorder verfügbar: Der PMW-100 kann in XDCAM HD 422 mit 50 Mbps aufzeichnen und er überwindet damit innerhalb von Sonys Produktpalette eine mittlerweile unvernünftig gewordene, künstliche Hürde zwischen den Kompakt- und den Schulter-Camcordern.

Auch an Kunden, die derzeit noch SD brauchen, hat Sony gedacht: unter anderem ist auch die Aufzeichnung in SD (DVCAM) möglich. Der Netto-Listenpreis des Camcorders beträgt 3.990 Euro, das Gerät ist zum Testzeitpunkt seit kurzem ganz regulär lieferbar. Schon jetzt kündigt der Hersteller ein Firmware-Update an, Umfang und Termin dieses Updates waren zum Testzeitpunkt aber noch unklar.

Klassische Handheld-Bauform

Die Frage, wer sich beim Design eines solchen Handhelds wann an wem orientiert hat, sie ist müßig: Nachdem Sony in jüngster Zeit bei den Bauformen etwas experimentierfreudiger war, ist das Unternehmen beim PMW-100 — zumindest unter diesem Aspekt — wieder zu Bewährtem zurückgekehrt. Der PMW-100 ist ein klassischer Handheld mit am Griff montiertem Ausklapp-Display. Man findet Anklänge an die Sony-eigenen Camcorder HVR-Z5 und HXR-NX5, aber auch bei der Konkurrenz hat sich Sony ganz offenbar umgeschaut, etwa beim engsten Konkurrenten XF105 von Canon.

Anbindung ans Schultersegment

Der PMW-100 zeichnet wie der Schultercamcorder PMW-500 intern auf SxS-Speicherkarten auf und schlägt damit auch wie dieser die Brücke zwischen Festspeicheraufzeichnung und 4:2.2.

Sensor, Objektiv

Sony hat den PMW-100 als Single-Sensor-Gerät konzipiert und stattet ihn mit einem neuen CMOS-Bildwandler aus, der ungefähr 1/3-Zoll-Abmessungen hat (1/2,9 Zoll, Exmor). Das sind keine riesigen Abmessungen, so dass der Camcorder nichts Filmisches bieten kann, sondern klar als ENG-Camcorder antritt. Die native Auflösung des Sensors gibt Sony mit 1.920 x 1.080 Bildpunkten an, laut Hersteller wurde der Bildwandler vollkommen neu entwickelt.

Das eingebaute 10fach-Objektiv des Camcorders weist einen Brennweitenbereich von 5,4 bis 54 mm auf – was bezogen auf 35 mm Kleinbild einem Bereich von 40 bis 400 mm entspricht. Etwas mehr Weitwinkelwirkung könnte das Objektiv eines ENG-Camcorders aus Sicht der Tester durchaus gebrauchen.

Das Objektiv ist mit nur einem Bedienring ausgerüstet, der als endlos drehbarer Impulsgeber wahlweise fürs Einstellen von Zoom oder Fokus verwendet werden kann. Eine Zoomwippe ist ebenfalls eingebaut. Im Praxistest hätten sich die Tester öfter einen zweiten Ring gewünscht – damit lässt sich einfach schneller arbeiten als mit nur einem Ring, der zwischen Fokus und Zoom umgeschaltet werden muss. Auch ein Blendenring wäre keineswegs überflüssig gewesen, aber darauf hat Sony beim PMW-100 verzichtet – und auch auf die Möglichkeit, diese Funktionalität zumindest noch auf den einen Ring zu legen. ND-Filter sucht man ebenfalls vergebens. Schade drum, denn es gibt durchaus Situationen, in denen man sie gut gebrauchen könnte.

10fach-Zoom und Einring-Objektivbedienung sind auch Kennzeichen des direkten Konkurrenten XF105 von Canon, der allerdings mehr Weitwinkelwirkung zu bieten hat und bei dem sich auf Wunsch auch die Blende per Ring steuern lässt.

Aufzeichnung, Raster

Aufgezeichnet wird beim PMW-100 auf zwei SxS-Karten. Mit zwei 64-GB-Karten bestückt, kann man bis zu vier Stunden in der maximalen Qualität des Geräts ohne Wechsel der Speicherkarte aufnehmen. In Kombination mit dem Akku BP-U90 soll eine Aufzeichnungszeit von sechs Stunden möglich sein. Im Test stand allerdings nur ein kleinerer BP-U30 zur Verfügung, sodass die maximalen Aufzeichnungszeiten entsprechend kürzer ausfielen.

Sony betrachtet den Camcorder unter verschiedenen Aspekten als ideale Ergänzung zum Schultercamcorder PMW-500, wie weiter oben schon angedeutet. Wie dieser kann der PMW-100 Bilder und Töne im MXF-Format und UDF-File-System oder als MP4 in FAT aufzeichnen. Die Aufzeichnung von Proxy-Video ist nicht vorgesehen.

Im FAT-Modus gibt es Größenbeschränkungen bei der File-Größe, die maximal aufgezeichnet werden kann, im HD-Modus liegt diese bei 4 GB, im SD-Modus bei 2 GB. Im UDF-Modus gibt es diese Limitierung nicht. Außerdem kann man den Camcorder durch diese Umschaltbarkeit so betreiben, dass er in eine XDCAM-EX-Infrastruktur (4:2:0) passt (FAT-File-System), aber auch in eine Struktur mit XDCAM-Disc-Camcordern und/oder dem PMW-500 (UDF). Gleichzeitiger Mischbetrieb beider File-Systeme ist nicht möglich, man entscheidet sich jeweils beim Formatieren des Speichermediums für FAT oder UDF.

Bevor man mit dem Camcorder aufzeichnet, kann man auch einstellen, in welcher Region man ihn nutzt – somit lässt er sich weltweit einsetzen und er beherrscht entsprechend alle gängigen Frameraten: In HD sind in FAT und UDF die Raster 1.920, 1.440 oder 1.280 sowie die Bildraten 23.98, 25, 29.97, 50 und 59.94 möglich.

Unabhängig davon, dass der Camcorder sehr vielseitig ist, stellen sich angesichts UDF und FAT und all ihren verschiedenen Spielarten allerdings auch philosophische Fragen: Wie soll etwa ein Freelancer, der mit vielen unterschiedlichen Geräten arbeiten muss, da eigentlich noch durchblicken? Aber das ist eine andere Geschichte …

Ausstattung, Funktionen

Der Camcorder bietet zahlreiche manuelle Funktionen — was man von einem Handheld für Profis aber auch erwartet. Manchmal muss es jedoch auch ganz schnell gehen oder die Umstände erlauben es nicht, sich voll auf den Camcorder zu konzentrieren, weil man etwa zusätzlich noch wilde Tiere, fliegende Steine, driftende Motorräder, ausrastende Fans, randalierende Demonstranten oder prügelnde Ordnungskräfte im Auge haben muss. In diesen Fällen ist ein einfach zu aktivierender und gut funktionierender Automatik-Modus Gold wert.

Das erste Kriterium erfüllt der PMW-100: ein Druck auf die Taste »Full-Auto« aktiviert oder deaktiviert die Vollautomatik. Beim zweiten Kriterium hingegen konnte der Camcorder die Tester zunächst nicht überzeugen: Die vom Hersteller vorgegebenen Grundeinstellungen (per Factory Reset hergestellt) erzeugten im Automatikmodus überbelichtete Bilder mit einer seltsamen Farbgebung und eigenartigen Bildästhetik. Einiges davon lässt sich korrigieren, etwa wenn man im Menüpunkt TLCS (Total Level Control System) den Sollpegel der automatischen Blende gezielt absenkt, und etwa die Gain- und Shutter-Vorgaben für den Automatikmodus anpasst, was besonders beim Gain sinnvoll ist, denn die Automatik tendiert dazu, die Verstärkung sehr früh und sehr stark zuzuschalten. Dennoch gehört der Automatik-Modus des PMW-100 eindeutig nicht zu dessen Stärken.

Generell empfiehlt es sich aus Sicht der Tester also, mit dem Camcorder weitgehend manuell zu arbeiten. Der PMW-100 bietet alle hierfür nötigen Funktionen und auch ganz ordentliche Bedienelemente. Peaking und Zebra lassen sich schnell und leicht zuschalten, ebenso können Gain oder unterschiedliche Weißabgleichswerte rasch und ohne Umwege abgerufen werden. Weiter gibt es eine Push-Auto-Funktion, um schnell die Schärfe zu finden. Der Autofokus arbeitet etwas träge beim PMW-100 und braucht teilweise einige Anläufe, aber das geplante Firmware-Upgrade soll dieses Problem beheben, so Sony.

Die manuelle Blende haben die Ingenieure auf ein Rändelrädchen an der Gerätefront  unterhalb des Objektivs gelegt. Drehen regelt die Blende hoch und runter, drücken schaltet zwischen manueller und automatischer Blende um. Bei anderen Camcordern lässt sich die manuelle Blendensteuerung alternativ auch auf den Blendenring legen, beim PMW-100 geht das nicht. Hier steuert der Blendenring entweder Zoom oder Fokus.

Steigt man schließlich in die Tiefen der Einstellmenüs ein, optimiert in den Picture-Profiles und im Camera-Menü, lässt sich aus dem PMW-100 eine ganz ordentliche Bildqualität herauskitzeln.

So lässt sich das Bild mit zahlreichen Funktionen anpassen, etwa durch sechs unterschiedliche auswählbare Gamma-Kurven und vier Hyper-Gamma-Einstellungen, die denen der Cinealta-Camcorder gleichen. Mit individuell einstellbaren Picture-Profiles lassen sich weitere Looks generieren: Hier kann man die Farbwiedergabe per Matrix individuell einstellen, Detail anpassen oder Skin Tone Detail aktivieren. Knee, Gamma und Schwarzwerte können ebenfalls verändert werden.

Zum Glück lassen sich die Ergebnisse dieser Einstellarbeit speichern und auch zwischen Camcordern des gleichen Typs übertragen.
Schön sind auch Funktionen wie etwa die Flickerreduktion, die sich auf 50 oder 60 Hz einstellen lässt. Geschickt ist die Quickstart-Funktion: Innerhalb von vier Sekunden ist der Camcorder aufnahmebereit.

Für die Bildkontrolle gibt es neben dem eingebauten Sucher ein 3,5-Zoll-Ausklappdisplay, auf dem die diversen Hilfsfunktionen fürs Einstellen der Schärfe eingeblendet werden können: etwa Color Peaking, One-Push-Autofokus oder Expanded Focus. Das Display bietet zwar eine Auflösung von 852 x 480 Pixel, es ist aber keineswegs über alle Zweifel erhaben: In heller Umgebung wird’s sehr rasch schwer bis unmöglich, das Bild zu beurteilen — hier bieten andere Displays mehr. Zudem wich zumindest beim Testgerät das Bild auf dem Display deutlich davon ab, was tatsächlich aufgezeichnet wurde –  sowohl farblich, wie auch von der Helligkeit. Natürlich gib es hier Einstellmöglichkeiten, aber die Tester schafften es trotz etlicher Versuche nicht, hier eine zufriedenstellende Annäherung einzustellen.

Der eingebaute 0,24-Zoll-Sucher stellt leider keine Alternative zum Ausklappschirm dar: Er ist aus Sicht der Tester stark verbesserungsfähig.
Display und Sucher lassen sich parallel betreiben, es gibt aber auch den stromsparenden Modus, bei dem das Ausklappen des Displays den Sucher ausschaltet.

Die Akkus, mit denen der PMW-100 betrieben wird, kennt man schon aus der XDCAM-EX-Baureihe. Das ist ein großer Vorteil und mit dem großen BPU-90-Akku sind auch lange Aufzeichnungszeiten möglich.

Testaufnahmen verschiedener ruhiger und bewegter Motive, die mit dem PMW-100 in 1080i und 4:2:2 mit 50 Mbps erstellt wurden. Die Aufnahmen wurden dann über den XDCAM-Browser in FCP 7 importiert und anschließend als MP4 auf Vimeo hochgeladen. Von dort wird das in diese Seite eingebettete Video beim Abspielen abgerufen.
Slomo, Intervallaufzeichnung

Als wichtiges Feature gelten derzeit Slow– und Quickmotion-Funktionalität sowie Sonderaufnahmefunktionen — unter diesem Aspekt bietet der PMW-100 neben Zeitlupe und Zeitraffer (720p: 1 bis 50 fps; 1.080p: 1 bis 25 fps) auch Cache-Recording mit einer Länge bis zu 15 Sekunden sowie Intervall- und Frame-Recording und einen Slow Shutter.

Etwas mühselig geht die Einstellung des Aufnahmeformats vonstatten: Der entsprechende Menüpunkt ist gut versteckt im Kamera-Menü untergebracht. Leider fehlt eine Möglichkeit, die Slomo-Funktion im 720p25-Modus schnell einstellen zu können. Wer gerade in 1080i aufzeichnet, muss zunächst den Aufnahmestandard im Menü »Others« ändern und dann die gewünschte Framerate im Kameramenü einstellen. Das ist in der Realität genauso umständlich, wie es in der Theorie klingt.

Eine hilfreiche Funktion ist Picture Cache – damit lassen sich die letzten Sekunden in einer Endlosschleife aufzeichnen, wobei die maximale Aufzeichnungsdauer bei 13 bis 15 Sekunden liegt. Der Nutzen: Drückt man die Start/Stopp-Taste, hat man auch die 15 Sekunden Material vor dem Drücken der Taste gespeichert. Auch kürzere Cache-Zeiten (2 Sekunden) können eingestellt werden.

Per Intervallaufzeichnung ist der PMW-100 in der Lage, innerhalb bestimmter Abstände Einzelbilder oder auch mehrere Bilder aufzuzeichnen. Die Abstände zwischen den Aufzeichnungen können eine Sekunde oder bis zu 24 Stunden betragen, und es ist möglich, nur ein Bild oder bis zu 12 Bilder (im 720p-Modus) im Intervallmodus aufzuzeichnen.

Anschlüsse, Tonausstattung

Bei den Anschlüssen war Sony sehr spendabel: Neben einem HDMI– und einem (HD)-SDI-Ausgang bietet der Camcorder auch BNC-Buchsen, die für Timecode und Genlock genutzt werden können. Somit lässt sich der Camcorder auch mit anderen Geräten synchronisieren. Ein Vorteil bei größeren Produktionen, bei denen der PMW-100 vielleicht als B-Kamera im Einsatz ist, oder wenn der Ton separat aufgezeichnet wird. Eine Remote-Buchse bietet der Camcorder allerdings nicht.

Über USB findet der PMW-100 file-basierten Anschluss an PCs und über einen i.Link-Anschluss ist es möglich, HDV– oder DV-Signale auszugeben. Auch einen analogen AV-Ausgang für SD-Signale sieht der Camcorder noch vor. Der PMW-100 bietet für die Tonaufnahme neben den beiden XLR-Buchsen auch ein integriertes Stereo-Mikrofon, das etwa für die Aufzeichnung von Atmos durchaus genutzt werden kann. Dieses Mikrofon kann man zudem nicht vergessen oder verlieren …

Die beiden Audiokanäle 1 und 2 lassen sich wahlweise automatisch oder manuell pegeln und die entsprechenden Pegel im Display einblenden. Einen Limiter, der sich in verschiedenen Stufen einstellen lässt, bietet der PMW-100 ebenso, wie die Möglichkeit, für jeden Kanal einen Windfilter zuzuschalten. Wenn das interne und zusätzlich ein externes Mikrofon für die Aufzeichnung genutzt werden, können im MPEG-HD-422-Modus sogar vier Audiokanäle mit 24 Bit und 48 kHz aufgezeichnet werden.

Bedienung

Keine Frage: der PMW-100 ist vergleichsweise leicht und kompakt konstruiert, er lässt sich bequem transportieren und dezent einsetzen. Für das Gros der Aufnahmesituationen, in denen man aus der Hand dreht, ist er auch ergonomisch gut geeignet. Lediglich über Kopf — also beim Drehen aus der »Meute« heraus, kann man den Camcorder mit aufgeklappten Schirm nicht so stabil halten, hier greift die linke Hand fast automatisch ans Display und stützt den Camcorder dort zusätzlich ab – doch dafür ist das eigentlich nicht konstruiert.

Insgesamt ist das Gerät jedoch auch mit dem schweren Akku relativ gut ausbalanciert und gut zu halten —der seitliche Handgriff ist zwar recht weit vom Schwerpunkt weg positioniert, aber durch das relativ niedrige Gewicht des Camcorders ist das gut zu verschmerzen. Der Henkel bietet eine Zoomwippe, und am vorderen Ende wird bei geöffnetem Bildschirm ein zweites Tastenfeld sichtbar, das einige Funktionen des seitlichen Bedienfelds wiederholt und zusätzlich die Wiedergabetasten beinhaltet.

Das Bedienfeld auf der linken Geräteseite ist recht aufgeräumt und übersichtlich, man kommt schnell damit klar — kennt man die Platzierung und Symbolik der Tasten doch von vielen anderen Camcordern her. Vier Tasten können individuell belegt werden – etwa mit Expanded Focus, Histogramm, Picture Cache und Farbbalken — oder ganz anderen Funktionen aus einer wahren Staffel von Möglichkeiten, je nach Vorliebe und Drehsituation. Diese vier Tasten sind sinnvoll und letztlich auch nötig, wenn man den PMW-100 optimal einrichten und sich das Scrollen durch Menüs und Untermenüs weitgehend ersparen möchte.

Bei der Menüstruktur orientiert sich Sony an den XDCAM-EX-Camcordern, wenn auch mit ein paar wenigen, unnötigen Abweichungen, in denen die Tester keine Verbesserung erkennen konnten.

Bild und Ton

Der PMW-100 ist das Gerät, auf diese viele gewartet haben, die etwa für Sender arbeiten und ihr Material in 4:2:2 und 50 Mbps drehen und abliefern müssen. Das gewährleistet der Camcorder mit dem integrierten XDCAM HD 422.

Einige Schwächen leistet sich der Camcorder aber in puncto Bildqualität schon, die liegen aber keineswegs in der Aufzeichnung, sondern im Kamerateil des Geräts begründet: Es ist eben ein Single-Sensor-Camcorder mit relativ kleinem Sensor. Unter guten Aufnahmebedingungen liefert der PMW-100 durchaus schöne Bilder mit hoher Ruhe und recht ordentlicher Detailwiedergabe und Durchzeichnung. Bei manueller Einstellung des Geräts schafft man es auch, natürliche Farben zu erreichen und selbst schwierige Lichtsituationen vergleichsweise gut zu meistern.

Bei extrem detailreichen Bildern stößt der Camcorder bisweilen allerdings Grenzen, die unterhalb dessen liegen, was mit 50 Mbps möglich ist – etwa bei feinen Details wie etwa Bäumen oder gepflasterten Plätzen. Vereinzelt tendiert er dann zu blockartigen Rauschartefakten. Im Automatik-Modus tritt das stärker auf: Hier zeigte sich des öfteren Bildrauschen, das man unter gleichen Bedingungen bei manueller Einstellung leicht vermeiden kann.

Bei Schwenks oder sich rasch bewegenden Objekten wirkten die Bilder in der Bewegungsphase teilweise ebenfalls unschärfer, als man das von anderen 50-Mbps-Geräten kennt. Solche Effekte können unterschiedlichste Ursachen haben, es kann sich um Nebeneffekte von Bildverbesserungsschaltungen handeln oder um Codec-Probleme. Bis Redaktionsschluss konnte die Redaktion leider nicht klären, ob es beim PMW-100 eine Möglichkeit gibt, diesen Effekt zu minimieren, vielleicht bringt das angekündigte Firmware-Update hier eine Verbesserung.

Hier ist ein grundlegendes Problem berührt: Moderne Camcorder beherbergen allerhand Rauschfilter und sonstige Bildverbesserungsschaltungen, die sich gegenseitig beeinflussen können und teilweise auch dann nicht ausgeschaltet sind, wenn man sie auf den Wert Null setzt. Im Grunde müsste man tagelang mit unterschiedlichsten Parametereinstellungen experimentieren, um zu sehen, ob man dem Gerät die eine oder andere Schwäche noch austreiben kann: Die Zeit dazu hat aber kaum ein Anwender und auch die Redaktion von film-tv-video.de kann das nicht leisten. Um so wichtiger wird es, dass die Hersteller an der Bedienbarkeit ihrer Geräte arbeiten und vielleicht so etwas wie einen »No-Nonsense«-Modus anbieten, in dem nicht irgendeine Einstellung im Skin-Detail-Untermenü die Bildschärfe beim Schwenken beeinflusst.

Zurück vom Allgemeinen zum spezifisch den PMW-100 Betreffenden: Bei der Farbe muss man den Camcorder teilweise etwas einbremsen und sich ein Picture-Profile einrichten, das realistische Farben generiert, sonst wird es beim Drehen mit dem PMW-100 gerne mal quietschbunt. Insgesamt kann man mit dem PMW-100 aber trotz der genannten Kritikpunkte gute Bilder produzieren, man muss sich allerdings mit dem Camcorder auseinandersetzen und wissen was man tut, sonst lassen die Ergebnisse immer wieder zu wünschen übrig.

Im Vergleich zu Camcordern wie etwa Sonys F3 oder Canons C300 muss der PMW-100 allerdings ganz klar die Waffen strecken – aber diese Camcorder treten natürlich auch in einer anderen Preisklasse an.

Die Slomo-Aufnahmen, die der PMW-100 bei der Aufzeichnung mit 50 Bildern in 720p25 bietet, sehen gut aus. Allerdings gilt es auch hier, Automatikfunktionen auszuschalten, da sonst sehr schnell die Verstärkung zugeschaltet wird. Ton wird bei den Slomos nicht aufgezeichnet.

Testaufnahmen verschiedener ruhiger und bewegter Motive, die mit dem PMW-100 in 1080i und 4:2:2 mit 50 Mbps erstellt wurden. Die Aufnahmen wurden dann über den XDCAM-Browser in FCP 7 importiert und anschließend als MP4 auf Vimeo hochgeladen. Von dort wird das in diese Seite eingebettete Video beim Abspielen abgerufen.
Konkurrenten

Der direkteste Konkurrent des PMW-100 ist der XF 105 von Canon. Der bietet eine ganz ähnliche Ausstattung und auch Baugröße. Laut Netto-Listenpreis ist der PMW-100 über 600 Euro teurer als Canons XF-105. Defacto liegen die beidem Camcorder beim Straßenpreis aber nahezu gleichauf: Schon jetzt, unmittelbar nach der Markteinführung des Sony-Camcorders wird dieser im Juni 2012 zu Nettopreisen unter 3.200 Euro angeboten. Der Preis fällt somit als Kriterium bei der Suche weg, wenn man sich für einen der beiden Camcorder entscheidet. Letztlich werden bei diesen beiden Geräten die persönlichen Präferenzen den Ausschlag geben — und wer aus der Sony-Welt kommt, wird sich wohl für den PMW-100 entscheiden.

Auch innerhalb der Sony-Palette gibt es Alternativen zum PMW-100: Der EX1R etwa bietet zwar keine 4:2:2-Aufzeichnung, kann dafür aber etliche andere Vorteile aufweisen, etwa drei größere Sensoren und ein besseres Objektiv.

Wer beim Speichermedium und Workflow offen ist, dem bieten sich derzeit auch noch weitere Alternativen zum PMW-100: Für rund einen Tausender mehr gibt es etwa momentan einen Dreichip-Handheld mit 22fach-Zoom und Dreiringbedienung, 100 Mbps und 4:2:2, inklusive 64-GB-Speicherkarte — den AG-HPX250 von Panasonic.

In Kürze soll zudem der GY-HM600 von JVC an den Start gehen, dessen Netto-Listenpreis wohl in der Größenordnung von 3.800 Euro liegen dürfte: Dieser 3-Chip-Camcorder mit 23fach-Zoom kann zwar kein 4:2:2, zeichnet aber wahlweise in XDCAM EX (MP4), FCP-kompatibel (MOV) oder in AVCHD auf SDHC- oder SDXC-Speicherkarten auf.

Testaufnahmen verschiedener ruhiger und bewegter Motive, die mit dem PMW-100 in 1080i und 4:2:2 mit 50 Mbps erstellt wurden. Die Aufnahmen wurden dann über den XDCAM-Browser in FCP 7 importiert und anschließend als MP4 auf Vimeo hochgeladen. Von dort wird das in diese Seite eingebettete Video beim Abspielen abgerufen.
Fazit

Der PMW-100 ist ein kompaktes und leicht zu bedienendes Gerät, das sich ideal in XDCAM-EX- oder XDCAM-HD-422-Strukturen einbinden lässt. Die Zielrichtung ist aus Herstellersicht klar: Wer ohnehin schon in einem dieser Formate arbeitet, erhält mit dem PMW-100 eine schöne Möglichkeit, sein Equipment um ein kompaktes Gerät zu ergänzen, das die Sendervorgaben erfüllt. Wer allerdings nicht aus diesem Umfeld kommt, wird auch bei den verfügbaren Geräten anderer Herstellern fündig. Kurzum: der PMW-100 wird für viele Leute gerade im Senderumfeld in Frage kommen. Konkurrenzlos ist er allerdings keineswegs.

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Autor
C. Gebhard, G. Voigt-Müller

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